Typ-2-Diabetes beschleunigt Morbus Parkinson

Parkinsonkranke mit Typ-2-Diabetes entwickeln schneller Gangstörungen, Depressionen und kognitive Probleme als solche mit normalen Blutzuckerwerten. Eine gute Diabetesbehandlung könnte daher vielleicht die Parkinsonprogression bremsen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bekanntlich gibt es bisher keine überzeugenden verlaufsmodifizierenden Therapien gegen Morbus Parkinson. Umso wichtiger ist es, Faktoren zu vermeiden, welche die Progression zusätzlich beschleunigen. Zu diesen zählt offenbar ein Typ-2-Diabetes: Einer britischen Studie zufolge schreitet eine Parkinsonerkrankung bei gleichzeitigem Diabetes besonders schnell voran. Zu diesem Schluss kommen Hirnforscherinnen und -forscher um Dr. Dilan Athauda vom Francis-Crick-Institut in London anhand einer Auswertung der Langzeitbeobachtungsstudie „Tracking Parkinson’s“. In die Studie wurden zwischen 2012 und 2014 rund 2000 Personen mit einer maximal seit dreieinhalb Jahren bestehenden Parkinsondiagnose aus 72 britischen Zentren aufgenommen. Neben Basisdaten wie Symptomatik, Begleiterkrankungen und Medikation werden in regelmäßigen Untersuchungen charakteristische Wegmarken im Parkinsonverlauf erhoben, etwa Beginn der Motorfluktuationen und Dyskinesien, erste Halluzinationen oder erste kognitive Defizite. Das Team um Athauda konnte Angaben zu insgesamt 1930 Parkinsonkranken auswerten, davon hatten bei der Aufnahme in die Studie 167 einen Typ-2-Diabetes. Zu Beginn waren die Betroffenen mit und ohne Diabetes im Schnitt jeweils schon 15 Monate erkrankt – hier gab es keine Unterschiede. Allerdings waren Diabetiker etwas älter als die übrigen Parkinsonkranken (71 versus 67 Jahre) und zeigten einen späteren Erkrankungsbeginn (mit 70 versus 66 Jahren). Schon bei der Eingangsuntersuchung hatten die Diabetiker trotz vergleichbarer Parkinsondauer stärkere motorische und nichtmotorische Beschwerden, was sich in höheren UPDRS-Werten und ungünstigeren Resultaten weiterer Tests bemerkbar machte: Sie schliefen schlechter, hatten signifikant häufiger Depressionen (35% versus 22%), niedrigere Werte im MoCA (23,6 versus 25,0) und etwas höhere motorische UPDRS-Werte (25,8 versus 22,5) – verglichen mit Parkinsonkranken ohne Diabetes. Auch schnitten sie in Tests zur Lebensqualität schlechter ab und benötigten mehr L-Dopa (15 versus 4 mg/Tag). Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und anderen Begleitfaktoren blieben die meisten dieser Unterschiede statistisch signifikant. Empfehlung der Redaktion Morbus Parkinson – Themenseite Wie Sie Frühzeichen der Parkinson-Erkrankung erkennen und welche Therapieoptionen es gibt, lesen Sie auf dieser Themenseite. Hier finden Sie Übersichten, News, Interviews und kommentierte Studienreferate. Vermehrt kognitive Einschränkungen Alle Parkinsonkranken wurden bis zu sechs Jahre nachuntersucht. In dieser Zeit entwickelten 56% mit Diabetes, aber nur 34% ohne eine leichte kognitive Einschränkung (MCI). Erhebliche Gangstörungen zeigten 24% mit und 13% ohne Diabetes. Unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitfaktoren ergibt sich daraus jeweils ein um 55% und 74% erhöhtes Risiko für Gehprobleme und MCI unter den Diabetikern mit Parkinson. Bei anderen Wegmarken wie Dyskinesien oder Halluzinationen zeigten sich keine größeren Unterschiede, jedoch verschlechterten sich die Diabetiker erheblich schneller auf diversen Symptomskalen. Ausgehend von einem UPDRS-III-Score von etwa 23 Punkten zu Beginn entwickelten Diabetiker im Lauf von drei Jahren einen Wert von 31 Punkten, Parkinsonkranke ohne Diabetes von 27 Punkten. Entsprechende stärkere Beeinträchtigungen im Laufe der Zeit ergaben sich auf Symptomskalen für nichtmotorische Beschwerden und solchen für Depressionen, auch hier blieben die Unterschiede unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitfaktoren statistisch signifikant. Dies betraf sowohl Diabetiker mit als auch ohne Metformintherapie. Inzwischen gibt es viele Indizien, dass ein gestörter Insulinstoffwechsel im Gehirn neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Alzheimer begünstigt. Eine gute glykämische Kontrolle könnte dem entgegenwirken. Möglicherweise ist es bei einer manifesten Neurodegeneration aber auch schon zu spät, um durch Antidiabetika die Progression wirksam zu bremsen. Was eine gute Diabetestherapie mit Blick auf die Neurodegenration bringt, werden hoffentlich einige derzeit laufenden kontrollierten Interventionsstudien zeigen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie entwickelt sich ein Morbus Parkinson bei begleitendem Diabetes? Antwort: Parkinsonkranke mit Diabetes entwickeln schneller motorische und nichtmotorische Probleme als solche ohne Diabetes. Bedeutung: Ein Typ-2-Diabetes scheint die Parkinsonprogression zu beschleunigen. Einschränkung: Relativ wenige Diabetiker in der Studie – das schwächt die Aussagekraft.

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