Suizide von Krebspatienten folgen einem eigenen Muster

Krebspatienten, die sich das Leben nehmen, weisen Merkmale auf, die von jenen anderer Suizidenten abweichen. Die gezielte Suche nach üblichen Frühsignalen, etwa nach psychiatrischen Störungen, geht hier leicht fehl. Die Prävention muss daher andere Wege einschlagen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Patienten, die an einem bösartigen Tumor leiden, haben ein erhöhtes Suizidrisiko. Über die Charakteristika jener Krebskranken, die einen Selbsttötungsvorsatz in die Tat umsetzen, ist jedoch wenig bekannt. Folgt man den Ergebnissen einer Studie, die Forscher der Universität Hongkong vorgelegt haben, gibt es eine Reihe von signifikanten Unterschieden zwischen den Suiziden von Krebspatienten und anderen Personen – was bedeutet, dass gängige Präventionsstrategien, die sich auf psychische Erkrankung und besonders auf Depressionen konzentrieren, bei Krebspatienten womöglich nicht verfangen. Vera Men und Kollegen haben für ihre Studie mehr als 14.000 gerichtsmedizinisch bestätigte Suizide in Hongkong aus den Jahren 2003 bis 2017 analysiert; die genauen Gründe für den Suizid waren allerdings nicht bekannt. Die Forscher teilten die Fälle in zwei Gruppen, je nachdem, ob dem Suizid eine Krebsdiagnose vorausgegangen war (10,1%) oder nicht. Anschließend suchten sie nach auffälligen Unterschieden in den Merkmalen. Ein Charakteristikum war das höhere Alter von Krebspatienten, die Suizid begangen hatten. Im Mittel waren sie 65,7 Jahre alt, verglichen mit 49,9 Jahren von Suizidenten, die nicht an Krebs erkrankt waren. Das mag teils daran liegen, dass Krebs in vielen Fällen eine Erkrankung des höheren Lebensalters ist. Suizide auf gewaltsame Art dominieren Erstaunlicher war schon, dass Krebspatienten, die Suizid begangen haben, signifikant seltener alleinstehend waren: Zwei Drittel der Krebspatienten (66,3%) waren verheiratet oder lebten sonst in einer festen Beziehung; in der Vergleichsgruppe waren es nur 44,3%. Krebspatienten hatten zudem seltener psychische Erkrankungen (23,0% vs. 46,9%). Auch (weitere) körperliche Krankheiten waren bei ihnen weniger häufig zu finden. Und Krebspatienten, die sich umbrachten, hatten davor häufiger über ihre Absicht gesprochen als andere Personen, die sich das Leben nahmen. Ein weiteres unterscheidendes Merkmal war die Wahl der Mittel: 90,9% der Krebspatienten (vs. 79,4%) schieden auf besonders gewaltsame Art aus dem Leben, als wollten sie sichergehen, dass der Versuch erfolgreich verläuft. Allerdings wurden gewaltsame Mittel generell bevorzugt, an der Spitze standen Sprünge in die Tiefe (54,3%) und Hängen (27,5%). Kohlenmonoxidvergiftungen folgten mit 6,6% weit dahinter. Insgesamt waren gewaltsame Suizide in der Gruppe der Krebspatienten in der um Einflussgrößen bereinigten Berechnung 1,7-mal häufiger als in der Vergleichsgruppe. „Unsere Befunde wie auch frühere Ergebnisse zeigen, dass die Fokussierung auf Probleme mit der psychischen Gesundheit nicht geeignet ist, frühe Signale für Suizide bei Krebspatienten aufzudecken“, schreiben Men und Mitarbeiter in ihrem Fazit. Vielmehr gelte es, auf die Schmerzsituation und auf das Gefühl der Patienten zu achten, für andere eine Last zu sein. Gespräche über die Absicht, sich zu töten, fänden eher in der Familie statt. Es sei daher für die Behandelnden wichtig, mit den Familienmitgliedern zu sprechen, um etwas über die Lebensqualität der Patienten zu erfahren. Generell sollten speziell auf Krebspatienten zugeschnittene Maßnahmen zur Suizidprävention entwickelt werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Charakteristika lassen sich bei Krebspatienten finden, die Suizid begangen haben? Antwort: Krebspatienten, die sich umgebracht haben, waren in dieser Studie aus Hongkong älter als andere Suizidenten, lebten seltener allein, sprachen häufiger über ihre Absicht; psychische Erkrankungen waren bei ihnen seltener festzustellen. Bedeutung: Übliche Strategien zur Suizidprävention, etwa der Fokus auf psychische Begleitkrankheiten, greifen bei Krebspatienten offenbar nicht gut. Es könnte helfen, die Schmerzsituation zu erörtern und mit Familienmitgliedern zu sprechen, um mehr über die Lebensqualität der Patienten zu erfahren. Einschränkung: Es gab keine genauen Angaben zu den Gründen für den Suizid.

Springer Medizin

Suizide von Krebspatienten folgen einem eigenen Muster

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Onkologie

Bei Senioren mit Prostatakarzinom auf Anämie achten!

ICI-Therapie in der Schwangerschaft wird gut toleriert

Krebspatienten impfen: Was? Wen? Und wann nicht?

Müde im Alter? Auch an die Nebenniere denken

Update Onkologie