09.10.2019 | Rechtsmedizin | Originalien
Medizinrecht im Medizinstudium
Umfrage unter Studierenden im praktischen Jahr
verfasst von:
Dr. M. Neuser, C. G. Birngruber, Prof. Dr. Dr. R. Dettmeyer
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 6/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Ärztinnen und Ärzte werden im Rahmen ihrer Berufsausübung zunehmend mit rechtlichen Fragen konfrontiert. Aufgrund einer Stärkung der Patientenrechte durch die Vorschriften zum Behandlungsvertrag (§§ 630a ff. BGB), aber auch einer umfangreichen Rechtsprechung, Gesetzen oder Leitlinien ist eine starke Reglementierung der Medizin zu beobachten. Die ärztliche Approbationsordnung erwähnt Rechtsfragen der ärztlichen Berufsausübung als Unterrichtsgegenstand. Eine verbindliche Regelung über den Umfang und Inhalt medizinrechtlichen Unterrichts existiert nicht. Der Nationale Lernzielkatalog für Mediziner (NLKM) greift diese Problematik auf und beschreibt Lernziele, welche die ethischen und rechtlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten definieren, die Medizinstudierenden im Verlauf ihres Studiums vermittelt werden sollen. Der NKLM entfaltet jedoch gegenüber den medizinischen Fakultäten keine Bindungswirkung.
Material und Methode
Erstmals wurden Studierende im praktischen Jahr (PJ) an 18 medizinischen Fakultäten mittels eines standardisierten Fragebogens nach ihrer Einschätzung der Bedeutung des Medizinrechts insgesamt und auch zu medizinrechtlichen Einzelthemen befragt.
Ergebnisse
Von den befragten Studierenden sah die ganz große Mehrheit die Vermittlung von Rechtskenntnissen als sehr wichtig bzw. als außerordentlich wichtig an. Überwiegend wurde die Etablierung einer eigenständigen Lehrveranstaltung zum Medizinrecht mit einer Verankerung in der ärztlichen Approbationsordnung für sinnvoll erachtet. Die Relevanz einzelner Themen wurde unterschiedlich beurteilt. So wurden u. a. die Themen Aufklärung und Einwilligung, Rechtsfragen bei Verdacht auf Kindesmisshandlung, Verhalten bei einem Behandlungsfehlervorwurf, ärztliche Schweigepflicht und Dokumentationspflichten des Arztes als relevant eingestuft. Als weniger wichtig werden z. B. gesehen: Rechtsfragen der Komplementärmedizin, der Reproduktionsmedizin, ethisch-religiös-weltanschauliche Konflikte, einschließlich Sterbehilfe, oder die Rolle von Ethikkommissionen.
Schlussfolgerung
Die Studierenden zeigen sich gegenüber Fragen des Medizinrechts grundsätzlich offen und sehen die Relevanz zahlreicher konkreter Rechtsfragen. Dies sollte bei der weiteren Diskussion zum NKLM, aber auch von den medizinischen Fakultäten und den in der Lehre Tätigen stärker berücksichtigt werden. Sinnvoll erscheint die Bereitstellung eines Lehrbeauftragten für Medizinrecht.