Grenzenloses Arbeiten für Ärzte in der EU? Achtung: Bürokratie!

Das 650-Seelen-Dorf Durban in Südfrankreich hat ein großes Problem: Ärztemangel. Ein Glück, dass sich ein niederländisches Ärztepaar vor Ort niederlassen wollte. Doch die französische Ärztekammer erkannte die Weiterbildung der Internistin nicht an. Ein Schildbürgerstreich zulasten von Patienten auf dem Land: Laut europäischem Recht dürfen alle Ärztinnen und Ärzte, die in einem EU-Staat approbiert wurden, auch in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten. Denn eine EU-Richtlinie regelt seit 2005 die gegenseitige Anerkennung von Aus- und Weiterbildungsnachweisen. Doch so einfach ist es nicht immer, wie ein junges niederländisches Ärztepaar erfahren hat, das sich in einem südfranzösischen Dorf niederlassen wollte. Ihre Geschichte ist nicht nur traurig, sondern auch absurd, weil die Region von dramatischem Ärztemangel betroffen ist. Die Corbières sind ein Mittelgebirge, das unweit des Mittelmeeres zwischen Narbonne und Perpignan liegt. Schon vor mehr als zehn Jahren beschlossen dort Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Angehörige von Heilberufen, sich in einem multiprofessionellen Gesundheitshaus niederzulassen, das eine Vielzahl von Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten bietet. 2016 eröffnete die mit Unterstützung lokaler Politiker erbaute Einrichtung ihre Pforten im Dorf Durban, das rund 650 Einwohner hat. Ursprünglich arbeiteten dort vier Ärztinnen und Ärzte, eine Zahnärztin sowie mehrere Pflegekräfte und Krankengymnasten. Seitdem sind aber drei der vier Ärzte in den Ruhestand gegangen. Intensiv wurde seitdem nach Nachfolgern gesucht. Ein beauftragter Headhunter wurde im vergangenen Jahr fündig: Ein Ärztepaar aus den Niederländen war bereit, ein neues Leben in Durban anzufangen. Unterschiedliche Auslegung der Weiterbildung in der Endokrinologie Zunächst kam der aus Amsterdam stammende Hausarzt Dr. Allart Noé nach Durban, einige Monate später dann auch seine Ehefrau, Dr. Jennifer Ten Kulve, Internistin und Endokrinologin. Ihre Weiterbildung hat insgesamt sechs Jahre gedauert. Doch die nationale Ärztekammer in Frankreich, die für die Zulassung von aus dem EU-Ausland stammenden Ärzten zuständig ist, durchkreuzte ihre Pläne. In Frankreich sind Innere Medizin und Endokrinologie zwei unterschiedliche Fächer. Aus diesem Grund müssen die betroffenen Ärztinnen und Ärzte eine spezifische Weiterbildung absolvieren, um alle Leistungen erbringen zu dürfen. Obwohl Dr. Ten Kulve belegen konnte, dass sie sich nach ihrer internistischen Weiterbildung auch in der Endokrinologie weitergebildet hatte, beschied die Ärztekammer, dass ihre von niederländischen Fachgesellschaften ausgestellten Zertifikate in Frankreich ungültig seien. Nochmals vier Jahre Weiterbildung? Mit dieser Begründung revidierte die nationale Ärztekammer auch die anderslautende Entscheidung der regionalen Ärztekammer in Südfrankreich, die einige Monate zuvor der Niederlassung der Ärztin zugestimmt hatte. Wollte sie dennoch dort arbeiten, müsste Ten Kulve nochmals eine umfassende französische Weiterbildung absolvieren – ein Aufwand von vier Jahren, der für die junge Mutter von Zwillingen nicht in Frage kommt. Die im Dorf Durban praktizierende Zahnärztin Dr. Nathalie Richard, die jetzt zusammen mit einer aus Belgien stammenden Krankengymnastin das Haus leitet, zeigt sich enttäuscht und empört: Patienten und Kollegen seien mit Hausarzt Dr. Noé sehr zufrieden gewesen. Die Zukunft des Versorgungszentrums schien gesichert – das Ärztepaar plante bereits, in Durban ein Haus zu kaufen. „Sicher hat der Headhunter die Unterschiede in der Weiterbildung übersehen, aber ich finde es peinlich, dass die seit rund 20 Jahren bestehenden EU-Regelungen nicht mit der Zeit angepasst wurden. In unserer Region ist der Ärztemangel dramatisch und dennoch dürfen gut ausgebildete ausländische Kollegen aus solchen formalen Gründen nicht bleiben“, bedauert sie. Die Suche beginnt von Neuem Inzwischen ist das Paar in die Niederlande zurückgekehrt, wo Dr. Ten Kulve nun als Endokrinologin in einer Klinik arbeitet und ihr Ehemann in eine bestehende Hausarztpraxis einsteigen will. Die acht Monate in Durban seien eine schöne Zeit gewesen, resümiert er, doch nun sei „diese Geschichte vorbei“. Ab Oktober ist im Gesundheitszentrum des Dörfchens nur noch eine einzige Ärztin aktiv. Die Suche nach personeller Verstärkung muss von Neuem beginnen. Quelle: Ärzte Zeitung

Springer Medizin

Grenzenloses Arbeiten für Ärzte in der EU? Achtung: Bürokratie!

Neu im Fachgebiet Innere Medizin

Sintilimab mit positiven Ergebnissen bei fortgeschrittenem Magenkrebs

Erhöhtes Risiko für Aneurysmen und Dissektionen unter VEGFR-TKI

Krebs im Kopf- und Halsbereich: Überlebensnachteil in Ostdeutschland

Lassen sich altersassoziierte Erkrankungen via Bluttest vorhersagen?

Update Innere Medizin