Handchirurgie Scan 2012; 01(01): 15-16
DOI: 10.1055/s-0032-1309486
Diskussion
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Endoprothetik bei Rhizarthrose - Prothese mit hoher Komplikationsrate

Orthopäden aus Spanien berichteten kürzlich über relativ schlechte Erfahrungen mit dem trapeziometacarpalen Gelenkersatz Elektra® bei Sattelgelenkarthrose. Nach 2 Jahren waren nur etwa bei der Hälfte der Implantate keine Komplikationen aufgetreten. Die meisten Probleme bereitete die Trapezpfanne. Die Autoren verwenden dieses Device seitdem nicht mehr und raten auch anderen davon ab.
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Publication History

Publication Date:
08 November 2012 (online)

J Hand Surg Eur. 2012; 37: 130 – 137

Zur Behandlung der Daumensattelgelenkarthrose wird die Trapezektomie mit Bandrekonstruktion und Interposition der Sehne breit und mit Erfolg eingesetzt. Auch Endoprothesen wurden entwickelt. Eine Reihe zementfixierter und zementfreier Prothesen haben insgesamt bessere funktionelle Ergebnisse gebracht als die Sehnen-Interpositions-Arthroplastie – bei schnellerer Erholung.

Erste Berichte über die trapeziometacarpale zementfreie Kopf-und-Sockel-Prothese Elektra® waren widersprüchlich. Die Prothese besteht aus einem metacarpalen mit Hydroxylapatit beschichteten Titanstamm, einer konusförmigen Chrom-Kobalt-Pfanne mit einem Gewinde aus Hydroxylapatit zur Verankerung im Knochen als Trapezkomponente sowie modularen Kopf- und Halsteilen aus Chrom-Cobalt. P. Hernández-Cortés et al. analysierten die klinischen und radiografischen Ergebnisse, 2 Jahre nach Implantation von 19 Elektra® Prothesen, in einer longitudinalen Kohortenstudie. Indikation für den Eingriff war eine Arthrose des Trapeziometacarpalgelenks (Eaton-Stadium II oder III). Als klinische Parameter testeten die Autoren den QuickDASH-Score, ein 11-Punkte-Fragebogen zur Handfunktion, die Kraft des Zangengriffs und die Beweglichkeit. Bei Patienten mit persistierenden Schmerzen oder Verdacht auf Prothesenlockerung wurden auch Radionukliduntersuchungen durchgeführt.

er QuickDASH-Score nahm von 69 auf 38 Punkte ab (p < 0,001), der Schmerz-Score von 8,4 auf 4,6 (p < 0,001). Die Greifkraft betrug nach 2 Jahren 68 % des präoperativen Werts. Vier Patienten entwickelten aufgrund des gewählten dorsalen Zugangs eine Dysästhesie durch eine Schädigung des oberflächlichen Ast des N. radialis. Eine schwere Algodystrophie mit sekundärer Versteifung der Hand bekam 1 Patient.

Seit der frühen postoperativen Phase hatten 9 Patienten Schmerzen im Trapeziometacarpalgelenk und entwickelten später eine radiografische Osteolyse um die Trapezkomponente des Implantats. Dass die Symptome so früh auftraten, spricht dafür, dass die Ursache für die Probleme mehr eine mangelhafte Osseointegration als eine aseptische Lockerung ist. Als mögliche Ursache sehen die Autoren das Gewinde auf der Trapezkomponente. Bei 3 Patienten kam es zur Migration der Trapezkomponente, die eine Revision erforderlich machte, bei 1 weiteren Patienten ein chirurgischer Eingriff wegen einer periprosthetischen Fraktur.

Fazit

Nur in 10 Fällen gab es keine Zeichen eines Implantatversagens. Das Operationsteam hatte sehr viel Erfahrung mit anderen Prothesen. Deshalb kann die hohe Versagerquote sicher nicht mit der „Lernkurve“ erklärt werden, so die Autoren.

