Was spricht bei HIV-Infektion plus Pneumonie für Pneumocystis?

Auch bei Pneumonie-Patienten mit HIV sollte die Antibiose Pneumokokken erfassen. Wichtig ist aber, jene mit Pneumocystis jirovecii zu erkennen, da empfohlene empirische Therapien hier oft unwirksam sind. Bestimmte Kriterien können dabei helfen. Hintergrund: Im Rahmen ihrer Infektion entwickeln bis zu 70% aller mit HIV infizierten Patienten eine pulmonale Erkrankung, die in den meisten Fällen infektiöser Genese ist [1]. So haben HIV-Patienten ein 25-fach erhöhtes Risiko eine Pneumonie zu entwickeln. Eine niedrige CD4+ Zellzahl ist ein bekannter Risikofaktor für eine pulmonale Infektion mit Pneumocystis jirovecii. Allerdings sind die meisten Antibiotikaregime, die zur kalkulierten Initialtherapie beiambulant erworbenePneumonie(CAP) empfohlen werden beiPneumocystis-Pneumonie(PCP) nicht wirksam. Somit kommt bei HIV-positiven Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie der Differenzierung zwischen einer „normalen“ bakteriellen Pneumonie und einer PCP eine groβe Bedeutung zu. Dies kann im klinischen Alltag recht schwierig sein, insbesondere bei bislang noch nicht diagnostizierten HIV-Infektionen und bei Patienten, bei denen aufgrund der Schwere der Pneumonie eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage nicht durchführbar ist. Deshalb war es das Ziel der vorliegenden Studie klinischen Kriterien zu identifizieren, die bei dieser wichtigen Unterscheidung helfen könnten. Patienten/Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Observationsstudie wurden innerhalb von 5 Jahren in eine Klinik Barcelona 331 mit HIV infizierte Patienten mit dem klinischen Bild einer CAP erfasst. Patienten mit nachgewiesener Pilzinfektion oder Tuberkulose wurden ausgeschlossen. Neben demografischen Daten und ursächlichen Erregern wurden auch Laborbefunde wie Blutbild, insbesondere CD4+ Zellzahl, HIV-Viruslast, CRP und LDH erfasst. Mit Hilfe von ROC-Analysen wurden im Folgen Cut-off Werte für CRP und LDH ermittelt, die bei der Differenzierung zwischen bakterieller Pneumonie und PCP helfen könnten. Ferner wurde mit Hilfe von Uni- und Multivariatanalysen nach unabhängigen Prädiktoren für eine bakterielle CAP und für eine PCP gesucht. Ergebnisse: Während des fünfjährigen Erfassungszeitraums wurden insgesamt 1985 Patienten mit einer CAP stationär aufgenommen. Davon waren 331 (17%) Patienten HIV-positiv und wurden in die Studie eingeschlossen, alle waren mit dem HI-Virus 1 infiziert (73% Männer; mittleres Alter 42.1± 9.5 Jahre). Bei 82% der Patienten (n=274) war die HIV-Infektion bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt und 170 Patienten (51%) erhielten eine HAART. Radiologisch fanden sich am häufigsten lobäre Infiltrate (n=225; 68%) gefolgt von interstitiellen Veränderungen bei 94 Patienten (28%). Bei 227 Patienten (69%) konnte der auslösende Erreger identifiziert werden, wobei sich am häufigsten Pneumokokken (30%) fanden, gefolgt von Pneumocystis jirovecii (13%), respiratorischen Viren (5%), Hämophilus influenza (2%) und Staphylococcus aureus (2%). Pneumokokken waren signifikant häufiger bei Patienten mit bekannter HIV-Infektion unter HAART und CD4+ Zellzahl ≥200 pro mm3 zu finden als bei neu diagnostizierten Fällen und bei Patienten mit CD4+ Zellzahlen <200 pro mm3 oder mit einer Viruslast ≥200 Kopien/ml (32,8% vs. 17,5%; p=0,022). Bei diesen Patienten war Pneumocystis jirovecii der häufigste Erreger (8,0% vs. 35,1%; p<0,001). Die Gesamtmortalität nach 30 Tagen betrug 7% und war signifikant höher