Mitralklappenprolaps: Risiko für plötzlichen Herztod?

Ein Mitralklappenprolaps gilt als benigner Befund, jedenfalls solange die Klappe dicht ist. Ergebnisse einer aktuellen Studie nähren nun aber den Verdacht, prolabierte Mitralklappen könnten mit plötzlichem Herztod assoziiert sein. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Mitralklappenprolaps ist eine relativ häufige Diagnose, der plötzliche Herztod damit verglichen deutlich seltener: Es ist nicht zuletzt diese Konstellation, die dazu führt, den sich systolisch in den linken Vorhof wölbenden Mitralsegeln keine besondere pathologische Bedeutung beizumessen. Das ändert sich, wenn die Klappe insuffizient ist und die Auswurfleistung der linken Herzkammer nachlässt. Aber nur bei den wenigsten Patienten mit Mitralprolaps ist das der Fall. Andererseits gibt es durchaus Hinweise, dass ein Mitralprolaps zu gefährlichen Arrhythmien beitragen könnte. Eine australische Studiengruppe um Chrishan Nalliah vom Zentrum für Herzrhythmusstörungen an der Universität Adelaide hat sich darangemacht, dem Zusammenhang von Mitralklappenprolaps und plötzlichem Herztod im Zuge einer systematischen Literaturübersicht und Metaanalyse genauer nachzuspüren. 34 Studien mit epidemiologischen (38.054 Personen) und Autopsiedaten (1212) sowie weitere Untersuchungen zur Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei Patienten mit Mitralprolaps und zu den klinisch-pathologischen Merkmalen von Patienten, die einen plötzlichen Herztod gestorben waren, gingen in die Analyse ein. Nalliah und Kollegen förderten im Wesentlichen vier Ergebnisse zutage: Die Prävalenz des Mitralklappenprolaps in der Allgemeinbevölkerung liegt bei 1,2%. Die Prävalenz des Mitralklappenprolaps unter den Fällen plötzlichen Herztodes beträgt 1,9%. Bei 22,1% der plötzlichen Herztode konnte keine Ursache gefunden werden, bei 11,7% der plötzlichen Herztode ohne Ursache war ein Mitralklappenprolaps nachweisbar. Die Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei Patienten mit Mitralklappenprolaps liegt bei 0,14 je 100 Personenjahre. Zu den potenziellen Risikofaktoren für plötzlichen Herztod von Patienten mit Mitralprolaps gehören ein Bileaflet-Prolaps, ventrikuläre Ektopien, Anomalien der ST-T-Wellen und eine ventrikuläre Fibrose. Hoher Anteil von Prolapsträgern unter unerklärlich Verstorbenen Die australischen Forscher sind vor allem ob des hohen Anteils von Mitralprolapsträgern unter den an unerklärlichem plötzlichem Herztod Verstorbenen beeindruckt, verglichen zur Prolapsprävalenz im Allgemeinen und der Inzidenz von plötzlichem Herztod bei Patienten mit Mitralprolaps. „Das weist indirekt darauf hin, dass es eine Untergruppe von Prolapspatienten mit entsprechendem Risiko gibt“, so Nalliah und Mitarbeiter. Anbetrachts der großen Zahl von Mitralprolapsträgern sei das ein Grund zur Sorge. Eine von den Autoren eingeräumte Schwäche der Studie ist die mangelnde Systematik in den Autopsieberichten darüber, ob ein Mitralprolaps vorgelegen hat. Über Fälle, wo ein Prolaps zugleich mit anderen Ursachen des plötzlichen Herztodes gefunden wurde, sei nicht berichtet worden. Molekulare Autopsien hätten ebenfalls nicht stattgefunden und Kanalopathien demzufolge keine Rolle gespielt. Ohnehin sei das analysierte Studienmaterial sehr heterogen gewesen. Man wird Nalliah und seinem Team nicht zu nahe treten, wenn man die errechnete Inzidenz von plötzlichem Herztod bei Patienten mit Mitralprolaps, die in der Studie bei 0,14 je 100 Personenjahre lag, der allgemeinen Inzidenz gegenüberstellt; sie selbst veranschlagen sie auf 0,06–0,08 je 100 Personenjahre. Immerhin ist der plötzliche Herztod die häufigste letale Manifestation ihrerseits nicht seltener Herzerkrankungen. Eine deutsche Studie hat vor vier Jahren eine ähnliche Gesamtinzidenz von 0,08 je 100 Personenjahre zutage gefördert, und zwar über alle Altersgruppen von 0 bis 90+. Dabei nimmt die Inzidenz jedoch mit dem Alter zu, wie auch Daten aus den USA zeigen. Die dort errechneten Zahlen für die Inzidenz des plötzlichen Herztodes liegen bei 0,05 je 100 Personenjahre in der Gruppe der 35- bis 45-Jährigen. Im Alter zwischen 55 und 64 beträgt die Inzidenz dann schon 0,29 je 100 Personenjahre, und ab 65 erreicht sie mindestens 0,88 je 100 Personenjahre. Es ist daher aufgrund der heterogenen Altersverteilung der Patienten in der australischen Studie nicht leicht zu erkennen, wie die für Mitralprolapsträger ermittelte Inzidenz plötzlichen Herztodes einzuordnen ist. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Bedeutung hat das Vorliegen eines Mitralklappenprolaps für das Risiko, an plötzlichem Herztod zu sterben? Antwort: Den Resultaten der Studie folgend, gibt es eine Untergruppe von Prolapspatienten, die besonders gefährdet zu sein scheint, etwa solche mit Bileaflet-Prolaps, ventrikulären Ektopien, Anomalien der ST-T-Wellen und ventrikulärer Fibrose. Bedeutung: Ein Mitralklappenprolaps ist in manchen Fällen vielleicht nicht der benigne Befund, für den er allgemein gehalten wird. Einschränkung: Die Daten sind im Wesentlichen rückblickend erhoben, die Autopsieprotokolle folgten keinem Standard, und naturgemäß können in Autopsien keine Daten zur Herzleistung in vivo mehr erhoben werden.

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