Intermittierende Bauchlagerung senkt die Sterblichkeit

Eine intermittierende Bauchlagerung von ARDS-Patienten kann die Prognose der Patienten verbessern. Voraussetzung ist eine ausreichende Dauer von über zehn Stunden täglich, eine protektive Beatmung sowie eine schwere Hypoxämie. Hintergrund Das akute Lungenversagen ist ein schweres lebensbedrohliches Krankheitsbild mit einer Mortalität zwischen 30% und 60%. Die häufigste Ursache ist eine direkte Lungenschädigung, v.a. die Pneumonie. Neben der möglichst ursächlichen Behandlung (z. B. Antibiotikum bei Pneumonie) hat die lungenprotektive Beatmung einen hohen Stellenwert mit prognostischer Relevanz. Darüber hinaus gibt es kaum Therapieoptionen, für die eine Verbesserung des Überlebens eindeutig durch klinische Studien belegt ist. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass beim akuten Lungenversagen durch die (intermittierende) Bauchlagerung eine Verbesserung des Gasaustausches, insbesondere der Oxygenierung zu erreichen ist. Grundlage hierfür ist eine Reduktion von Atelektasen, die Verminderung der Shuntfraktion und die verbesserter Sekretmobilisation. Durch die Abnahme ungünstiger Scherkräfte kann insbesondere auch eine Abnahme des Ventilator-assoziierten Lungenschadens erreicht werden. Trotz dieser günstigen Effekte gelang der Nachweis, mit der Bauchlagerung auch Einfluss auf das Überleben zu nehmen zunächst nicht. Kürzlich konnte allerdings erstmalig in der randomisiert-kontrollierten PROSEVA (Proning Severe ARDS Patients) Studie bei Patienten mit schwerem ARDS, d.h. einem Horovitz-Quotienten von <150 mmHg, konsequent fortgeführter protektiver Beatmung, und einer Mindestdauer der Bauchlage von 16 Stunden, eine Verbesserung des 28- und 90-Tage-Überlebens erzielt werden [1]. Basierend auf den methodologischen Unterschieden der früherer Studien, v.a. allem der Dauer der Bauchlagerungsphasen und der heterogenen Studienkollektive, sowie der zwischenzeitlich publizierten Studien untersuchte die vorliegende Meta-Analyse erneut umfassend die Effektivität und Sicherheit der (intermittierenden) Bauchlage im Vergleich zur ausschließlichen Beatmung in Rückenlage. Methodik Mit Hilfe medizinischer Datenbanken wurden elf randomisiert-kontrollierte Studien (Bauchlage versus Rückenlage), welche insgesamt 2246 erwachsene Patienten umfassten, anhand vordefinierter Kriterien ausgewählt. Der primäre Endpunkt war die Gesamtmortalität bezogen auf das längste mögliche Follow-up. Hinsichtlich sekundärer Endpunkte erfolgte eine Stratifizierung der Gesamt-Mortalität nach Dauer der einzelnen Bauchlagerungsphasen (≥10 Stunden versus <10 Stunden), der Anwendung protektiver Beatmung und dem Auftreten unerwünschter Ereignisse (insbesondere Ventilator-assoziierte Pneumonie, Druckulzera und Atemwegsprobleme). Ergebnisse Patienten, die intermittierend in Bauchlage beatmet wurden, zeigten eine geringere Gesamt-Mortalität als diejenigen, die sich ausschließlich in Rückenlage befanden (odds ratio 0.77; 95% Konfidenzintervall 0.59–0.99; p = 0.039). Statistisch mussten dabei 16 Patienten mit Bauchlage behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern. Die chronologische Analyse der Untersuchungen zeigte eine Entwicklung zu positiven Effekten der Bauchlage bei den neueren Studien. Zudem ergab sich eine inverse, allerdings statistisch nicht signifikante Korrelation zwischen Mortalität und Dauer der Bauchlagerungsphasen. In Subgruppen-Analysen zeigten sich statistisch signifikante Vorteile der Bauchlagerung hinsichtlich Mortalität bei Betrachtung von Patienten mit protokollgemäß durchgeführter protektiver Beatmung, Bauchlagerungs-Phasen von mindestens zehn Stunden und Vorliegen eines ARDS gemäß Definition bzw. bei einem Horovitz-Quotienten von ≤150 mmHg. Hinsichtlich Komplikationen waren Druckulzera, Atemwegsprobleme einschließlich der akzidentiellen Extubation, Tubusfehllage und Tubusobstruktion häufiger bei den Patienten, die auf den Bauch gelagert wurden. Fatale Konsequenzen ergaben sich jedoch nicht. Ventilator-assoziierte Pneumonien, der Verlust zentral-venöser oder arterieller Zugänge oder Thoraxdrainagen sowie kardiale Komplikation waren nicht unterschiedlich zwischen Patienten mit intermittierender Bauchlage und solchen mit ausschließlicher Rückenlage. Kommentar von Priv.