Handchirurgie Scan 2012; 01(01): 35-36
DOI: 10.1055/s-0032-1325716
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Nervenkompressionssyndrome
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Sozioökonomische Benachteiligung: Epidemiologie beim Karpaltunnelsyndrom

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Publication Date:
08 November 2012 (online)

Das Karpaltunnelsyndrom gehört zu den häufigsten Neuropathien, die berichteten Inzidenzen liegen zwischen 0,125 % und 1,0 %, mit einer Prävalenz von bis zu 16 %. Bereits 1974 wurde eine Verbindung zwischen den sozioökonomischen Verhältnissen und dem Auftreten der Krankheit beschrieben. Die Gruppe um Jenkins untersuchte nun für Großbritannien, ob ein Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Deprivation und Inzidenz, Schwere der Symptomatik und assoziierten Risikofaktoren eines Karpaltunnelsyndroms besteht.

Bei Personen mit sozioökonomischer Benachteiligung ist die Wahrscheinlichkeit für ein bilateral ausgeprägtes Karpaltunnelsyndrom (KTS) und Vorliegen eines schlechteren DASH-Scores (Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand) höher, als bei Patienten ohne diese Benachteiligung. Das hat die britische Arbeitsgruppe bei der Auswertung zwischen November 2004 und Mai 2010 prospektiv erhobener Daten in einer Population von mehr als 360.000 Personen festgestellt. Die sozioökonomische Deprivation wurde mithilfe des Scottish Index of Multiple Deprivation (SIMD) 2009 beurteilt. Der SIMD kombiniert insgesamt 38 Indikatoren für eine Deprivation in 7 Gruppen: Einkommen, Beschäftigungsverhältnis, Gesundheit, Ausbildung, Fachkompetenzen, Wohnverhältnisse, geografische Erreichbarkeit und Kriminalität.

In einem 6-Jahres-Zeitraum wurde bei insgesamt 1564 Pateinten ein KTS neu diagnostiziert, entsprechend einer jährlichen Inzidenz von 72 / 100.000 Einwohnern. Dabei fand sich in der Gruppe mit dem höchsten Deprivationsgrad gemäß SIMD auch die höchste Inzidenz des KTS: 81 / 100.000 Einwohner gegenüber 62 / 100.000 in der Gruppe mit der geringsten Deprivation (Odds Ratio 1,3; p = 0,003). Ein bilaterales KTS fand sich häufiger in Gruppen mit hohem Deprivations-Index, verglichen mit Gruppen mit niedrigerem Index. Auch der präoperative DASH-Score war in der Gruppe mit der stärksten Benachteiligung am höchsten, entsprechend einer schwerer empfundenen Symptomatik. Allerdings zeigte sich bei objektiven Parametern wie etwa der Nervenleitgeschwindigkeit kein signifikanter Unterschied.