Seladelpar – kann bei primär biliärer Cholangitis Juckreiz und Entzündung reduzieren

Die Behandlungsmöglichkeiten bei primär biliärer Cholangitis (PBC) waren bislang stark limitiert – vor allem für Betroffene, die auf die Therapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) unzureichend ansprechen oder diese nicht vertragen. Seladelpar von Gilead Sciences kann diese Lücke bei den durch die hohe Symptomlast beeinträchtigten Erkrankten jetzt schließen. Seladelpar erhöht als Agonist des PPAR-δ unter anderem die Menge an FGF21, was via JNK-Signaling zu reduzierter Gallensäureproduktion führt und so die Leber schützt. Gilead Sciences GmbH Die PBC ist eine chronische, autoimmun vermittelte Lebererkrankung, die durch eine fortschreitende Zerstörung der intrahepatischen Gallengänge entsteht und zu Cholestase, Fibrose, Zirrhose und schließlich zu Leberversagen führen kann. Von PBC sind überwiegend Frauen ab dem mittleren Lebensalter betroffen. Es gibt Hinweise auf eine multifaktorielle Ätiologie der Erkrankung, die genetische Prädisposition, Umweltfaktoren und eine mögliche hormonelle Komponente einschließt. Quälende Symptome In einem frühen Krankheitsstadium sind die Betroffenen oft asymptomatisch; die Diagnose wird oft nur zufällig gestellt, weil bei Routineuntersuchungen auffällige Leberwerte entdeckt werden. Symptome können jedoch in jedem Stadium der Erkrankung auftreten und individuell stark variieren. Die Erkrankung kann langsam fortschreiten, aber auch rasch progredient sein. Ein großer Teil der Betroffenen leidet unter starkem, anhaltendem Pruritus, der nicht zuletzt den Schlaf stört und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Auch Fatigue tritt häufig auf, korreliert aber nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung; daneben kommen Mund- und Augentrockenheit vor. Viele Symptome bzw. Komorbiditäten sind Ausdruck der Cholestase, einer Leberfunktionsstörung oder einer Zirrhose, darunter Schmerzen im rechten Oberbauch, Splenomegalie, Xanthelasmen und Xanthome sowie Osteoporose. Patientinnen und Patienten mit PBC können zudem – wenn auch selten – weitere Autoimmunkrankheiten wie rheumatoide Arthritis oder systemischen Lupus erythematodes entwickeln. Oft kein gutes UDCA-Ansprechen Bislang ist die PBC nicht heilbar und bedarf einer lebenslangen Therapie, deren Ziel es ist, die Krankheitsprogression zu verzögern, krankheitsbedingte Symptome zu lindern und Komplikationen zu verhindern. Leitliniengerecht ist die Erstlinientherapie mit UDCA, die eine Krankheitsprogression in vielen Fällen verlangsamen kann [1]. Allerdings sprechen etwa 40 Prozent der PBC-Betroffenen nur unzureichend auf UDCA an und circa fünf Prozent vertragen die Behandlung nicht. Angesichts des chronisch-progressiven Verlaufs der PBC kommt der Suche nach effektiven, sicheren und zielgerichteten Therapiealternativen deshalb nach wie vor große Bedeutung zu. Eine solche neue Behandlungsoption ist das seit März 2025 in Deutschland verfügbare Seladelpar (Lyvdelzi®), ein selektiver Agonist des PPAR (Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor)-δ, der auf mehrere Prozesse der PBC und die beteiligten Zelltypen abzielt. Seladelpar wird angewendet zur Behandlung der PBC in Kombination mit UDCA bei Erwachsenen, die nicht ausreichend auf UDCA allein ansprechen, oder als Monotherapie, wenn UDCA nicht vertragen wird [2]. Zulassungsstudie RESPONSE Zulassungsrelevant für Seladelpar waren unter anderem Daten der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Phase-III-Studie RESPONSE [3]. Darin wurden die Wirksamkeit und Sicherheit des PPAR-δ-Agonisten über die Dauer von zwölf Monaten bei 193 erwachsenen Patientinnen und Patienten mit PBC untersucht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten randomisiert im Verhältnis 2:1 entweder Seladelpar (10 mg oral, 1× täglich; n=128) oder Placebo (n=65). 