-Doz. S. Budweiser Prof. Dr. med. Stephan Budweiser, Rosenheim Springer Medizin × "Auf Komplikationen Acht geben" Die vorliegende aktualisierte Meta-Analyse bringt einige bedeutsame Aspekte hinsichtlich der Anwendung und des klinischen Nutzens der (intermittierenden) Bauchlage unter Beatmung beim akuten Lungenversagen hervor. Gleichzeitig unterstützt und ergänzt diese Arbeit auch die Ergebnisse der kürzlich von Guerin und Mitarbeitern publizierten randomisierten kontrollierten PROSEVA-Studie [1], die ebenfalls Bestandteil der Analyse war. Insbesondere lassen sich als wesentliche Take-home Messages formulieren, dass die Bauchlagerung (1) ein relevantes Potential besitzt, das Überleben zu verbessern, vor allem dann, wenn (2) die Bauchlagerung bei Patienten mit schwerer Hypoxämie zu Einsatz kommt (hier ≤150 mmHg), (3) die Bauchlagerungsphasen mindestens über zehn Stunden erfolgen und (4) die protektive Beatmung mit niedrigen Atemzugsvolumina konsequent fortgeführt wird. Dabei ist das Bauchlage-Manöver selbst vermutlich kaum von dem Konzept der protektiven Beatmung zu trennen. Vielmehr ist möglicherweise gerade durch die mit der Bauchlagerung verbundene bessere Belüftung der basalen Lungenabschnitte und die damit insgesamt günstigere Atemmechanik bzw. durch die dadurch erreichte Reduktion der Scherkräfte eine zusätzliche Lungenprotektion, über die Beatmungseinstellung hinaus, möglich. Interessanterweise wurde fast zeitgleich eine weitere, physiologisch orientierte Studie publiziert, die zeigen konnte, dass durch die Bauchlagerung eine Verbesserung der Hämodynamik bzw. des Herzschlagvolumens, bei Vorliegen einer ausreichenden kardialen Vorlast, erreicht werden kann [2]. Erwähnenswert ist, dass die positiven Effekte der Bauchlagerung in der vorliegenden Meta-Analyse bereits bei Bauchlagerungsphasen von ≥10 Stunden zu beobachten waren, während in der Studie von Guerin und Mitarbeitern [1] eine Mindestdauer der Bauchlage von 16 Stunden gefordert war. Diesbezüglich müssen weitere Studien Aufschluss geben. Ebenso bleibt unklar über welchen Zeitraum überhaupt die Bauchlagerungs-Manöver durchgeführt werden sollten. In jedem Fall erscheint es ratsam, mit der Bauchlagerung schon in einer frühen Phase des ARDS zu beginnen. Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass die Prozedur der Umlagerung bzw. die Bauchlagerung selbst mit einer Reihe von Komplikationen vergesellschaftet sein kann. Der vorliegenden Analyse nach muss zum einen insbesondere mit häufigen Druckulzera gerechnet werden. Dies betrifft einer Subanalyse der PROSEVA-Studie [3] zufolge in erster Linie weibliche Patienten >60 Jahre, einem BMI >28.4 kg/m2 und einen SAPS II score >46. Darüber hinaus sind aber auch Tubus-assoziierte Probleme bei Patienten mit Bauchlage häufiger, wenn auch diese (überraschenderweise) in keiner der eingeschlossenen Studien einen fatalen Ausgang hatten. In jedem Fall muss berücksichtigt werden, dass das Bauchlagemanöver, trotz eines erheblichen möglichen Nutzens (unter Berücksichtigung der genannten Aspekte) auch nicht unerhebliche Risiken bergen kann. Demnach ist weiterhin zu fordern, dass die Bauchlage nur bei ausgewählten Patienten mit schwerer Hypoxämie, unter Beachtung von Kontraindikationen und in einem geschulten, erfahrenen Team nach sorgfältiger Vorbereitung unter Abwägung der individuellen Risiken und möglicher Konsequenzen, erfolgen sollte. Weitere Beiträge zum Thema lesen Sie im Themenschwerpunkt "Pneumologie". Literatur [1] Guérin C et al. Prone Positioning in Severe Acute Respiratory Distress Syndrome. N Engl J Med 2013;368:2159-68. [2] Jozwiak M et al. Beneficial Hemodynamic Effects of Prone Positioning in Patients with Acute Respiratory Distress Syndrome. Am J Respir Crit Care Med 2013;188(12):1428–1433. [3] Girard R et al. The impact of patient positioning on pressure ulcers in patients with severe ARDS: results from a multicentre randomised controlled trial on prone positioning Intensive Care Med DOI 10.1007/s00134-013-3188-1, published online 19 december 2013.

Springer Medizin

Intermittierende Bauchlagerung senkt die Sterblichkeit

Weiterführende Themen

Leitlinien kompakt für die Innere Medizin

Neu im Fachgebiet Innere Medizin

Niedriger diastolischer Blutdruck erhöht Risiko für schwere kardiovaskuläre Komplikationen

Therapiestart mit Blutdrucksenkern erhöht Frakturrisiko

Adjuvante Immuntherapie verlängert Leben bei RCC

Alectinib verbessert krankheitsfreies Überleben bei ALK-positivem NSCLC

Update Innere Medizin