Kortikoid lindert schwere IgA-Nephropathie

Eine Behandlung mit Methylprednisolon bei ausgeprägter IgA-Nephropathie ermöglicht offenbar einen guten Nierenschutz: Damit kam es in einer kontrollierten Studie nur halb so oft zu einer markanten Verschlechterung der Nierenfunktion wie unter Placebo. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Was eine Glukokortikoidtherapie bei ausgeprägter IgA-Nephropathie bringt, ist noch immer umstritten. Studien lieferten dazu bislang eher widersprüchliche Resultate. In der randomisiert-kontrollierten Studie STOP-IgAN mit 32 deutschen Nephrologiezentren und 300 Patientinnen und Patienten ergaben sich im Laufe von drei Jahren keine Vorteile bei der Nierenfunktion im Vergleich zum Kontrollarm mit konsequenter supportiver Therapie. Hier ließ sich bereits mit der supportiven Behandlung die Progression der Erkrankung bremsen, zudem kam es unter der Kortikoidbehandlung vermehrt zu Nebenwirkungen wie Infekten, gestörter Glukosetoleranz und Gewichtszunahme. Eine aktuelle Studie deutet nun jedoch auf einen Nutzen der Kortikoidbehandlung: Im Laufe von über vier Jahren wurde die Rate an markanten Funktionsverschlechterungen, Nierenversagen, Dialysepflicht und renal bedingten Todesfällen im Vergleich zu Placebo fast halbiert. Diesen Schluss ziehen Nephrologen und Nephrologinnen um Dr. Jicheng Lv von der Uniklinik in Peking aus der deutlich größeren internationalen randomisiert-kontrollierten Studie TESTING (The Therapeutic Effects of Steroids in IgA Nephropathy Global). Dosisreduktion aufgrund schwerer Infekte Teilgenommen haben 503 Patientinnen und Patienten mit einer per Biopsie bestätigten IgA-Nephritis, einer eGFR zwischen 20 und 120 ml/min/1,73 m2 sowie einer Proteinausscheidung über den Urin von mehr als 1 g pro Tag. Bei einer solche Ausprägung wird auch in Deutschland in der Regel eine Kortikoidtherapie empfohlen. Vor Beginn der eigentlichen Behandlung wurde bei allen Beteiligten für bis zu zwölf Wochen die supportive Therapie optimiert. Die Ärzte und Ärztinnen nahmen nur Erkrankte auf, die dann unter einer intensiven RAAS-Hemmer-Behandlung noch eine Proteinurie über 1 g/d aufwiesen. In STOP-IgAN lag dieser Grenzwert mit 0,75 g/d etwas niedriger. Rund die Hälfte bekam nun das Kortikoid, die übrigen erhielten Placebo. Die Methylprednisolondosis orientierte sich an der Nierenfunktion und lag zu Beginn im Jahr 2012 im Bereich von 0,6–0,8 mg/kg/d, wurde später aber aufgrund von Nebenwirkungen – unter anderem drei infektionsbedingten Todesfällen – auf 0,4 mg/kg/d reduziert. Ab dem Jahr 2017 erhielten die Patientinnen und Patienten im Kortikoidarm nur noch die niedrigere Dosis, insgesamt wurde rund die Hälfte im Kortikoidarm niedrigdosiert behandelt. Die Therapie mit der geplanten Dosis dauerte zwei Monate und wurde anschließend über fünf bis sieben Monate langsam ausgeschlichen. Risikoreduktion von 47% An der Studie beteiligt waren Zentren in China, Australien, Indien, Kanada, und Malaysia, drei Viertel der Patientinnen und Patienten stammten jedoch aus China, nur 5% waren kaukasisch. Etwa die Hälfte hatte eine Hypertonie, nur wenige einen Diabetes (3%), was sicher auch am relativ niedrigen Alter lag (im Schnitt 38 Jahre). Der eGFR-Wert betrug zu Beginn im Mittel rund 60 ml/min/1,73 m2, die Proteinurie 2,5 g/d. Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der hohen Dosis wurden im Schnitt über 5,7 Jahre, solche mit der niedrigen Dosis über 2,6 Jahre nachbeobachtet. Den primären Endpunkt, bestehend aus einer eGFR-Reduktion um mindestens 40%, einer terminalen Niereninsuffizienz mit Dialyse oder Organtransplantation oder einem renal bedingten Tod, erreichten knapp 29% im Kortikoid-, aber 43% im Placeboarm, was einer Risikoreduktion von 47% unter der Kortikoidtherapie entspricht. Der Nutzen schien mit der niedrigen Dosis tendenziell noch etwas größer zu sein als unter der hohen (73% versus 42% Risikoreduktion), auch profitierten eher Teilnehmer außerhalb von China. Eine terminale Niereninsuffizienz trat bei knapp 20% mit dem Kortikoid und 27% unter Placebo auf, woraus sich eine Risikoreduktion von rund 40% ergibt. Mit der Kortikoidtherapie beobachteten die Ärztinnen und Ärzte um Lv eine jährliche eGFR-Verschlechterung um 2,5 ml/min, unter Placebo waren es 5,0 ml/min, auch die Proteinurie war unter dem Kortikoid weniger stark ausgeprägt. Dem Nutzen stand eine höhere Rate ernster Nebenwirkungen entgegen. Hauptsächlich waren dies mehr infektionsbedingte Klinikeinweisungen unter dem Kortikoid (25 versus 7). Vier Personen starben an solchen Infekten, alle hatten Kortikoide erhalten. Die meisten schweren Infekte traten jedoch unter der Hochdosistherapie auf. Die Unterschiede zur STOP-IgAN-Studie begründen die Forscherinnen und Forscher um Lv mit der längeren Laufzeit von TESTING, auch könnten unterschiedliche Patientencharakteristika von Bedeutung sein: In STOP-IgAN waren die Nephropathiekranken im Schnitt rund sechs Jahre älter, deutlich dicker und stammten zumeist aus Deutschland. Für Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland könnten diese Resultate daher nach wie vor relevanter sein. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was bringt eine Kortikoidtherapie bei IgA-Nephropathie? Antwort: Die Krankheitsprogression ließ sich damit in einer großen kontrollierten Studie deutlich bremsen. Bedeutung: Für Patientinnen und Patienten mit ausgeprägter IgA-Nephropathie sind Glukokortikoide eine Option. Einschränkung: Nebenwirkungen führten in der Studie zu einer Dosisreduktion.

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