Bei IGeL wird niemandem etwas aufgedrängt

Zehn bis 15 Prozent des Arbeitspensums entfallen in der Praxis des Magdeburger Hausarztes Dr. Jörg Tonn auf Selbstzahlerleistungen. Seine Philosophie: Jeder Patient hat Zeit, sich über ein IGeL-Angebot Gedanken zu machen. Außerbudgetäre oder Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) werden in manchen Arztpraxen noch immer wie Stiefkinder behandelt. Dabei wachsen auf Seiten der Patienten Nachfrage und Bedarf. „Es liegt in unserer Verantwortung, den Wünschen gerecht zu werden“, meint der Magdeburger Hausarzt Dr.Jörg Tonn. Das Gros aller Behandlungen in der Hausarztpraxis sind Kassenleistungen. So soll es bleiben. Pro Quartal rechnet Tonn, der seit knapp drei Jahren eine Allgemeinmedizinerin angestellt hat, rund 1600 Scheine ab. Etwa zehn bis 15 Prozent des Arbeitspensums entfallen auf IGeL. Entscheidend für die Auswahl der Angebote sind für den Arzt die Attribute sinnvoll, nützlich, medizinisch. „Und ich mache nur, was ich hundertprozentig kann und wovon ich absolut überzeugt bin.“ Kompetenz, Professionalität, Seriosität als wichtigste Voraussetzungen für eine gute Qualität der Behandlung, nicht nur, aber auch beim IGeLn, das ist sein Praxismotto. Bestellte Patienten warten nicht länger als 20 Minuten „Wir bemühen uns immer, den Patienten ein Stückchen näher zu kommen.“ Das beginne bei der Freundlichkeit am Empfang, der Aufgeschlossenheit, dem Service. Bestellte Patienten müssen beispielsweise in der Tonn’schen Praxis nicht länger als 20 Minuten warten. Um Blutabnahmen auch an zwei Nachmittagen in der Woche zu ermöglichen, wurden zusätzliche Laborfahrten geordert. Und jeder Patient weiß, dass er seinen Arzt bei Fragen oder Problemen während der mittäglichen Telefonsprechstunden schnell erreichen kann. Das alles hat mit „IGeL“ eigentlich überhaupt nichts zu tun und ist andererseits doch eine entscheidende Voraussetzung. „Patienten, die mit uns, unserer Arbeit und ihren Behandlungen zufrieden sind, vertrauen uns auch bei ergänzenden oder weiterführenden Therapien.“ Wichtig sei, niemanden zu drängen, sondern jedem Zeit für eigene Entscheidungen zu geben. Welche Zusatzleistungen in der Magdeburger Hausarztpraxis in Anspruch genommen werden können, erfahren Patienten zunächst über Flyer, die im Wartezimmer ausliegen und alle mit dem praxiseigenen Signet versehen sind. Sie informieren detailliert, sachlich und verständlich, geben Auskunft darüber, welche Behandlungen wann und für wen sinnvoll sein können, welchen Nutzen der Einzelne von ihnen hat. Konkret benannt werden auch die anfallenden Kosten. Vor der Leistung steht das persönliche Gespräch „Weiterführende Fragen werden im persönlichen Gespräch beantwortet.“ Dabei ist für den Arzt wichtig, dass das gesamte Team hinter den Leistungen steht und exakte Auskünfte geben kann. „Die Frage: ,Tue ich meinem Arzt damit nur einen Gefallen?‘ stellt sich überhaupt nicht, wenn der Patient sich über den Benefit vollkommen im Klaren ist.“ Tonn praktiziert seit zwei Jahrzehnten. Zu seinem Team gehören außer Dr. Annett Gerchel, die sich auf die Palliativmedizin spezialisiert hat, zwei Medizinische Fachangestellte (MFA) und zwei Auszubildende. Das ganze Team bemüht sich um Offenheit und Transparenz – sich selbst und den Patienten gegenüber. Gebe es Probleme, würden die möglichst am selben Tag besprochen, wobei das Recht der Kritik nicht nur den Ärzten zusteht. „Es gibt kein besseres Aushängeschild als Mitarbeiter, die mit Freude zur Arbeit kommen, die mitgestalten können und spüren, dass sie anerkannt werden.“ Zusatzvergütungen schaffen zufriedenes Praxisteam In der Magdeburger Praxis erfahren das die Angestellten nicht nur über freundliche, lobende Worte, sondern auch ganz konkret in einer zusätzlichen Leistungsvergütung. Einmal im Quartal zahlt Jörg Tonn seinen Mitarbeiterinnen Zuschläge, die zum einen vom erzielten Umsatz, zum anderen aber auch vom Stand der Ausbildung oder der Qualifizierung sowie der Praxiszugehörigkeit abhängig sind. „Die einzelnen Leistungen lege ich dabei nicht zugrunde, weil ich weiß, dass jede Mitarbeiterin ihr Bestes gibt. Sonst wäre sie auch gar nicht bei uns.“ Wichtig ist Tonn auch in diesem Punkt die Transparenz. Alle MFA sowie die Azubis wissen um die Höhe des zusätzlichen Verdienstes ihrer Kolleginnen. Das schiebe Neid und Missgunst von vornherein einen Riegel vor. Dem guten Klima in der Arztpraxis dienen zugleich die wöchentlichen Dienstbesprechungen, die jeweils mit einem kleinen fachlichen Referat einer Mitarbeiterin beginnen und bei denen alle aktuellen Belange „auf den Tisch“ kommen. Zweimal jährlich berät das Praxisteam gemeinsam, wo es vielleicht noch hakt und wohin die künftigen Wege führen sollen. „Wir überdenken hier auch unsere Leistungen und überlegen, was besser zu machen ist.“ IGeL-Angebote kommen mit auf den Prüfstand. Derzeit sind hier Akupunktur, Beratungen über Patientenvorsorge und der Labor-Check plus besonders gefragt. Etwa ein Dutzend Zusatzangebote stehen den Patienten zur Verfügung. Dazu gehören Früherkennungsuntersuchungen genauso wie Vitalisierungskuren, Kurse zur Raucherentwöhnung, Reisemedizin oder aber Untersuchungen der Tauchtauglichkeit.

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