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13.10.2022 | Primär biliäre Cholangitis | Nachrichten

Ursodeoxycholsäure-Nonresponder

PBC: Obeticholsäure schützt vor Leberversagen

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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Patienten mit primär biliärer Cholangitis (PBC), die auf Ursodeoxycholsäure nicht gut ansprechen, profitieren im Hinblick auf klinische Parameter (Überleben, Zeit bis zur Lebertransplantation) langfristig von einer Behandlung mit Obeticholsäure. Das konnte eine hochwertige Studie mit internationaler Beteiligung jetzt erstmals nachweisen.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Die Erstlinientherapie der primär biliären Cholangitis (PBC) besteht in der Gabe von Ursodeoxycholsäure. Das Fortschreiten der Erkrankung bis hin zur Lebertransplantation kann damit in vielen Fällen hinausgezögert werden. Allerdings spricht ein erheblicher Teil der PBC-Patienten (in Studien bis zu 40%) nicht auf diese Therapie an. In solchen Fällen kann Obeticholsäure (OCA) eingesetzt werden, allerdings in Europa nur als Off-label-Therapie, da die Zulassung von der EU-Behörde EMA bislang nur unter Vorbehalt erteilt wurde (conditional regulatory approval). Für die uneingeschränkte Zulassung wäre ein Nachweis der klinischen Wirksamkeit erforderlich. Diesen konnte die zugrundeliegende POISE-Studie, in der nur Laborparameter (alkalische Phosphatase und Bilirubin) nach einem Jahr OCA-Therapie in einem randomisierten Design (versus Placebo) untersucht wurden, allerdings nicht liefern. Das Forscherteam um C. Fiorella Murillo Perez von der Universität Toronto hat daher ein Design ausgeklügelt, das den Vergleich klinischer Parameter wie das transplantationsfreie Überleben unter Wahrung ethischer Aspekte ermöglicht.

POISE-Studie erweitert und durch Kontrollarme ergänzt

Hierzu wurde die ursprünglich einjährige POISE-Studie durch eine Open-label-Phase auf insgesamt sechs Jahre erweitert, das heißt, nach einem Jahr wurden die Vergleichsgruppen „entblindet“ und alle Teilnehmenden, auch die der ursprünglichen Placebogruppe, erhielten 5 bis 10 mg OCA. Diesem „Behandlungsarm“ wurden nun zwei „Kontrollarme“ gegenübergestellt, die sich aus zwei großen PBC-Registern speisten:

  • Das Global PBC Registry lieferte Informationen zu 6484 PBC-Patienten aus 17 Leberzentren in Europa und den USA.
  • Aus dem UK PBC Registry stammten Daten zu 6900 PBC-Patienten aus 161 britischen Zentren.

OCA war in diesen beiden Kohorten explizit nicht zum Einsatz gekommen.

Risikoreduktion um relative 70%

Die Ergebnisse nach einer Beobachtungszeit von sechs Jahren zeichnen für beide Paarungen ein sehr ähnliches Bild: Für den zusammengesetzten primären Endpunkt, Lebertransplantation oder Tod, ergab sich eine jeweils rund 70%ige relative Risikoreduktion nach OCA-Therapie (POISE versus Global PBC: HR 0,29; POISE vs. UK PBC: HR 0,30). In der POISE-Kohorte (n = 209) waren insgesamt fünf solcher Ereignisse aufgetreten (zwei Transplantationen und drei Todesfälle), in der Global-PBC-Kohorte 135 (51 Transplantationen, 84 Todesfälle) und in der UK-PBC-Kohorte 281 (119 Transplantate, 162 Todesfälle). Dies entsprach Raten von 2,4%, 10,0% und 13,2%. Die Unterschiede zwischen dem Therapiearm einerseits und dem jeweiligen Kontrollarm andererseits waren signifikant. Zirrhosepatientinnen und -patienten schienen etwa in gleichem Maß von der OCA-Behandlung zu profitieren, wie eine Subgruppenanalyse ergab.

„Deutlich längeres ereignisfreies Überleben“

Auch beim sekundären Endpunkt, der den primären um das Kriterium „hepatische Dekompensation“ ergänzte, war die POISE-Kohorte dem Kontrollarm (in diesem Fall nur Patienten des Global-PBC-Registers) nach sechs Jahren signifikant überlegen (HR 0,42). „Das zeigt, dass Patienten, die unter Studienbedingungen mit OCA behandelt wurden, deutlich länger ereignisfrei überlebten als die Kontrollgruppe“, fassen die Forschenden das Ergebnis dieser Analyse zusammen. Als „dekompensiert“ hatte man Teilnehmende gewertet, die im Beobachtungszeitraum gastroösophageale Varizenblutungen, eine spontane bakterielle Peritonitis, einen unkontrollierbaren Aszites oder eine hepatische Enzephalopathie erlitten hatten.

Wie Murillo Perez und ihr Team betonen, hatten sie für die Kontrollgruppen explizit Patientinnen und Patienten ausgewählt, die den Ein- bzw. Ausschlusskriterien von POISE entsprachen. Um die Vergleichbarkeit weiter zu optimieren, hatte das Team außerdem statistische Verfahren wie das Propensity Scoring und das Inverse Proportional Treatment Weighting angewendet.

„Unsere Studie ist die erste, die zeigen konnte, dass die Behandlung mit Obeticholsäure mit einer Reduktion von Todesfällen, Lebertransplantationen und hepatischer Dekompensierung assoziiert ist“, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Ziel der Behandlung sei es, Ereignisse wie hepatische Dekompensation, Transplantation und Tod zu verhindern und nicht, Biomarker zu verbessern, die solche Ereignisse vorhersagen.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Zeit bis zur Notwendigkeit einer Lebertransplantation oder bis zum Tod bei Patientinnen und Patienten mit primär biliärer Cholangitis (PBC), die im Rahmen der erweiterten POISE-Studie Obeticholsäure (OCA) erhielten, im Vergleich zu Teilnehmenden mit ähnlichen Charakteristika aus zwei Registerstudien, in denen keine OCA-Therapie stattgefunden hatte. 

Antwort: Die OCA-Gruppe war nach sechs Jahren sowohl im primären Endpunkt (Lebertransplantation oder Tod) als auch im sekundären Endpunkt, der darüber hinaus eine hepatische Dekompensation beinhaltete, der jeweiligen Kontrollgruppe signifikant überlegen (Hazard Ratio, HR 0,3 bzw. 0,4).

Bedeutung: Patienten, die auf Ursodeoxycholsäure nicht gut ansprechen, profitieren von einer OCA-Therapie mit einem geringeren Risiko für Lebertransplantation, Tod und hepatische Dekompensation.

Einschränkung: Kein randomisiertes Design; Kontrollgruppen basieren auf Registern; für die POISE-Studie wurden möglicherweise Patienten in schlechterem Zustand ausgewählt; sehr geringe Ereigniszahlen im Therapiearm.

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Literatur

Murillo Perez CF et al. Greater Transplant-free Survival in Patients Receiving Obeticholic Acid for Primary Biliary Cholangitis in a Clinical Trial Setting Compared to Real-World External Controls. Gastroenterology 2022; https://doi.org/10.1053/j.gastro.2022.08.054

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