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Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 1/2020

12.12.2019 | Pflege | Themenschwerpunkt

Einkommensrisiko Pflege? Der Zusammenhang von familiärer Pflege und Lohn

verfasst von: Dr. U. Ehrlich, Dr. L. Minkus, Dr. M. Hess

Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 1/2020

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Zusammenfassung

Hintergrund

Vor dem Hintergrund der demografischen Alterung wird der Bedarf an professioneller und privater Pflege zukünftig steigen. Aus Gründen der Kostendämmung verlagern viele Wohlfahrtsstaaten Pflege in die Familie, sodass die Zahl Pflegender, die Pflegebedürftige zu Hause privat und unentgeltlich betreuen („familiäre Pflege“ im Folgenden), voraussichtlich zunehmen wird. Weiterhin ziehen viele Pflegebedürftige die familiäre Pflege der institutionellen vor. Bisher stellen die Folgen der familiären Pflege für die Arbeitsmarktsituation der Pflegenden im Allgemeinen und den individuellen Lohn im Speziellen jedoch weitestgehend ein Forschungsdesiderat dar.

Fragestellung

In diesem Beitrag wird untersucht, ob, und wenn ja in welchem Ausmaß, sich familiäre Pflege auf die Löhne von Frauen und Männern auswirkt.

Material und Methoden

Mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (2001–2017) wurden für Frauen und Männer getrennte Fixed-Effects-Regressionen geschätzt; dabei erfolgte die Kontrolle auf relevante Störfaktoren.

Ergebnisse

Sowohl für Frauen (2,4 %) als auch für Männer (3 %) ergeben sich Lohneinbußen durch familiäre Pflegetätigkeiten.

Schlussfolgerung

Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass erhebliche unerklärte pflegebedingte Lohneinbußen für Männer und Frauen, nach Kontrolle relevanter Merkmale, bestehen.
Anhänge
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Fußnoten
1
Als familiäre Hilfe- oder Pflegetätigkeiten wird im vorliegenden Beitrag die Gesamtheit an Fürsorgetätigkeiten definiert, die Privatpersonen unentgeltlich erbringen, um die Gesundheit, das Wohlbefinden oder die Lebensqualität von Familien- oder Netzwerkmitgliedern aufrechtzuerhalten, die schwer oder chronisch erkrankt sind, die mit einer Behinderung oder mit altersbedingten Beeinträchtigungen leben.
 
2
Basierend auf gängigen sprachlichen Normen der Arbeitsmarktforschung werden die Begriffe Stundenlohn und Lohn synonym verwendet; gemeint ist dabei jedoch immer der Bruttostundenlohn.
 
3
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die im Analyse-Sample verbleibenden Personen mit Variation auf Pflege nicht bereits vor dem Beobachtungszeitraum Angehörige gepflegt haben, da die Daten linkszensiert sein können. Dies birgt die Gefahr, dass der Schätzer konservativ ist, d. h., im Zweifel unterschätzen die angewandten Modelle die „care penalty“ sogar.
 
4
Des Weiteren wurden Beobachtungen von Personen nach Beendigung der ersten Pflegeepisode ausgeschlossen. Damit soll sichergestellt werden, dass die errechnete Lohneinbuße nur auf die erste Pflegeepisode zurückzuführen ist und keinen kumulierten Lohnnachteil darstellt, der durch die Akkumulation von mehreren Pflegeepisoden zustande kommen könnte.
 
5
Bisher ist die Wirksamkeit des „(Familien‑)Pflegezeitgesetzes“ fraglich. Im Jahr 2018 haben 122 Pflegepersonen ein zinsloses Darlehen im Rahmen der Pflegezeit und 86 Pflegepersonen im Rahmen der Familienpflegezeit aufgenommen. Die Zahl aufgenommener Darlehen lässt jedoch keine Rückschlüsse auf die Zahl der Personen zu, die eine „(Familien‑)Pflegezeit“ nehmen, da Pflegepersonen in der „(Familien‑)Pflegezeit“ nicht unbedingt ein Darlehen beantragen [8].
 
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Metadaten
Titel
Einkommensrisiko Pflege? Der Zusammenhang von familiärer Pflege und Lohn
verfasst von
Dr. U. Ehrlich
Dr. L. Minkus
Dr. M. Hess
Publikationsdatum
12.12.2019
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Pflege
Erschienen in
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie / Ausgabe 1/2020
Print ISSN: 0948-6704
Elektronische ISSN: 1435-1269
DOI
https://doi.org/10.1007/s00391-019-01666-5

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