01.02.2016 | Leitthema
Programmierung von kindlichem Übergewicht durch perinatale Überflusssituation
verfasst von:
V. Brüll, E. Hucklenbruch-Rother, Univ.-Prof. Dr. R. Ensenauer
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 2/2016
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Zusammenfassung
Kindliches Übergewicht und Adipositas sind dringliche Gesundheitsprobleme mit weitreichenden Folgen bis ins Erwachsenenalter. Durch noch wenig verstandene Mechanismen, die als „fetale Programmierung“ bezeichnet werden, werden in den frühesten Lebensphasen bereits Krankheitsrisiken geprägt, die die kindliche Übergewichtsproblematik zu verstärken scheinen. Eine perikonzeptionelle maternale Adipositas, aber auch weitere perinatale Risikofaktoren, wie disproportional hohe Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, Gestationsdiabetes oder eine rasche postnatale Gewichtszunahme des Kindes begünstigen das Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und metabolischen Störungen im weiteren Leben. Tierexperimentelle Studien erlauben eine kontrollierte Untersuchung der Folgen einer perinatalen Überflusssituation für die Nachkommen. Verschiedene ungünstige perinatale Ernährungseinflüsse (vermehrte Zufuhr gesättigter Fettsäuren oder zusätzliche Erhöhung des Zuckeranteils in der maternalen Nahrung) haben Auswirkungen auf Körpergewicht und -fettanteil der Nachkommen. Sie verursachen außerdem Störungen der Funktion zahlreicher metabolisch aktiver Organe (Fettgewebe, Gehirn, Leber oder Muskel). Als zugrunde liegende Mechanismen für diesen prägenden Effekt werden proinflammatorische und epigenetische Prozesse diskutiert. Früh ansetzende vorgeburtliche Präventionskonzepte mit positiven Langzeiteffekten auf die Nachkommen stehen derzeit noch aus. Unmittelbar postnatal sind Stillförderung und die Vermeidung einer raschen übermäßigen Gewichtszunahme in den ersten beiden Lebensjahren wichtige Bausteine pädiatrisch-frühpräventiver Maßnahmen.