Lernziele
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kennen Sie die Bedeutung von chronischen pulmonalen Aspergillus- und Pseudomonas-Infektionen.
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wissen Sie, bei welchen Patienten sie beim Nachweis von Aspergillus oder Pseudomonas weiterführende Diagnostik veranlassen sollten.
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kennen Sie für die chronisch pulmonale Aspergillose (CPA) die unterschiedlichen Manifestations- und Verlaufsformen, die diagnostischen Kriterien sowie die therapeutischen Möglichkeiten.
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wissen Sie mehr über die chronische Pseudomonas-Infektion, über deren Bedeutung bei Patienten mit Bronchiektasen und dass der Erreger nach den aktuellen Leitlinien der European Respiratory Society (ERS) behandelt werden sollte.
Hinführung
Chronische Aspergillus-Infektionen der Lunge
Aspergillus – ein ubiquitärer und meist harmloser Schimmelpilz
Formenkreis der chronisch pulmonalen Aspergillosen
Aspergillusknoten | Seltenere Form der CPA, welche sich durch einzelne oder multiple meist solide, manchmal kavitäre, unter 3 cm im Durchmesser haltende Läsionen präsentiert. Diese sind CT-morphologisch kaum von inzipienten Lungenkarzinomen, Tuberkulomen oder Rheumaknoten zu unterscheiden und daher fast immer Zufallsbefunde (Abb. 2a) |
Einfaches (unkompliziertes) Aspergillom | Singuläre pulmonale Kaverne, welche ein Aspergillom (Pilzball) beinhaltet und radiologisch über zumindest 3 Monate nicht progredient ist (Abb. 2b). Viele Patienten sind asymptomatisch oder beklagen nur milde Symptome |
CCPA | Häufigste Form der CPA, definiert als eine oder mehrere symptomatische pulmonale Kavernen, welche ein Aspergillom oder sonstiges irreguläres Material enthalten können (oder auch nicht), mit radiologischer Progression innerhalb von 3 Monaten (z. B. neue Kavernen, zunehmende Infiltrate um die Kavernen oder zunehmende Fibrose; Abb. 2d) |
CFPA | Ausgeprägte CPA-assoziierte fibrotische Veränderungen, welche zumindest zwei Lungenlappen betreffen und zu einem signifikanten Verlust der Lungenfunktion und der Lebensqualität führen. Die CFPA entsteht in der Regel aus einer CCPA (Abb. 2c) |
SAIA | Die SAIA ist die einzige CPA-Form, bei der in der Histologie ein gewebeinvasives Pilzwachstum (Hyphen) beobachtet werden kann, und somit bereits eine Form der invasiven Aspergillose. Die radiologische Präsentation ähnelt der CCPA (Kavernen, Knoten, abszedierende Konsolidierungen), die Veränderungen sind jedoch innerhalb von 1–3 Monaten deutlich progredient. Betroffen sind vor allem Patienten mit einer bereits moderat immunsupprimierenden Grunderkrankung (wie Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Mangelernährung) bzw. immunsupprimierenden Therapie (Abb. 2d) |
Diagnose der CPA
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CPA-typische Veränderungen in der Thorax-Computertomographie (CT) nachweisbar (Kavernen oder noduläre Veränderungen)
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Indirekter oder direkter Erregernachweis
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Ausschuss alternativer Diagnosen (wichtigste Differenzialdiagnosen: Mykobakteriosen, einschmelzende Malignome/Metastasen, Vaskulitiden, Rheumaknoten)
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Bestehen der Erkrankung seit mindestens 3 Monaten
Therapie der CPA
Therapiealgorithmus [15] | Antimykotikum | Applikationsform | Dosierung | Therapiedauer | Leitlinien | Kommentare | |||
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ESCMID/ERS | IDSA | ||||||||
SoR | QoE | SoR | QoE | ||||||
Erst- und Zweitlinientherapie | Itraconazol | p.o. (Kapseln, Suspension) | 200 mg 2 × tgl | ≥6 Monate | A | II | Strong | High | Dosisadaptierung nach Talspiegelkontrollen |
Voriconazol | p.o. (Tabletten), i.v. | 200 mg 2 × tglc | ≥6 Monate | A | II | Strong | High | Dosisadaptierung nach Talspiegelkontrollen | |
Drittlinientherapie | Posaconazol | p.o. (Tabletten, Suspension), i.v. | 300 mg 1 × tgl (Tablette); 400 mg 2 × tgl (orale Lösung) | ≥6 Monate | B | II | Strong, aber nur für Drittlinie | Moderate | Dosisadaptierung nach Talspiegelkontrollen. Suspension mit Essen einnehmen, um die Absorption zu verbessern |
Isavuconazol | p.o., i.v. | 200 mg 1 × tglc | ≥6 Monate | N. e. | N. e. | N. e. | N. e. | ||
Viertlinientherapie | Liposomales Amphotericin B | i.v. | 3 mg/kgKG 1 × tgl | 3 Wochena | B | IIa | Weak | Low | |
Caspofungin | i.v. | 50–70 mg 1 × tgl | 2–4 Wochenb | C | IIa | Weak | Low | Kaum Daten vorhanden; Therapiedauer unklar | |
Micafungin | i.v. | 150 mg 1 × tgl | 2–4 Wochen | B | II | Weak | Low | Kaum Daten vorhanden; Therapiedauer unklar |
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Bei Patienten mit CCPA ist eine operative Sanierung indiziert, wenn eine konservative Therapie aufgrund von Intoleranzen gegenüber Antimykotika oder aufgrund des Resistenzverhaltens des Pilzes nicht möglich ist. Postoperative Komplikationen (Wundinfektionen, bronchopleurale Fisteln, respiratorische Insuffizienz) und Rezidive sind bei der CCPA jedoch häufiger, als bei Patienten mit einfachem Aspergillom. Daher ist bei der CCPA eine sorgfältige Patientenselektion besonders wichtig [4, 14].