181 Patientinnen und Patienten (94 Prozent) hatten vorher auf UDCA allein nicht ausreichend angesprochen und erhielten darum Seladelpar oder Placebo in Kombination mit UDCA. Zwölf Personen (sechs Prozent) erhielten Seladelpar oder Placebo aufgrund einer Unverträglichkeit gegenüber UDCA als Monotherapie [3]. Den primären Endpunkt, das kombinierte biochemische Ansprechen, erreichten 61,7 Prozent der mit Seladelpar Behandelten im Vergleich zu 20,0 Prozent in der Placebogruppe (p<0,001). Signifikant häufiger konnte eine Normalisierung des ALP (Alkalische Phosphatase)-Werts beobachtet werden: bei 25,0 Prozent der mit Seladelpar Behandelten gegenüber 0,0 Prozent unter Placebo (p<0,001) [3]. Produktion von Gallensäuren effektiv gedrosselt Seladelpar ist der erste und einzige selektive Agonist des PPAR (Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor)-δ. Dieser nukleäre Rezeptor spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung verschiedener Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse in der Leber. Die Aktivierung von PPAR-δ führt unter anderem dazu, dass die Hepatozyten mehr FGF21 (Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21) produzieren und freisetzen. Dieses Peptidhormon aktiviert wiederum den JNK (c-Jun-N-terminale Kinase)-Signalweg. Dadurch kommt es zur Herunterregulierung von CYP7A1 (Cholesterin-7a-Hydroxylase), dem Schlüsselenzym für die Gallensäuresynthese aus Cholesterin. In der Folge wird die Gesamtproduktion von Gallensäuren verringert. Diese Wirkungen führen zu einer niedrigeren Exposition der Leber gegenüber Gallensäure und zu verminderten Konzentrationen der zirkulierenden Gallensäure. Darüber hinaus verringert Seladelpar die Menge der proinflammatorischen Makrophagen. Deutliche Pruritus-Verbesserung Zudem wurde unter Seladelpar im Vergleich zu Placebo bei Patientinnen und Patienten mit moderatem bis schwerwiegendem Pruritus nach sechs Monaten eine signifikante Symptomreduktion gegenüber dem Ausgangswert erzielt (ermittelt anhand einer numerischen Bewertungsskala; p<0,005). In der Gesamtstudienpopulation reduzierte die Behandlung mit Seladelpar darüber hinaus das pruritogene Zytokin Interleukin-31 bis Monat 12 [3]. Die Therapie mit Seladelpar wurde gut vertragen, unerwünschte Ereignisse, die zu einem Behandlungsabbruch führten, traten selten auf (3,1 Prozent versus 4,6 Prozent unter Placebo). Zu den unerwünschten Ereignissen unter Seladelpar gehörten Kopfschmerzen, Übelkeit, Abdominalschmerzen und abdominelle Distensionen [3]. (wed) Über Gilead Branche Die kalifornische Biotechfirma Gilead Sciences hat in den knapp 40 Jahren ihres Bestehens (Gründungsjahr ist 1987) bereits mehrfach mit Pharma-Innovationen von sich reden gemacht: etwa als Anbieter eines breiten Produktportfolios gegen HIV/AIDS, als Entwickler kausaler HCV-Therapeutika oder als einer der ersten Hersteller einer CAR-T-Zelltherapie gegen das B-Zell-Lymphom. Indikationsschwerpunkte sind virale Infektionskrankheiten, Krebs sowie entzündliche und autoinflammatorische Erkrankungen. In Deutschland ist das Unternehmen seit 1991 mit eigener Landesgesellschaft und mehr als 300 Beschäftigten in München vertreten. Weltweit arbeiten für den Konzern aus Foster City 17.600 Personen. Umsatz und Gewinn Für 2024 werden Gesamteinnahmen von circa 28,8 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro) berichtet. Ungewöhnlich hohe Kosten für erworbene immaterielle Forschungswerte sowie Abschreibungen auf F&E-Projekte verzerren aktuell das Bild der Ertragskraft: Für 2024 werden nach Steuern 480 Millionen Dollar Gewinn ausgewiesen (Vorjahr: 5,7 Milliarden Dollar). F&E-Ausgaben In eigene Produktentwicklungen flossen 2024 circa 5,9 Milliarden Dollar. Pipeline Stand April 2025 werden 60 laufende klinische Programme gemeldet, 22 in Phase I, 20 in Phase II und 16 in Phase III. Bis Mitte der 2030er-Jahre könne es „bis zu neun Produktlaunches“ im Indikationsgebiet HIV geben, heißt es. Im Indikationsgebiet Krebs wird an mehreren neuen Zelltherapien gearbeitet sowie unter anderem an Labelerweiterungen für das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab govitecan (Trodelvy®). Bereits in Phase III sind außerdem Versuche mit dem TIGIT-Antikörper Domvanalimab gegen Magen-Darm-Krebs und nicht kleinzelliges Lungenkarzinom. (cw) >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis

Springer Medizin

Seladelpar – kann bei primär biliärer Cholangitis Juckreiz und Entzündung reduzieren

Weiterführende Themen

Die Kandidaten für Arzneimittelinnovationen 2025

Kategorie "Primary Care"

Kategorie "Specialist Care"

Kategorie "Orphan Drugs"