Erschienen in:
01.11.2010 | Originalien
Psychiatrie als Kulturwissenschaft
Überlegungen nach Max Weber
verfasst von:
PD Dr. M. Bormuth
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 11/2010
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Zusammenfassung
Die Psychiatrie kann als Natur- und Kulturwissenschaft betrachtet werden. Demnach bildet das Postulat der Freiheit ihre Wertprämisse, die seit der Aufklärung metaphorisch im Mythos der Vertreibung aus dem Paradies beschrieben wird. In der Nachfolge Max Webers und Wilhelm Diltheys hat Karl Jaspers diese Perspektive in die Psychiatrie eingeführt. Sein strenger Dualismus von naturwissenschaftlichem Erklären und kulturwissenschaftlichem Verstehen wurde später von Werner Janzarik und Hans Heimann kritisch revidiert. Ihre Konzepte der Strukturdynamik, der Pathographie und der Anthropologie standen näher bei Max Weber, der natur- und kulturwissenschaftliches Denken enger verknüpfte. Vor allem das pathographische Beispiel Nietzsches erlaubt, die Unterschiede zwischen Jaspers und den späteren Psychopathologen der Heidelberger und Tübinger Schule zu verdeutlichen.