Reinere Luft in Städten fördert Lungenentwicklung bei Kindern

Wird die Luft sauberer, entwickeln sich die Lungen von Kindern besser. Was nahe lag, ist nun für einen US-Ballungsraum belegt. Allerdings sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. Fragestellung: Ist eine reduzierte Luftverschmutzung im großstädtischen Raum mit besseren Ergebnissen in der Lungenfunktionsuntersuchung von Kindern assoziiert? Hintergrund Bereits seit den 1990iger Jahren zeigen mehrere Kohorten-Studien eine Assoziation von Luftverschmutzung und schlechteren Werten in spirometrisch erfassten Lungenfunktionsuntersuchungen bei Kindern [1-3]. Ob eine Abnahme der Luftverschmutzung zu einer messbaren Verbesserung in der Spirometrie führt, blieb bisher kaum beantwortet und ließ die Frage weitestgehend offen, ob die in vielen Großstädten erzielte Verbesserungen in der Verschmutzung der Umgebungsluft einen positiven Effekt auf die Lungenentwicklung bei Kindern haben. Da bereits geringe Unterschiede in der Lungenfunktionsuntersuchung im Erwachsenenalter prädiktiv für das Auftreten von Lungenerkrankungen und koronarer Herzerkrankung und gleichzeitig mit einer reduzierten Lebenserwartung assoziiert sind [4], ist die vorliegende Studie von besonderer Relevanz. Patienten und Methoden Im Rahmen der „Children´s Health Study" wurden spirometrische Lungenfunktionsmessungen mit denselben Kinder im Alter von 11, 13 und 15 Jahren (75% der Teilnehmer) durchgeführt und von den Eltern ein Fragenbogen ausgefüllt. Diese Untersuchungen wurden in fünf Stadtteilen des Großraumes Los Angeles in den USA in einer Kohorte von 1994 bis 1998, einer Kohorte von 1997 bis 2001 und einer Kohorte 2007 bis 2011 gemacht. Seit 1994 erfolgte außerdem eine kontinuierliche Messung der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid, Ozon und Feinstaub in diesen Regionen. Lineare Regressionsmodelle mit Adjustierung für Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Größe und Body-Mass-Index, Lungen- und Atemwegserkrankungen wurden angewendet. Ergebnisse Die Zunahmen der FEV1 und der Vitalkapazität in der Wachstumsphase von 11-15 Jahren waren signifikant assoziiert mit abnehmenden Werten für Stickstoffdioxid (p<0,001) und Feinstaub (Partikel kleiner 10µm, p<0,001, Partikel kleiner 2,5µm, p<0,01). Dies umfasst Kinder mit und ohne Asthma bronchiale. Der Anteil der Jugendlichen im Alter von 15 Jahren mit einer erniedrigten FEV1 (<80%) war bei bessere Luftqualität signifikant geringer (p=0,001). Schlussfolgerung Die Autoren sehen einen positiven Einfluss geringerer Luftverschmutzung auf die Lungenentwicklung im Übergang vom Kindes- in das Jugendalter. Kommentar von Dr. Eva Fritzsching und Priv.-Doz. Dr. Benedikt Fritzsching "Vorsicht beim Übertragen der Ergebnisse auf Deutschland" Die vorliegende Studie bestätigt nicht nur die Annahme, dass großstädtische Luftverschmutzung die Lungenentwicklung beeinflusst [1-3]. Erreichte Verbesserungen der Luftqualität scheinen bereits einen signifikanten Effekt auf spirometrisch erfassbare Parameter der Lungenentwicklung zu haben. Dies ließen bereits bekannte Ergebnissen einer Studie mit Kindern nach Umzug in eine Umgebung mit weniger Luftverschmutzung vermuten [5]. Eine Assoziation von verbesserten Lungenfunktionswerten mit einer reduzierten Belastung der Umgebungsluft mit Stickstoffdioxid bzw. Feinstaub zeigte sich ebenfalls bereits anhand einer longitudinalen Studie von Kindern in Linz (Österreich) [6]. Für Deutschland fehlen über konsekutive Querschnittsstudien hinaus vergleichbare Daten für das Lungenwachstum in der besonders wichtigen Übergangsphase vom Kindesalter in das Jugendalter wie hier aus Los Angeles vorliegend, so dass die Ergebnisse nur vorsichtig übertragen werden sollten. Gleichzeitig können auch nicht alle potenziellen Confounder in der aktuellen Studie ausgeschlossen werden. Zwar kontrolliert die Untersuchung für mögliche Besonderheiten von Population und Umgebung im jeweilig untersuchten Stadtteil. Es ist jedoch nicht völlig auszuschließen, dass eine veränderte Verhaltensweise wie z.B. mehr sportliche Tätigkeit im Freien die Ergebnisse beeinflusst. Vor dem Hintergrund des Zusammenhangs von Ozonbelastung und Verschlechterung eines Asthma bronchiale überrascht es ein wenig, dass die Assoziation von Ozonbelastung mit Lungenfunktionsergebnissen wesentlich weniger ausgeprägt war als für Stickstoffoxid und Feinstaub. Auch wäre es interessant zu erfahren, ob weitere Schadstoffparameter wie z.B. Kohlenstoffmonoxid ebenfalls mit der Lungenentwicklung korrelierten. Fazit Anhaltende Bemühungen zur Reduktion der Luftverschmutzung erscheinen in großstädtischen Ballungsräumen mit intensiver Belastung der Luft wichtig. Ähnliche Studien aus Deutschland fehlen derzeit, schießen jedoch nicht vergleichbare Effekte in deutschen großstädtischen Ballungsräumen aus. Literatur [1] Gauderman WJ, Avol E, Gilliland F et al. N Engl J Med 2004; 351:1057-67. [Erratum, N Engl J Med 2005;352:1276.] [2] Gauderman WJ, Gilliland GF, Vora H, et al. Am J Respir Crit Care Med 2002;166:76-84. [3] Urman R, McConnell R, Islam T, et al. Thorax 2014; 69:540-7. [4] Hole DJ, Watt GC, Davey-Smith H, et alBMJ 1996;313:711-5. [5] Avol EL, Gauderman WJ, Tan SM, et al. Am J Respir Crit Care Med 2001; 164:2067-72. [6] Neuherberger M, Moshammer H, Kundi M. Atmospheric Environment 2002;36:1733-1736.

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