Dr. Angelika Bischoff, Planegg

Kommentar

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Prof. Dr. Wolfgang Daecke, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Klinikum Frankfurt Höchst, Gotenstr. 6 – 8, 65929 Frankfurt am Main

Die Studie von Hernandez et al. zur Elektraprothese ist ein weiteres Beispiel für die bestehende Problematik der Endoprothetik am Daumensattelgelenk (DSG). Bereits seit 1973 werden Prothesen für das DSG angeboten, weiterentwickelt oder modifiziert. Trotzdem werden immer wieder Studien publiziert, die eine sehr ernüchternde Standzeit der DSG-Prothesen aufweisen. Wie ist die kurze Standzeit der Endprothetik am DSG zu erklären?

Die biomechanische Konstellation am DSG stellt sich sehr komplex dar. So besteht am DSG eine Rotationsgleitbewegung, welche ein ovaleres Rotationszentrum aufweist. Die Reduktion des Rotationszentrums auf einen Punkt, wie dies durch die Kugelkopfprothese erfolgt, führt zu sehr hoher Belastung auf die Prothesenverankerung. In einer biomechanischen Doktorarbeit von Roseneck konnte gezeigt werden, dass bei einem kräftigen Daumengriff die Scheerbelastung auf die Pfannenverankerung in einer Größenordnung von 20 kg liegt und die axiale Belastung bis zu 100 kg betragen kann. Es verwundert daher nicht, dass bei entsprechend hohen Belastungen besondere Anforderungen an eine solide Pfannenverankerung bestehen. Zu berücksichtigen ist auch, dass am DSG keine präformierte sklerosierte Verankerungsfläche wie z. B. an der Hüfte besteht, sondern die überwiegende Krafteinleitung auf die weniger belastbare Spongiosa erfolgen. Es ist somit zu vermuten, dass weiterhin ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit der Pfannenverankerung besteht und somit die hohe Lockerungsrate zumindest zum Teil erklärt werden kann.

Auch die Problematik des Prothesenmaterials hinsichtlich der Osteointegration und der Tribologie ist am Daumen noch nicht gelöst. Von der Endoprothetik der großen Gelenke ist bekannt, dass eine Hydroxylapatit-Titan-Knochen-Verankerung eine sehr erfolgreiche Materialkombination darstellt, welche in der vorliegenden Studie zur Anwendung kam. Im Gegensatz dazu ist jedoch die Materialkombination der Gleitpartner bei der Elektraprothese als kritisch zu bewerten. Die aktuelle Diskussion über die Kappenprothese der Hüfte mit ihrer ausgedehnten Granulombildung bis hin zum Pseudotumor ist allgegenwärtig. In dem Fall der Elektraprothese wird ebenso wie bei der Kappenprothese, eine Metall-Metallgleitpaarung verwendet, die zu einer deutlichen Metallose führt, wie diese bei eigenen Revisionsfällen der Elektraprothese vorlag. Die frühzeitige Prothesenlockerung ist somit auch Folge der Granulombildung aufgrund einer ungünstigen Gleitpaarung.

Aufgrund der aufgeführten Problematik stellt sich daher die Frage, welche Vorteile eine Endoprothetik am DSG gegenüber den bewährten Resektionsarthroplastiken überhaupt aufweist. Wie in der Studie von Hernandez et al. erwähnt, wird der Endoprothetik eine kürzere Rehabilitationszeit und ein besserer Bewegungsumfang gegenüber der Resektionsarthroplastik zugesprochen, jedoch ohne wissenschaftlichen Nachweis. Somit überwiegen gegenwärtig die nachgewiesenen Nachteile der DSG-Endoprothetik gegenüber den potenziellen Vorteilen im Vergleich zur Resektionsarthroplastik. In Konsequenz erfordert die Endprothetik am DSG noch eine grundlegende Entwicklungsarbeit, bevor eine allgemeine Empfehlung zur Prothesenimplantation bei der Rhizarthrose ausgesprochen werden kann.

Literatur beim Verfasser

E-Mail: Wolfgang.Daecke@kgu.de


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