Gesundheitswesen 2002; 64(12): 657-663
DOI: 10.1055/s-2002-36461
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Schulanfängerstudie in West- und Ostdeutschland (SAWO): Trends von Allergien und Sensibilisierungen 1991-2000

Studying School Beginners in Western and Eastern Germany: Allergy Trends and Sensitisations 1991-2000U. Krämer1 , 2 , E. Link1 , H. Oppermann3 , U. Ranft1 , T. Schäfer4 , B. Thriene3 , H. Behrendt2 , J. Ring5
  • 1Institut für Umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • 2Zentrum für Allergie und Umwelt an der Klinik für Dermatologie und Allergologie TU München
  • 3Landesuntersuchungsamt für Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt
  • 4Institut für Sozialmedizin am Universitätsklinikum Lübeck
  • 5Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der TU München
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Publication Date:
07 January 2003 (online)

Zusammenfassung

Ziel: Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, ob Allergien und Sensibilisierungen zwischen 1991 und 2000 bei Kindern aus Ostdeutschland steiler ansteigen als bei Kindern aus Westdeutschland, wie es vermutet worden war.

Methodik: Zwischen 1991 und 2000 befragten wir im Rahmen der Studie SAWO (Schulanfängerstudie West/Ost) 36 645 Eltern von Schulanfängern mit einer Beteiligungsquote von 79 % nach ärztlichen Diagnosen von Allergien und nach Symptomen dieser Erkrankungen bei ihren Kindern. Untersuchungsorte waren Leipzig, Halle, Merseburg, Magdeburg, Orte in der Altmark, Duisburg, Essen, Köln, Borken und Augsburg. Untersuchungszeit war das Frühjahr der entsprechenden Jahre. Die Befragungen erfolgten in Ostdeutschland im Jahresrhythmus. Alle drei Jahre wurden sie durch allergologische Spezialuntersuchungen ergänzt, bei denen Hautärzte ein atopisches Ekzem diagnostizierten und einen Hauptpricktest durchführten (n = 7229). Weiterhin wurde Blut abgenommen zur Bestimmung der Konzentrationen spezifischer IgE-Antikörper gegen Inhalationsallergene (n = 7714, RAST). Odds Ratios (OR) für den 10-Jahrestrend wurden in Ost- und Westdeutschland getrennt bestimmt und sind zusammen mit ihrem 95 %-Konfidenzintervall angegeben.

Ergebnisse: Allergien und deren Symptome (Ausnahme: atopisches Ekzem) waren bei Kindern, die vor der Wende in Ostdeutschland geboren wurden, weniger häufig als in Westdeutschland. Die Diagnose „Bronchialasthma” wurde in Ost- wie in Westdeutschland zwischen 1991 und 2000 zunehmend häufiger gestellt (OR Ost: 2,42 [1,78-3,28] West: 2,07 [1,43-3,00]). Ein atopisches Ekzem dagegen wurde von den Hautärzten am Tag der Untersuchung im Jahre 2000 im Osten wie im Westen weniger als halb so oft festgestellt wie noch im Jahre 1991. Von allen untersuchten atopischen Krankheitsbildern nahmen nur Heuschnupfendiagnosen (OR Ost: 4,41 [3,17-6,13] West: 1,74 [1,19-2,57]) und Symptome eines Heuschnupfens in Ostdeutschland deutlicher als in Westdeutschland zu. Dies ist zu einem Teil auf einen nur in Ostdeutschland zunehmenden Trend bei ausgeprägten Sensibilisierungen gegen Gräserpollen zurückzuführen.

Schlussfolgerung: Die allergischen Erkrankungen Bronchialasthma, Heuschnupfen und Ekzem weisen in Deutschland bei sechsjährigen Kindern räumliche und zeitliche Muster auf, die voneinander unterschiedlich sind. Nur der Heuschnupfen zeigt die erwartete stärkere Zunahme im Osten, verglichen mit der im Westen Deutschlands.

Abstract

Aim: Aim of the study is to examine the hypotheses of a steeper increase in allergies and allergic sensitisations in East than in West German children between 1991 and 2000.

Method: Between 1991 and 2000 we yearly repeated cross-sectional studies (SAWO: Study on school beginners) and asked 36,645 parents about diagnoses and symptoms of allergies in their six-year old children (response: 79 %). The study was done in Leipzig, Halle, Merseburg, Magdeburg, small towns in the Altmark region, Duisburg, Essen, Köln and Borken during spring. An allergological investigation was included 1991, 1994, 1997 and 2000. Dermatologists diagnosed a prevalent atopic eczema, administered a skin prick test (n = 7,229) and blood was taken for the determination of specific IgE antibodies against common allergens (n = 7,714, RAST). Odds Ratios (OR) for trend were calculated separately for the data from East and West Germany and are given along with their 95 % confidence intervals.

Results: Allergies and their symptoms (exception: atopic eczema) were less prevalent in East German children born before the reunification than in West German ones. In East as well as in West Germany bronchial asthma was diagnosed more often in 2000 than in 1991 (OR East: 2.42 [1.78-3.28] West: 2.07 [1.43-3.00]). In contrast the prevalence of atopic eczemas was more than halved between 1991 and 2000. Of all symptoms and diagnoses of allergies only hay fever and its symptoms showed an upward trend in East Germany which was steeper than the trend in West Germany (OR East: 4.41 [3.17-6.13] West: 1.74 [1.19-2.57]). This can partly be explained by a parallel trend in sensitisation against grass pollen.

Conclusion: The spatial and temporal pattern of the allergic diseases bronchial asthma, hay fever and atopic eczema in six-year old children from Germany is different. The expected steeper increase of allergies in East than in West Germany could only be shown for hay fever.

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Dr. rer. nat. Ursula Krämer

Institut für Umweltmedizinische Forschung

Auf’m Hennekamp 50

40225 Düsseldorf

Email: kraemeru@uni-duesseldorf.de

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