Erschienen in:
03.09.2020 | Protoporphyrie | Leitthema
Melanokortinpeptide
Grundlagen, translationale Forschung, klinische Dermatologie und Zukunftsperspektiven
verfasst von:
Prof. Dr. Markus Böhm
Erschienen in:
Die Dermatologie
|
Ausgabe 10/2020
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Zusammenfassung
Melanokortine sind Peptide, die sich chemisch durch ein gemeinsames zentrales Pharmakophor auszeichnen. Physiologisch steuern die natürlichen Melanokortine die Farbe von Haut und Haaren und regulieren zudem die Ultraviolett(UV)-Licht-induzierte Melanogenese. Pathophysiologisch sind sie über den MC1R-Signalweg auch für die kutane Hyperpigmentierung beim Morbus Addison, ektopen POMC(Proopiomelanokortin)-Syndrom oder bei anderen Zuständen mit erhöhten Melanokortinblutspiegeln verantwortlich. Translationale Forschung an α‑MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon) und dessen Antagonisten hat neben der Melaninpigmentierung zahlreiche andere biologische Wirkungen deutlich gemacht, die von Zytoprotektion, antioxidativen Effekten, Immunmodulierung, Regulierung von Kollagenmetabolismus und Fibrose, Talgproduktion bis zur Wundheilung reichen. Für die Entwicklung neuartiger Therapien innerhalb der klinischen Dermatologie waren diese Ergebnisse auch für die klinische Erprobung synthetischer α‑MSH-Analoga wie Afamelanotid wegweisend. Dieses Melanokortinpeptid wurde 2015 als erstes synthetisches α‑MSH-Analogon zur Behandlung der erythropoetischen Protoporphyrie zugelassen. Neben Afamelanotid besitzt Setmelanotid als synthetischer MC4R-Agonist vielversprechende klinische Wirkungen bei bestimmten Formen der genetisch bedingten Adipositas wie der POMC-Defizienz. Zukunftsperspektiven ergeben sich in der Dermatologie in der breiteren Anwendung von α‑MSH-Analoga, entweder topisch oder systemisch, bei anderen noch unzureichend behandelbaren Dermatosen, zudem in der klinischen Erprobung von Melanokortinpeptidderivaten, die nicht das zentrale melanotrop wirkende Pharmakophor aufweisen, aber trotzdem antientzündlich wirken.