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Generell sollte eine chirurgische Intervention bei nichtbeherrschbaren Hämoptysen, egal bei welcher Form der CPA, in Betracht gezogen werden. Zuvor gilt es jedoch konservative oder minimal-invasive Verfahren (z. B. Tranexamsäure bei leichter Blutung, Katheterembolisation bei moderater oder schwerer Blutung etc.) auszuschöpfen [14, 15].
Chronische Pseudomonas-Infektionen der Lunge
Pseudomonas aeruginosa – harmloser Nasskeim oder relevantes Problem?
Schweregrad der Bronchiektasen | Pseudomonas-Kolonisation im Verlauf | |
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Idiopathisch (24–56 %) | ||
Idiopathische Bronchiektasen | Variabel | |
Postinfektiös (17–34 %) | ||
Masern, schwere bakterielle Pneumonien, Pertussis, NTM, MTB, Aspergillus | Leicht-moderat | Häufig (23 %; [23]) |
Autoimmun-inflammatorisch (1–25 %) | ||
RA ohne ILD (BROS) und entzündliche Darmerkrankungen | Leicht-moderat | Gelegentlich (14 %; [24]) |
COPD (2–24 %) | ||
Moderat-schwere COPD | Leicht-moderat | |
Immundefekte (1–24 %) | ||
Immunglobulin-Mangel (meist CVID), seltener HIV, GvHD, iatrogene Immunsuppression | Leicht-moderat | Gelegentlich (12 %; [23]) |
Kongenital (1–18 %) | ||
CF | Moderat-schwer | Sehr häufig (>40 %; [26]) |
PCD inklusive Kartagener-Syndrom | Moderat-schwer | |
Asthma (3–11 %) | ||
Unkontrolliertes, moderat-schweres Asthma | Leicht-moderat | |
ABPA | Leicht-moderat | Gelegentlich (vor allem bei CF) |
Traktionsbronchiektasen
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Interstitielle fibrosierende Lungenerkrankungen: Sarkoidose III–IV, IPF, CVD-ILD (PM/DM, SjS, MCTD, SLE, RA, SSC) | Variabel | Gelegentlich (bei IPF <10 %; [31]) |
Postoperativ | ||
Seltene Ursachen für Bronchiektasen
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HIV, α‑1-Antitrypsin-Mangel, Refluxerkrankung, Aspiration, Tumore, Lymphadenopathie, Fremdkörper, Inhalation toxischer Dämpfe, diffuse Panbronchiolitis, seltene Syndrome: Marfan, Yellow nail, Young’s, Williams-Campbell, Mounier-Kuhn, Swyer-James |
Zystische Fibrose und Pseudomonas-Infektion
COPD-Patienten und Pseudomonas-aeruginosa-Nachweis
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Er ist ein möglicher Indikator für eine fortgeschrittene COPD. Der Patient sollte in seiner COPD-Therapie optimiert werden.
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Er impliziert, dass bei einer späteren schweren COPD-Exazerbation oder Pneumonie primär Pseudomonas-wirksame Antibiotika eingesetzt werden sollten [39].
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Bei stabilen COPD-Patienten lassen sich in 20–50 % (meist milde) Bronchiektasen detektieren. Der Nachweis von Pseudomonaden ist dabei ein Indikator für moderat-schwere und somit behandlungspflichtige Bronchiektasen [25, 40]. Relevante Bronchiektasen müssen vor allem bei häufigen Exazerbationen und chronisch produktiver Hustensymptomatik vermutet werden (Indikation für CT-Thorax). Dies gilt umso mehr, wenn mukoide Pseudomonaden nachweisbar sind, da diese für einen „klassische“ COPD untypisch sind.
NCFB und Pseudomonas aeruginosa
Bedeutung und Therapie von NCFB
Pseudomonas bei NCFB
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die Lebensqualität verbessern und das Exazerbationsrisiko reduzieren können, aber zunächst keinen relevanten Einfluss auf Hustensymptomatik, Hämoptysen, FEV1 oder Mortalität haben.
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kaum höhergradige Resistenzentwicklung verursachen (<10 %).
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aber in 10–22 % relevante Bronchospasmen auslösen.
Neue Leitlinienempfehlung der ERS zu NCFB
Fazit für die Praxis
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Die Diagnose einer CPA ist klar definiert: typische CT-Veränderungen, indirekter oder direkter Erregernachweis, Ausschuss alternativer Diagnosen und >3 Monate Krankheitsdauer.
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Die Therapie der CPA basiert auf einer langfristigen Azol-Therapie. Beim einfachen Aspergillom kommt jedoch primär die komplette Resektion in Betracht.
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Akute CPA-assoziierte Hämoptysen sollten primär konservativ behandelt werden (Tranexamsäure, antifungale Therapie, Katheterembolisation).
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Eine chronische Pseudomonas-Infektion ist vor allem relevant für Patienten mit Bronchiektasen. Bei diesen Patienten sollte eine Pseudomonas-Infektion entweder verhindert (Eradikationsbehandlung bei Erstnachweis) oder bei häufigen Exazerbationen langfristig mit iAB supprimiert werden.
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Es gibt keine Evidenz für die Behandlung einer chronischen Pseudomonas-Infektion bei fortgeschrittener COPD-Erkrankung ohne Bronchiektasen.