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Erschienen in: Der Nervenarzt 7/2020

05.09.2019 | Affektive Störungen | Originalien

Psychiatrische Polypharmazie und Elektrokonvulsionstherapie bei therapieresistenter Depression

verfasst von: Dr. Rebecca Zöllner, Martin T. Huber, Constanze Mangelsdorf, Carsten Konrad, Dr. Maxim Zavorotnyy

Erschienen in: Der Nervenarzt | Ausgabe 7/2020

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Zusammenfassung

Hintergrund

Polypharmazie ist trotz relevanter Risiken weit verbreitet, insbesondere in der Therapie schwer behandelbarer Erkrankungen wie z. B. der therapieresistenten Depression (TRD). Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) wird aufgrund ihrer hohen Wirksamkeit gemäß zahlreichen Leitlinien bei TRD empfohlen. Wenig untersucht ist jedoch, ob und wie die EKT auf die Verordnung der psychiatrischen Medikation Einfluss nimmt.

Methodik

Für die explorativ-retrospektive Analyse der psychiatrischen Medikation (MED) bei TRD wurden Daten von 58 stationären Behandlungen herangezogen. Die Patienten wurden aufgrund depressiver Episoden psychopharmakologisch und kognitiv-verhaltenstherapeutisch behandelt (MED-Gruppe); 29 Patienten erhielten zusätzlich eine EKT (EKT-Gruppe). Die psychiatrische Medikation wurde mit einem modifizierten Drug-burden-Index (mod-DBI) bei stationärer Aufnahme (TP0), zu Beginn (TP1) und nach Abschluss der EKT (TP2) bzw. zu den gleichen Zeitpunkten in der MED-Gruppe sowie bei Entlassung (TP3) quantitativ erfasst. Verteilungsunterschiede wurden mittels t-Test und Veränderungsmessungen mittels Varianzanalyse (F-Test) überprüft.

Ergebnisse

Die Teilnehmer der EKT-Gruppe zeigten höhere mod-DBI-Werte bei TP0, vor allem bedingt durch Mehrverschreibung von Benzodiazepinen (BZD), Phasenprophylaktika (PP) und Antipsychotika (AP). Im Zeitintervall TP0 bis TP1 kam es zur Steigerung des BZD-Gebrauchs (in beiden Gruppen); in der EKT-Gruppe wurden PP reduziert und AP erhöht. Im Zeitintervall TP1 bis TP3 wurden BZD (in beiden Gruppen) und AP (EKT-Gruppe) wieder weniger verordnet, während PP (in beiden Gruppen) wieder erhöht wurden. Ohne Berücksichtigung von BZD kam es in beiden Gruppen zur signifikanten mod-DBI-Zunahme, wobei sich bei TP2 und TP3 kein signifikanter Unterschied mehr zeigte.

Diskussion

Unsere Daten deuten möglicherweise darauf hin, dass Patienten mit TRD, die während einer stationären Behandlung EKT erhalten, bereits bei stationärer Aufnahme eine umfangreichere psychiatrische Medikation haben. Zudem scheint die psychiatrische Medikation in einem geringeren Maß anzusteigen, wenn EKT erfolgt. Diese Befunde sowie die damit möglicherweise assoziierten langfristigen Vorteile sollten in weiteren Studien überprüft werden.
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Metadaten
Titel
Psychiatrische Polypharmazie und Elektrokonvulsionstherapie bei therapieresistenter Depression
verfasst von
Dr. Rebecca Zöllner
Martin T. Huber
Constanze Mangelsdorf
Carsten Konrad
Dr. Maxim Zavorotnyy
Publikationsdatum
05.09.2019
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Der Nervenarzt / Ausgabe 7/2020
Print ISSN: 0028-2804
Elektronische ISSN: 1433-0407
DOI
https://doi.org/10.1007/s00115-019-00804-z

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