Erschienen in:
04.07.2018 | Migräne | Schwerpunkt
Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson bei der Migräneprophylaxe
Klinische Effektivität und Wirkmechanismen
verfasst von:
Dipl.-Psych. Dr. B. Meyer, A. Keller, B. Müller, H.-G. Wöhlbier, P. Kropp
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 4/2018
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Zusammenfassung
Seit Anfang der 1970er-Jahre wird die progressive Muskelrelaxation (PMR) nach Jacobson in der Migräneprophylaxe eingesetzt. Hintergrund ist die Annahme, dass Migränepatienten eine erhöhte autonome Aktivierung aufweisen, der man mit systematischer Entspannung entgegensteuern kann. Entspannungsverfahren reduzieren neben dem Aktivierungsniveau auch die zentrale Schmerzverarbeitung, außerdem bewirken entspannende Strategien eine Aktivierung in schmerzhemmenden Strukturen im periaquäduktalen Grau. Metaanalysen zeigen, dass die PMR ebenso wirksam ist wie medikamentöse Verfahren. Ein guter Effekt stellt sich nur dann ein, wenn regelmäßig täglich mindestens 5–25 min geübt wird und ein Transfer der Übungen in den Alltag erfolgt. Diese Übersicht fasst die empirischen Belege für die Wirksamkeit von PMR bei Migräne kritisch zusammen. Es wird ein Mangel insbesondere an aktuellen Studien zur Thematik festgestellt. In einer eigenen Studie mit 50 Migränepatienten und 46 gesunden Kontrollen konnte neben der klinischen Wirksamkeit auch eine Änderung der kortikalen Aufmerksamkeitszuwendung bei der Messung der kontingenten negativen Variation („contingent negative variation“ [CNV]) nachgewiesen werden. Die zuvor erhöhte CNV-Amplitude normalisierte sich bei regelmäßiger Anwendung der PMR bei Migränepatienten. Mit der Übersicht über PMR-Studien zur Migräneprophylaxe und mit der eigenen Studie kann gezeigt werden, dass PMR ein effektives nichtmedikamentöses Verfahren zur Migräneprophylaxe ist und dass neben den klinischen Effekten auch nachweisbare Änderungen der kortikalen Reizverarbeitung im Sinne einer Normalisierung bewirkt werden können.