Zeitfenster für Kyphoplastie: maximal sechs Wochen?

Nach einer osteoporotischen Wirbelkörperfraktur sollte die Entscheidung für oder gegen eine Op. innerhalb von sechs Wochen gefällt werden. In einer Studie aus der Berliner Charité führte die Kyphoplastie zu signifikant besseren Ergebnissen, wenn sie in diesem Zeitfenster durchgeführt wurde. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die DVO-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Behandlung der Osteoporose sieht bei osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen grundsätzlich erst einmal einen konservativen Therapieversuch vor. Sollte damit keine hinreichende Schmerzlinderung zu erzielen sein, ist demnach die Op., bevorzugt in Form einer Ballonkyphoplastie, zu erwägen. Zwei Wochen oft nicht ausreichend Über das optimale Zeitfenster, in dem diese stattfinden sollte, wird allerdings immer noch diskutiert. In einer Studie aus der Berliner Charité zeichnet sich nun ab, dass man bis zu sechs Wochen nach dem Trauma warten kann, ohne dass ggf. das Ergebnis einer Op. darunter leidet. Nach Yannick Palmowski und seinem Team ist dies von hoher klinischer Relevanz, da „viele Patienten primär eine konservative Behandlung bevorzugen und zwei Wochen für die Evaluation vielleicht nicht ausreichend sind“. In der bislang größten zum Thema Op.-Timing durchgeführten Osteoporosestudie hatten die Berliner Forscher retrospektiv die Daten von 230 Patienten ausgewertet. Nach einer osteoporotischen Wirbelkörperfraktur (T4 bis L5) waren alle Patienten mit dem Standardverfahren der Ballonkyphoplastie versorgt worden. Dabei wird der frakturierte Wirbelkörper mit einem Ballon geweitet und im Anschluss durch Einbringen von Zement stabilisiert. Bei 100 Patienten lag die Fraktur zum Op.-Zeitpunkt weniger als zwei Wochen zurück (akut), bei 91 waren zwei bis sechs Wochen vergangen (subakut), bei 39 mehr als sechs Wochen (chronisch). In den entscheidenden Parametern, der röntgenologisch gemessenen relativen Wirbelkörperhöhe (jeweils in Relation zu den beiden nicht frakturierten benachbarten Wirbeln) und dem lokalen Kyphosewinkel am jeweiligen Wirbelkörper (local kyphotic angle, LKA), hatten alle drei Gruppen von dem Eingriff profitiert. Beim Kyphosewinkel signifikant im Vorteil Vor allem beim LKA waren die Gruppen signifikant im Vorteil, die frühzeitig operiert worden waren: Ersterer hatte sich gegenüber dem Ausgangszeitpunkt in der Gruppe mit akuter Fraktur median um 3,8° verkleinert, in der subakuten Gruppe waren es 4,3° und in der chronischen 1,7°. Die Wirbelkörperhöhe hatte sich in allen drei Gruppen im vorderen und mittleren Wirbelkörperanteil um etwa 11% verbessert. Dies zeigt nach Palmowski et al., dass die Kyphoplastie in der Lage ist, den Wirbelkörper nach Fraktur effizient wieder aufzubauen. „11% scheinen auf den ersten Blick zwar wenig“, so die Forscher. Man müsse aber berücksichtigen, dass sich dieser Zugewinn auf den Prozentsatz der erwarteten Wirbelkörperhöhe vor der Fraktur bezieht. In der Studie lag dieser bei etwa 69%. Damit entsprächen die genannten 11% einer Wiederherstellung von 35% der frakturbezogenen Deformierung. Ausmaß der kyphotischen Deformität relevant Wie die Autoren betonen, kommt es bei der Behandlung der osteoporotischen Wirbelkörperfraktur nicht nur auf die Schmerzlinderung an (diese war postoperativ in allen drei Gruppen signifikant). Was zähle, sei auch, die keilförmige Deformierung nach Möglichkeit rückgängig zu machen. Folge der kyphotischen Verformung sei ein stärkeres Flexionsmoment an der Spitze der Kyphose, welches Schmerzen auslösen und das Frakturrisiko zusätzlich verstärken könne. Postoperativ weniger Schmerzmittel Bemerkenswerterweise hatten die im akuten bzw. subakuten Stadium operierten Patienten zwar subjektiv, d. h. auf der visuellen Analogskala (VAS), nicht weniger Schmerzen als die späte Gruppe; sie nahmen aber postoperativ signifikant weniger Schmerzmittel ein. In der akuten Gruppe machte sich dies bereits am zweiten postoperativen Tag bemerkbar. Laut Palmowski und seinem Team war die Einnahmedauer (vor plus nach dem Eingriff) durch die späte Op. also insgesamt deutlich verlängert. Angesichts der bekannten Nebenwirkungen ist auch diese Erkenntnis klinisch relevant. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welchen Einfluss hat die Wartezeit bis zur Kyphoplastie auf das röntgenologische und klinische Ergebnis bei Patienten mit osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen? Antwort: Patienten mit akuten oder subakuten osteoporotischen Frakturen profitieren von einer Kyphoplastie mehr als Patienten mit chronischen Frakturen. Allerdings kann auch eine spätere Op. noch dazu beitragen, Schmerzen zu lindern. Bedeutung: Die Entscheidung für oder gegen eine Kyphoplastie sollte idealerweise innerhalb eines Zeitfensters von sechs Wochen gefällt werden. Einschränkung: Retrospektive Studie; Gruppe der chronischen Patienten relativ klein; Nachbeobachtung nur bis zur Klinikentlassung.

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