bei Patienten mit PCP (14%). In der „receiver operating characteristic-“(ROC-)Analyse erwies sich ein Cut-off für CRP von 12 mg/dl mit einer 74% Sensitivität, 53% Spezifität, 19% positive prädiktiven Wert (PPV), 93% negativ prädiktiven Wert (NPV) und einer AUC von 0,65 (95%-KI 0,57-0,73) für die Vorhersage einer PCP als optimal. Für LDH lag der optimale Cut-off bei 598 U/L (86% Sensitivität; 80% Spezifität; 38% positiv prädiktiven Wert; 97% negativ prädiktiven Wert; AUC 0,84 mit 95%-KI 0,77-0,91). Die Uni- und Multivariatanalyse zeigte, dass zahlreiche klinische Variablen mit einer PCP assoziiert sind. Hierunter erwiesen sich einige als unabhängige Prädiktoren. So waren weibliches Geschlecht (OR 0,2; 95%-KI 0,1-0,09), aktiver Nikotinabusus (OR 0,4; 95%-KI 0,1-0,9) und eine Cotimoxazolprophylaxe (OR 0,1; 95%-KI 0,04-0,5) protektive Faktoren. Im Gegensatz dazu waren eine Leukopenie ≤4x1012/L (OR 3,7; 95%-KI 1,2-11,5), LDH im Serum ≥598 U/L (OR 12,9; 95%-KI 4,2-39,7) und ein multilobärer Befall (OR 5,8; 95%-KI 1.9-19.5) klare positive Prädiktoren für eine PCP. Die Kombination von multilobären Infiltraten und LDH-Werten ≥598 U/L erreichte eine 76% Sensitivität bei 89% Spezifität mit einem 51% PPV und 96% NPV. Die „positive Likelihood Ratio“ für die Vorhersage einer PCP betrug 7,1 und die negative 0,27. Auf der anderen Seite deutet ein kurzer Verlauf nach Symptombeginn (≤5 Tage) (OR 2,6.; 95%-KI 1,5-4,4), CRP-Werte ≥22mg/dl (OR 4,3; 95%-KI 2,3-8,2) und eine Hepatitis-C-Koinfektion (OR 2.3; 95%CI 1.4-3.9) eher auf eine bakterielle Pneumonie hin. Kommentar von Dr. S. R. Ott "Antibiose sollte immer Pneumokokken erfassen" Dr. med. Sebastian Ott, Bern × Während die hohe Rate an Erregernachweisen ((69%) eindrücklich ist, ist es nicht verwunderlich, dass in der vorliegenden Studie auch bei HIV-positiven Patienten mit CAP Streptococcus pneumoniae mit 30% der am häufigsten nachgewiesene Erreger ist. Allerdings findet sich schon auf Platz 2 Pneumocystis jirovecii. Da bei PCP die meisten von Leitlinien empfohlen antibiotischen Behandlungen zur kalkulierten Therapie bei CAP nicht wirksam sind, kommt grade bei der hier untersuchten Population der Identifikation von Patienten mit PCP eine groβe Bedeutung zu. Genau das ist die Stärke dieser Studie. Die klinischen Variablen, die hier als Prädiktoren für eine mögliche PCP identifiziert wurden, können dabei helfen, Patienten mit möglicher PCP frühzeitig zu erkennen und empirisch mit einer entsprechenden Behandlung zu beginnen bevor eine mikroskopische oder molekulargenetische Bestätigung vorliegt. Dies erscheint umso wichtiger, da in der aktuellen Studie die Mortalität bei Vorliegen einer PCP mehr als doppelt so hoch war wie bei einer bakteriellen Pneumonie (14% vs. 6%) und eine adäquate antibiotische Behandlung ein unabhängiger protektiver Faktor war (OR für Mortalität 0,1; 95%-KI 0,03-0,4). Somit kann uns diese Studie im klinischen Alltag helfen, die Indikation zur PCP-spezifischen Behandlung bei Patienten mit nachgewiesener oder vermuteter HIV-Infektion und CAP zu stellen. Wichtig ist, daran zu denken, dass die kalkulierte Behandlung bei diesen Patienten unabhängig von einer empirischen PCP-Behandlung auch immer Pneumokokken erfassen sollte. Weitere Beiträge zum Thema lesen Sie im Themenschwerpunkt "Pneumologie". Literatur [1] Benito N et al. Pulmonary infections in HIV-infected patients: an update in the 21st century. Eur Respir J March 1, 2012 vol. 39 no. 3 730-745.

Springer Medizin

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