Erschienen in:
24.06.2022 | Pseudarthrosen | Originalien
Infizierte Pseudarthrose: diagnostischer und therapeutischer Ablauf
verfasst von:
Dr. med. Simon Hackl, Katharina Trenkwalder, Matthias Militz, Peter Augat, Fabian M. Stuby, Prof. Dr. med. Christian von Rüden, MSc
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 8/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die infizierte Pseudarthrose stellt eine der schwerwiegendsten Komplikationen bei der Frakturheilung dar. Die Herausforderung besteht darin, die Infektion zuerst als Ursache einer Pseudarthrose zu erkennen und dann die Heilung der Infektion und des Knochens zu erreichen.
Fragestellung
Aufgrund des heterogeneren Erscheinungsbildes infizierter Pseudarthrosen wird die Prävalenz eines Keimnachweises bei der operativen Pseudarthrosenrevision häufig unterschätzt.
Material und Methode
In einer retrospektiven Untersuchung zwischen 2010 und 2017 wurden 86 Patienten, die aufgrund einer radiologisch gesicherten Femurschaftpseudarthrose primär revidiert wurden und die ohne klinische Hinweise auf einen floriden Infekt als Ursache der Pseudarthrose waren, analysiert. Es wurden mindestens 4 intraoperativ gewonnene Proben mikrobiologisch ausgewertet. Dabei wurde zwischen Gewebeproben mit anschließender 48-stündiger Kurzzeitbebrütung und Gewebeproben mit 14-tägiger Langzeitkultivierung unterschieden. Der Befund „Keimnachweis“ wurde gestellt, wenn mindestens 2 der Proben ein Keimwachstum zeigten.
Ergebnisse
Bei 18 der 86 präoperativ als aseptisch eingeschätzten Pseudarthrosen konnte nach Kurzzeitbebrütung ein positiver Keimnachweis erhoben werden. Nach Langzeitbebrütung war bei 38 von 86 Patienten ein positiver Keimnachweis möglich. Hinsichtlich potenzieller Risikofaktoren zeigten die beiden Gruppen keine relevanten Unterschiede. Bei 29 Patienten wurde ein einzelner Erregertyp aus den gewonnenen Proben isoliert, während bei den übrigen 9 Patienten eine Mischkultur mit durchschnittlich 2,9 ± 0,5 verschiedenen Bakterien nachgewiesen wurde. Bei der Keimidentifizierung fanden sich mit Staphylococcus epidermidis am häufigsten niedrigvirulente Bakterien.
Schlussfolgerungen
Ergibt die präoperative Diagnostik unter Einbeziehung der klinischen, laborchemischen und radiologischen Untersuchung sowie der Anamnese Hinweise auf ein mögliches Infektgeschehen, sollte die operative Revision zweizeitig mit Probengewinnung vor der definitiven Pseudarthrosenrevision erfolgen. Zur mikrobiologischen Diagnostik sollten mehrere repräsentative Gewebeproben unabhängig voneinander aus der Pseudarthrosenzone gewonnen und für 14 Tage bebrütet werden. Nur bei fehlenden Hinweisen auf eine infizierte Pseudarthrose wird das einzeitige Vorgehen vorgeschlagen.