Neoadjuvante Therapie beim Pankreaskarzinom lohnt sich

Langzeitdaten der randomisierten PREOPANC-Studie deuten auf einen signifikanten Überlebensvorteil mit einer Gemcitabin-basierten neoadjuvanten Therapie beim (grenzwertig) resektablen Pankreaskarzinom hin. Allerdings hatte ein Viertel dieser Gruppe nicht das vorgesehene Regime bekommen, die Tumorresektion wurde letztlich nur bei 60% durchgeführt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Rund 15% aller am Pankreaskarzinom Erkrankten weisen bei Diagnose einen resezierbaren oder grenzwertig resezierbaren Tumor auf. Die Therapieempfehlung lautete bis vor Kurzem, die Betroffenen zunächst zu operieren und im Anschluss daran eine Chemotherapie durchzuführen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass etwa die Hälfte der Patientinnen und Patienten die adjuvante Chemotherapie gar nicht wahrnehmen kann, z. B. wegen eines frühen Rezidivs, wegen chirurgischer Komplikationen oder einer klinischen Verschlechterung. Aktuell werden daher neoadjuvante Konzepte erprobt, in der Hoffnung, damit nicht nur die Resektionsraten zu verbessern, sondern letztlich auch das Überleben. Radiochemotherapie mit drei Zyklen Gemcitabin In der multizentrischen randomisierten PREOPANC-Studie wurde eine Kombination aus neoadjuvanter Chemo- und Radiotherapie getestet, bestehend aus drei Zyklen Gemcitabin, wobei im zweiten Zyklus eine 36-Gy-Strahlentherapie in 15 Fraktionen verabreicht wurde. Vier Wochen nach der letzten Chemotherapiedosis fand ein erneutes Staging statt. Sofern im CT-Scan nichts gegen die Resektion sprach, wurde eine chirurgische Exploration anberaumt. Nach dem Eingriff erfolgte eine adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin, allerdings noch als Monotherapie. Während die initiale Auswertung der PREOPANC-Studie nach einem mittleren Zeitraum von 27 Monaten keinen Überlebensvorteil gegenüber dem herkömmlichen Vorgehen gezeigt hatte, scheinen Langzeitdaten über 59 Monate jetzt für die Überlegenheit der neoadjuvanten Strategie zu sprechen. Nach fünf Jahren lag die Gesamtüberlebensrate in der Intention-to-Treat-Analyse bei 20,5%, verglichen mit 6,5% nach initialer Operation. Therapie nur bei drei Viertel nach Plan Die insgesamt 248 Patientinnen und Patienten mit resektablen oder grenzwertig resektablen Tumoren stammten aus 16 niederländischen Zentren. Für die neoadjuvante Radiochemotherapie wurden letztlich 119 Teilnehmende vorgesehen, für die primäre Chirurgie 127. Das neoadjuvante Regime erhielten tatsächlich jedoch nur 76% nach Plan. Unter anderem waren sieben Patientinnen und Patienten vorher in die andere Gruppe gewechselt. Von diesen hatte sich in drei Fällen eine Indikation für eine rasche Op. ergeben (Blutung, Leberabszess bzw. Cholangitis), in zwei weiteren Fällen war die Diagnose revidiert worden. Aus der neoadjuvanten Gruppe erhielten letztlich 61% die Resektion (in der für die Op. vorgesehenen Gruppe 72%). Eine präoperative CT-Evaluation hatte in zehn Fällen aus dieser Gruppe ergeben, dass der Tumor lokal nicht resezierbar war bzw. sich bereits Metastasen gebildet hatten. Dr. Eva Versteijne vom Cancer Center Amsterdam und ihr Team gehen davon aus, dass bei den Patientinnen und Patienten, die nicht reseziert werden konnten, ein aggressiverer Krankheitsverlauf vorgelegen habe, der zu einem Fortschreiten bereits während der neoadjuvanten Therapie geführt habe. Daher hätten sie wohl auch von einer frühen Op. nicht profitiert. Die höhere Überlebensrate trotz niedrigerer Resektionsrate spiegele diesen Zusammenhang indirekt wider. R0-Resektionen deutlich häufiger Tatsächlich war eine R0-Resektion in der neoadjuvanten Gruppe signifikant häufiger gelungen, laut ITT-Analyse in 41% bzw. 28% der Fälle, und deutlich mehr Patienten aus dieser Gruppe hatten die adjuvante Chemotherapie zumindest begonnen (77% gegenüber 51%), mit einer insgesamt höheren kumulativen Dosis. Weitere Pluspunkte der neoadjuvanten Strategie waren das längere krankheitsfreie Überleben, das verlängerte Intervall ohne lokoregionäres Rezidiv und die längere Dauer bis zum Auftreten von Fernmetastasen (sekundäre Endpunkte). Schwere Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen auf (bei 52% bzw. 41% der Teilnehmenden). Die mediane Überlebensdauer in den beiden Gruppen laut ITT-Analyse unterschied sich zwar nur wenig (15,7 gegenüber 14,3 Monate, der Unterschied war knapp signifikant). Wie Versteijne und Kollegen berichten, fielen die Überlebensraten im ersten Jahr deutlich ab. Danach jedoch, etwa ein Jahr nach Diagnose, gingen die Kurven der beiden Gruppen deutlich auseinander. Nach drei Jahren betrug der Unterschied im Gesamtüberleben bereits 7,2% zugunsten des neoadjuvanten Konzepts, nach fünf Jahren sogar 14,0%. Dies zeige, dass eine lange Nachbeobachtungszeit erforderlich sei, um klinisch relevante Vorteile sehen zu können, so Versteijne et al. Laufende Studien mit FOLFIRINOX Bisher wurden vier randomisierte Studien publiziert, die eine neoadjuvante Strategie mit der primären Chirurgie verglichen haben. „Die Ergebnisse“, so Versteijne und ihr Team, „stimmen alle mit unseren überein.“ Anzumerken sei, dass die adjuvante Gemcitabin-Monotherapie, wie sie in den Niederlanden bis dato noch verwendet wurde, mittlerweile „out“ ist; sie wurde ersetzt durch Gemcitabin in Kombinationstherapie oder FOLFIRINOX. Weitere vier randomisierte Studien testen derzeit die neoadjuvante Therapie mit FOLFIRINOX bei resezierbarem Pankreaskarzinom. In PREOPANC-2 wird darüber hinaus eine neoadjuvante Gemcitabin-basierte Therapie mit neoadjuvantem FOLFIRINOX verglichen. Die Ergebnisse werden noch in 2022 erwartet. Das Wichtigste in Kürze Frage: Profitieren Patientinnen und Patienten mit (grenzwertig) resezierbarem Pankreaskarzinom von einer neoadjuvanten Radiochemotherapie? Antwort: Nachdem Zwei-Jahres-Daten der PREOPANC-Studie keinen signifikanten Unterschied zur primären Operation gezeigt haben, scheint die Auswertung nach fünf Jahren für einen Vorteil der neoadjuvanten Strategie zu sprechen. Die Überlebenskurven gingen jedoch erst nach mehr als einem Jahr deutlich auseinander. Bedeutung: Worin die optimale neoadjuvante Strategie beim Pankreaskarzinom besteht, ist nach wie vor unklar. Einschränkung: Hohe Cross-over-Rate; Unterschied im Gesamtüberleben median nur 1,4 Monate; Gemcitabin-Monotherapie als adjuvante Therapie gilt mittlerweile als überholt.

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