Wie Arztpraxen aus Fehlern lernen

Aus Fehlern lernen kann nur, wer sich ihnen stellt: Im Rahmen des Projekts CIRSforte haben knapp 200 Praxen eine Anleitung erhalten, wie das funktioniert. Die Resonanz fällt positiv aus. Arztpraxen sollten noch stärker von internen Fehlerberichtssystemen Gebrauch machen. Dazu haben die Initiatoren des Projekts CIRSforte bei einem Fachsymposium am Mittwoch aufgerufen. „Wir wollen Fehlermanagement in den Praxen zum Leben erwecken und Praxisteams ermuntern, Berichts- und Lernsysteme mehr zu nutzen“, sagte Projektleiterin Dr. Beate Müller vom Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Erfahrungen aus dem Projekt zeigten, dass die Praxisteams Fehlermanagement als Gewinn empfänden und nicht als bürokratische Last, betonte Müller bei der Vorstellung des Abschlussberichts zu CIRSforte. Handlungsempfehlungen erarbeitet Dabei handelt es sich um ein vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) gefördertes Projekt für Arztpraxen. Es soll Praxisteams unterstützen, Berichts- und Lernsysteme – Critical Incident Reporting Systems (CIRS) – einzuführen oder weiterzuentwickeln. In Kliniken kommt CIRS bereits verpflichtend zum Einsatz. Für Arztpraxen ist das Angebot freiwillig. Ziel ist es, dass Fehler und Beinahe-Fehler anonym gemeldet werden können, um daraus zu lernen. Am Projekt CIRSforte nehmen knapp 200 Praxen teil. Wie viele der rund 100. 000 Praxen in Deutschland Fehlerberichtssysteme vorhalten, ist nicht erhoben. Partner von CIRSforte sind neben dem Institut für Allgemeinmedizin das Aktionsbündnis Patientensicherheit, die Techniker Kasse, das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin, die Asklepios Kliniken und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe. Im Rahmen von CIRSforte wurden Praxen Handlungsempfehlungen, Online-Schulungen und Workshops geboten. Außerdem ist eine Telefon-Hotline geschaltet. Ziel ist es auch hier, kritische Ereignisse und Risiken in Arbeitsabläufen schneller zu identifizieren und diese als Anlass für Verbesserungen zu nutzen. Bei Start der Interventionsphase des Projekts hätten 45 Prozent der beteiligten Praxen bereits ein Fehlerberichtssystem vorgehalten, nach Abschluss seien es über 90 Prozent gewesen, berichtete Müller. Die Berichtsqualität habe insgesamt zugenommen. Die Reporte seien übersichtlicher und dezidierter geworden. Die Rückmeldungen von Ärzten und MFA seien erfreulich positiv. „Arbeitsprozesse sind nicht langsamer geworden. Gelebtes Fehlermanagement ist unbürokratisch. Das ist ein Teil unseres Qualitätsmanagements geworden“, zitierte Müller einige der Reaktionen. Auch der Austausch unter den Praxen zur Fehlerkultur habe sich nahezu verdoppelt. Dr. Gregor Engelke, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aus Münster und einer der teilnehmenden Ärzte, sagte, weniger Komplikationen seien auch ein gutes Signal nach außen. Wichtig für eine funktionierende Fehlerkultur sei es, „nach der Ursache und nicht nach dem Verursacher zu suchen“. „Gewisse Müdigkeit breit gemacht“ Die Leiterin des Dezernats Versorgungsqualität bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Franziska Diel, betonte, ohne Überzeugung kriege man das Thema Fehlermanagement „nicht von der Stelle“. Dennoch habe sich in der Diskussion eine „gewisse Müdigkeit“ breitgemacht. „Das liegt auch daran, dass es bereits eine ganze Menge an Verfahren gibt.“ Bei der Mehrzahl der Praxen handele es sich um kleine Praxen. Es sei eine große Hürde, ein Berichts- und Lernsystem nach Feierabend zu bedienen. Susanne Haiber vom Verband medizinischer Fachberufe kritisierte, Fehlerkultur werde noch nicht so gelebt, wie es wünschenswert sei. „Es wird zu wenig nach der Ursache für einen Fehler gefragt.“ Das Patientenaufkommen in Praxen habe zuletzt stark zugenommen. „Bei Stress passiert mehr.“ >> Lesen Sie hier zudem einen Kommentar zur Fehlerkultur.

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