Juckreiz mit zahlreichen Krebsarten verknüpft

Die Assoziation zwischen dem Symptom Pruritus und einer bestehenden Krebserkrankung ist offenbar stärker als gedacht. In einer deutsch-amerikanischen Studie waren Patienten mit Juckreiz fast sechsmal so häufig an einem Malignom erkrankt wie Patienten ohne dieses Symptom. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Dass bestimmte maligne Erkrankungen mit quälendem Juckreiz einhergehen, ist bekannt. Allerdings gibt es immer noch viel zu wenig Daten über das Ausmaß dieser Assoziation, insbesondere auch über die Prävalenz des Symptoms Pruritus bei den verschiedenen Tumorentitäten. Forscher der Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, und des Universitätsklinikums Münster haben mit dieser Fragestellung Daten aus dem Patientenregister des Johns Hopkins Health System ausgewertet. In ihrer Querschnittstudie fanden sie hinsichtlich zahlreicher Tumorarten signifikante Zusammenhänge. Insgesamt war das Risiko, an Krebs erkrankt zu sein, bei Prurituspatienten um den Faktor 5,76 gegenüber Patienten ohne Juckreiz erhöht. Daten von 17.000 Juckreizpatienten Die Grundlage der Studie bildeten die Daten von 16.925 erwachsenen Patienten, die sich zwischen April 2013 und Dezember 2017 wegen „Juckreiz“ oder „Pruritus“ in einer Klinik im Raum Baltimore vorgestellt hatten. Insgesamt hatten 2903 Prurituspatienten irgendwann im Erfassungszeitraum eine Krebsdiagnose erhalten, wobei unklar blieb, ob der Juckreiz der Krebserkrankung vorangegangen war oder ob es sich umgekehrt verhielt. Erkrankungen des blutbildenden Systems lagen bei dieser Patientengruppe mit 28% vorn, gefolgt von Tumoren der Haut (20%) und der Brust (10%). Pankreastumoren machten einen Anteil von 3%, aus, Tumoren der Gallenwege 2%. Den Juckreizpatienten wurden 4.679.528 Patienten ohne Pruritus gegenübergestellt, die sich im gleichen Zeitraum aus anderen Gründen in Behandlung begeben hatten. Das Team um Dr. Valerie A. Larson, Baltimore, und Prof. Sonja Ständer, Münster, errechnete die relativen Wahrscheinlichkeiten von Pruritus- gegenüber Nicht-Prurituspatienten, an einer bestimmten Tumorart erkrankt zu sein. Für diese Krebsarten ist das Risiko erhöht Im Vergleich der beiden Gruppen war das Symptom Pruritus besonders stark assoziiert mit Tumoren der Leber (OR 14,68), der Gallenwege einschließlich Gallenblase (OR 12,89), des blutbildenden Systems (OR 9,59) und der Haut (OR 7,14). Die Wahrscheinlichkeit eines Pankreaskarzinoms war bei Patienten mit Juckreiz um den Faktor 5,95 erhöht, die für Brustkrebs um den Faktor 5,52 und die für einen Tumor der Harnwege um den Faktor 7,00. Die Studie zeigt zudem eindeutige Assoziationen zu einer Reihe von Tumorunterarten: Bei den malignen hämatologischen Erkrankungen waren das vor allem das primäre kutane Lymphom (OR 31,64) und die myeloische Leukämie (OR 11,88). Unter den Hautkrebsarten war die Assoziation im Vergleich zu Patienten ohne Juckreiz am stärksten für das Plattenepithelkarzinom (OR 9,23). Bei hellhäutigen Prurituspatienten war das relative Malignomrisiko insgesamt deutlich höher als bei Afroamerikanern (OR 6,12 gegenüber 5,61). Letztere hatten allerdings höhere Odds Ratios für bestimmte maligne hämatologische Erkrankungen wie das primäre kutane Lymphom, das nichtkutane Non-Hodgkin-Lymphom und die lymphozytäre Leukämie sowie für Weichgewebstumoren. Hautausschläge nicht bei allen Tumorarten Von den 16.925 Prurituspatienten wiesen 31% einen dokumentierten Hautausschlag auf. Bei gleichzeitig vorliegendem Malignom stieg dieser Anteil auf 36%, speziell bei Patienten mit maligner hämatologischer Erkrankung auf 45%. Am häufigsten fanden sich Hautausschläge bei Patienten mit myeloischer Leukämie (66%), Knochentumoren (58%), lymphozytärer Leukämie (57%), Bronchialkarzinomen (53%) und multiplem Myelom (53%). Dagegen ging der Juckreiz laut Larson et al. bei Tumoren der Gallenwege und der Leber sowie bei Pankreas- und Kolonkarzinomen eher selten mit Hauteffloreszenzen einher. Die Autoren erklären dies damit, dass der Pruritus bei diesen Tumorentitäten in erster Linie durch die Cholestase zustande kommt. Im Gegensatz dazu beruhe der Mechanismus bei hämatologischen Erkrankungen wie der Leukämie auf einer entzündlichen Hautreaktion. Den Forscher zufolge kann „das Wissen um diese Assoziationen dem Kliniker bei der Abklärung unklarer Juckreizsymptome durchaus von Nutzen sein“, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob eine Tumorabklärung ratsam ist. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig tritt das Symptom Juckreiz im Zusammenhang mit verschiedenen Tumorentitäten auf? Antwort: Assoziationen zum Pruritus bestehen für eine Vielzahl maligner Erkrankungen und deren Subtypen. Dabei ist das Vorhandensein von Hautausschlägen nicht unbedingt relevant. Bedeutung: Bei unklarem Pruritus sollte man immer auch an eine maligne Erkrankung denken. Einschränkung: Es handelte sich um eine retrospektive monozentrische Querschnittstudie. Das Design erlaubt keine Aussage darüber, ob der Juckreiz der Krebserkrankung vorangegangen ist oder umgekehrt.

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