Hintergrund
Die Langzeitfolgen einer kritischen Erkrankung mit einem Aufenthalt auf der Intensivstation werden zusammengefasst als Post-Intensive-Care-Syndrom (PICS) beschrieben. Dieses heterogene Syndrom ist durch neue oder verstärkte Einschränkungen der physischen, kognitiven und/oder psychischen Gesundheit gekennzeichnet. Die neurologischen Symptome, wie z. B. eine Critical-Illness-Neuromyopathie oder Störungen von Aufmerksamkeit und Gedächtnis, können schon 24 h nach Aufnahme auf der Intensivstation (ITS) auftreten und 5–15 Jahre nach Entlassung persistieren. Da die ITS-Überlebenden häufig in eine neurologische Rehabilitation verlegt werden, ergibt sich die Notwendigkeit zur Erstellung einer Leitlinie zur Rehabilitation des PICS.
Ziel
Ziel war es, eine S2e-Leitlinie zum aktuellen Wissensstand sowohl zur stationären als auch ambulanten Behandlung des PICS zu entwickeln.
Methode
Eine multidisziplinäre und -professionelle Leitliniengruppe erstellte 10 Forschungsfragen, die durch systematische Literatursuchen und -bewertungen beantwortet wurden. Empfehlungen wurden je nach Evidenz als „starke Empfehlungen“, „Empfehlungen“ oder „Therapieoptionen“ kategorisiert.
Ergebnisse
Die Evidenz führte zu 12 Therapieempfehlungen und 4 Therapieoptionen für die Prävention und Behandlung von PICS. Empfohlen wird die Frühmobilisation, das motorische Training, Dysphagiediagnostik sowie eine multimodale Stimulation zur Delirprophylaxe. Zur Reduktion von Angst und Depression und den Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung sollen Intensivtagebücher geführt werden. Um ein PICS – ggfs. auch ambulant – zu diagnostizieren, sind wiederholte Assessments der kognitiven, psychischen und physischen Funktionen im stationären sowie ambulanten Bereich essenziell.
Schlussfolgerungen
Die Diagnostik, Prävention und Behandlung von PICS sind ebenso komplex wie die Ätiologie und bedingen einen multidisziplinären Ansatz, eine kontinuierliche Versorgungskette sowie eine Sensibilisierung u. a. des ambulant tätigen Fachpersonals für dieses Syndrom.