Open Access
31.01.2023 | Rechtsmedizin | Originalien
Fotodokumentation von Verletzungen: rechtssicher ohne Rechtsmedizin?
verfasst von:
Naomi Miriam Kono, Sarah Stockhausen, Menexia Giannoulaki, Theresa Antonia Engelmann, Roman Wolff-Maras, Anette Solveig Debertin
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2023
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Zusammenfassung
Hintergrund
Eine flächendeckende Verfügbarkeit von rechtsmedizinischen Leistungen besteht in Deutschland derzeit nicht. Dem gegenüber steht der Bedarf an gesellschaftlich gebotenen und aktuell sogar gesetzlich verankerten niederschwelligen Strukturen zur Spurensicherung und zur Beweisdokumentation. Vor diesem Hintergrund gewinnen Digitalisierung und telemedizinische Strukturen auch in der Versorgung von Gewaltbetroffenen immer mehr an Bedeutung. Der allgemeine technische Fortschritt ermöglicht hierbei die Vereinfachung von Dokumentation, Kommunikation, aber auch möglicher Manipulation von Befunden.
Fragestellung
Manipulationen können einerseits durch direkte Vortäuschung von Verletzungen auf dem Körper selbst, andererseits durch technische Bearbeitung am Bildmaterial vorgenommen werden und stellen die Zuverlässigkeit und Authentizität der Befunde infrage. Inwieweit können fotografische Selbstdokumentationen von vermeintlichen Verletzungen den forensischen Standards entsprechen, um als belastbares Beweismittel in ein Verfahren eingebracht zu werden und somit die rechtsmedizinische Untersuchung ersetzen?
Methoden
Anhand von Fallbeispielen aus der forensischen Routine, Selbstversuchen und digital mittels der Applikation Procreate® (Savage Software Group Pty. Ltd., Hobart, TAS, Australia) bearbeiteten Fotografien werden die Möglichkeiten, Grenzen und Fallstricke der Selbstdokumentation von Verletzungen diskutiert.
Schlussfolgerung
Mittels einfach im Internet zugänglicher Anleitungen und unkompliziert anzuwendender Verfahren ist die analoge und digitale Manipulation von Befunden ohne erheblichen Aufwand möglich. Aufgrund erstaunlich realistischer manipulierter Befunde sind Risiken im Hinblick auf rechtsstaatliche Verfahren bei der Beurteilung mitzudenken, insbesondere bei fehlenden verbindlichen Regelungen zur Validierung und zur Fehleranalyse digitaler Informationsverarbeitungsprozesse. Die Analyse zeigt, dass die direkte analoge Inaugenscheinnahme durch Rechtsmediziner_innen derzeit nicht zu ersetzen ist.