QM kann Praxiskosten drücken

Dass QM hilft, Prozesse zu verbessern, gestehen selbst schärfste QM- Kritiker ein. Dass es aber auch hilft, die Praxiskosten zu drücken? Ein Beispiel zeigt: Es geht. Ist Qualitätsmanagement (QM) nur ein weiterer Kostenfaktor und bürokratischer Mehraufwand, oder bringt es den Praxen auch etwas – vor allem in finanzieller Hinsicht? Glaubt man Dr. Peter Kohlhas, dann sind erste positive Auswirkungen bereits zu spüren, während das praxisinterne QM noch im Aufbau ist. Der Kieferorthopäde aus Baden-Baden hat auch einige Beispiele parat. Die 13-köpfige Gemeinschaftspraxis, die Kohlhas gemeinsam mit seiner Ehefrau Dr. Claudia Obijou-Kohlhas führt, hat sich bewusst für externe Hilfe beim QM entschieden. Aus dem einfachen Grund, weil dann die Motivation und der Druck, das QM auch umzusetzen, größer seien. Kohlhas: „Die Idee war, dass sich ein externer Berater intensiver kümmert und dem Team Deadlines vorgibt.“ Dadurch entstehe auch ein entsprechender Zugzwang bei den Mitarbeitern. Wobei Kohlhas eingesteht: „Unsere Mitarbeiterinnen waren mit ihren Hausaufgaben immer am schnellsten fertig.“ In nur einem Jahr hat die Praxis das QM umgesetzt Und in der Tat, innerhalb von rund einem Jahr hat die Praxis ihr QM-System umgesetzt – und das relativ locker: Im September 2009 hatte die Praxis gemeinsam mit dem Baden-Badener Praxisberater Mike Peter angefangen, die ersten QM-Prozesse aufzunehmen. Seit Sommer 2010 läuft das QM nun, dabei gab es einmal monatlich ein Treffen mit dem Praxisberater, an dem aber hauptsächlich zwei Praxismitarbeiterinnen teilnahmen, die fürs QM federführend zuständig waren. Kohlhas selbst hat circa sechs Stunden in dem ganzen Jahr an Zeit für die Treffen investiert. Dafür habe es viel E-Mail-Verkehr gegeben. „Das hat sich bewährt“, so Kohlhas, denn die E-Mails konnten dann rasch von den Mitarbeiterinnen abgearbeitet werden. Nur 15 patientenbezogene Arbeitsabläufe hat die Praxis erfasst. Dazu kommen noch diverse Checklisten. Aber alles in allem sei das QM-Handbuch, das auf dem Praxis-Server hinterlegt ist – damit alle Teammitglieder jederzeit darauf zugreifen können – überschaubar. Viel wichtiger für die Praxis sind die Folgen des QM: Die meisten Effekte sind laut Kohlhas sofort zu spüren, ganz einfach weil man sich bewusst mache, dass etwas nicht so läuft, wie man es gerne hätte. In der kieferorthopädischen Praxis hat bislang vor allem eine Maßnahme sogar für Einsparungen gesorgt, ist sich Kohlhas sicher. Die Praxis hat feste Regeln für die Materialwirtschaft umgesetzt – und das Ganze EDV-gestützt. „Wir haben seither nichts mehr wegwerfen müssen.“ Und es passiere auch nicht mehr, dass Montagmorgen eine Mitarbeiterin mit den Worten „Herr Doktor wir haben das und das nicht mehr“ angelaufen komme, während der Patient längst in der Praxis stehe. Alle Bestände, alle Lieferanten und Produkte seien jetzt in der EDV hinterlegt, und es werde rechtzeitig aber eben auch nicht zu viel Material bestellt. Weil auch der Materialverbrauch besser erfasst werde. Kohlhas kann zwar nicht genau beziffern, wie hoch die Einsparung ist, aber gefühlt habe er das Beraterhonorar so wieder herausgeholt. Und er glaubt, dass sich auch an der Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) der Praxis die positiven Auswirkungen des QM ablesen lassen. Zudem sei das Praxisteam weniger gestresst. Denn neben dem besseren Materialmanagement sind nun die Verantwortlichkeiten klar geregelt sowie wichtige Aufgaben und Zusatzjobs auf mehrere Schultern verteilt. Und auch das Terminmanagement hat sich die Praxis vorgenommen. Zweimal im Jahr führe das Team an der Rezeption nun Messungen zu den Wartezeiten und Terminen durch. Dabei werde nicht nur gemessen, wie lange der Patient im Wartezimmer sitzt, sondern ebenso wie lange es dauere, bis ein Arzt zu ihm ins Behandlungszimmer komme. „Die Wartezeiten sind insgesamt deutlich gesunken“, sagt Kohlhas. Kennzahlen decken Fehlentwicklungen auf Für mehr Motivation hat zudem gesorgt, dass es nun jährliche Mitarbeitergespräche gibt, in denen über Ziele und Fortbildungswünsche gesprochen wird. Hier könne er seinen Mitarbeiterinnen aber auch sagen, wenn er glaubt, dass sie für eine gewünschte Schulung vielleicht nicht die geeignete Person seien. Einer der nächsten Schritte ist für Kohlhas, das sieht auch Mike Peter so, die Finanzierungs- und Investitionsplanung ins QM zu integrieren. Außerdem sollten Praxen für die relevanten Prozesse Kennzahlen einführen, rät Peter, der lizensierter KTQ®-Trainer und Inhaber des Beratungsunternehmens mpP in Baden-Baden ist. Denn je mehr Messwerte die Praxis habe, umso besser könne sie reagieren, da sich Fehlentwicklungen dann schneller auftun. Peter mahnt allerdings, flexibel mit dem Thema QM umzugehen. „Eine Praxis sollte nicht 1000 Dinge einführen, wenn sie nur zehn braucht“, sagt Peter. Wenn sich das Praxisteam nur mit den Dingen beschäftige, die auch relevant für die jeweilige Praxis seien, dann gehe das gesamte Team viel motivierter an das Thema QM heran. Und dann könne die Praxis auch vom QM profitieren. In der Praxis von Dr. Kohlhas wurde daher auch das QM-System KTQ® nicht einfach übernommen, sondern an die Praxis angepasst. Das Praxisteam von Dr. Peter Kohlhas hat sich aber genau deshalb auch eine kleine Hilfe für den Alltag überlegt: Alle PC-Arbeiten sind im QM-Handbuch mit Screenshots hinterlegt, und es gibt Fotos, auf denen die Mitarbeiterinnen genau sehen, wie sie für welche Behandlung eindecken müssen. Nicht zuletzt haben Mike Peter und das Praxisteam beim Notfallmanagement zum Beispiel festgestellt, dass für die kieferorthopädische Praxis kardiale Notfälle eher selten sind. Dafür muss die Praxis aber in einem anderen Notfall geübt reagieren: Etwa wenn einem Patienten oder einem Teammitglied Phosphorsäure in die Augen spritzt. Und genau der Umgang mit diesen praxisrelevanten Notfällen wurde dokumentiert. Lesen Sie dazu auch: Falsche Kalkulation bringt Ärzte in die Bredouille

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