Skip to main content
Erschienen in:

Open Access 11.12.2024 | Rechtsmedizin | Empfehlungen

Stellungnahme der Spurenkommission zu Ringversuchen zum Zweck der Qualitätssicherung in forensisch-molekulargenetischen Laboratorien

verfasst von: Prof. Dr. Katja Anslinger, Cornelius Courts, Martin Eckert, Rolf Fimmers, Stefanie Grethe, Walther Parson, Petra Preikschat-Sachse, Harald Schneider, Marielle Vennemann, Gemeinsame Spurenkommission der rechtsmedizinischen und kriminaltechnischen Institute

Erschienen in: Rechtsmedizin | Ausgabe 1/2025

Hinweise
Die Spurenkommission ist eine Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM); s. https://​www.​dgrm.​de/​arbeitsgemeinsch​aften/​spurenkommission​.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
QR-Code scannen & Beitrag online lesen

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Einleitung

Die Spurenkommission wurde in den 1980er-Jahren gegründet und bildet eine Arbeitsgruppe innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM). Zu den Kernaufgaben der Spurenkommission gehören das Verfassen von Empfehlungen für die forensische Genetik, die Organisation des jährlich stattfindenden Spurenworkshops sowie die Qualitätssicherung der forensischen Genetik. Die Sicherstellung der Qualität und damit der Vergleichbarkeit zwischen forensisch-molekulargenetischen Laboratorien erfolgt durch Ringversuche, für die die Kommission das Prädikat „Ringversuch der Spurenkommission“ verleiht.
Seit ihrer Einführung wurden – in Fortführung der Tradition der früheren serologischen Ringversuche – jährlich zwei Ringversuche zur forensischen DNA-Analytik durchgeführt, die anfangs unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten versandt wurden. Seit dem Ende der 1990er-Jahre erfolgte in der Realität jedoch ein zeitgleicher Versand der beiden Ringversuche. Damit verbunden wurden in den teilnehmenden Laboratorien die Analysen zumindest in enger zeitlicher Nähe durchgeführt. Ein über das Jahr verteiltes (halbjährliches) Monitoring fand faktisch in den letzten Jahren nicht mehr statt. Auch inhaltlich waren die beiden Ringversuche gleich aufgebaut.
In den vergangenen beiden Jahren wurden Planung, Umfang und Auswertung der Ringversuche von der Spurenkommission umfassend diskutiert. In der Folge wurden Bedingungen für das Führen des Prädikats „Ringversuch der Spurenkommission“ formuliert https://​www.​dgrm.​de/​fileadmin/​Spurenkommission​/​Bedingungen_​fuer_​die_​Fuehrung_​des_​Praedikats_​final.​pdf.
Im Zuge dieser Neuausrichtung erfolgten auch grundsätzliche Überlegungen dazu, welche Labortätigkeiten durch einen Ringversuch bzw. Laborvergleich abzudecken sind, und in welchem Turnus Ringversuche sinnvoll durchzuführen sind. Zudem wurde eine Umfrage unter forensisch-molekulargenetischen Laboratorien durchgeführt, mit der die Bedürfnisse und Wünsche der Ringversuchsteilnehmer erfragt wurden (https://​www.​dgrm.​de/​fileadmin/​Spurenkommission​/​Umfrage-Report.​pdf). Die Ergebnisse des Diskussionsprozesses innerhalb der Spurenkommission sowie der Umfrage fließen in die hier vorgelegte Stellungnahme ein.

Aufgaben von und Anspruch an Ringversuche bzw. Laborvergleiche

Ein besonders wichtiger Aspekt von Ringversuchen ist die externe Überprüfung der Qualität teilnehmender Laboratorien als Teil des Qualitätsmanagementkonzepts und zur Aufrechterhaltung der Akkreditierung nach DIN EN ISO/IEC ISO17025.
Ringversuche sollten darüber hinaus
  • zu mehr Standardisierung im Feld beitragen
  • die Komplexität und Herausforderungen der realen forensischen Fallarbeit abdecken
  • der Schulung der Teilnehmenden dienen
  • wissenschaftlichen Mehrwehrt besitzen bzw. edukativ für das Feld sein
  • durch ein Expertengremium betreut und wissenschaftlich begleitet werden
  • einer eigenen Qualitätskontrolle unterliegen, z. B. durch einen Vorversuch der Spurenkommission

Häufigkeit und Umfang von Ringversuchen bzw. Laborvergleichen

Zu Inhalt, Umfang und Frequenz von Eignungsprüfungen (Ringversuchen) bzw. Laborvergleichen gibt die ISO/EC 17025 keine konkreten Vorgaben:
„7.7.2 Das Laboratorium muss, sofern verfügbar und zweckmäßig, seine Leistung durch Vergleich mit den Ergebnissen anderer Laboratorien überwachen. Diese Überwachung muss geplant und geprüft werden und muss eines oder beides des Folgenden beinhalten, ohne darauf beschränkt zu sein:
a) Teilnahme an Eignungsprüfungen;
ANMERKUNG: ISO/IEC 17043 enthält weitere Informationen zu Eignungsprüfungen und Anbietern von Eignungsprüfungen. Anbieter von Eignungsprüfungen, die die Anforderungen von ISO/IEC 17043 erfüllen, gelten als kompetent.
b) Teilnahme an Programmen von Vergleichen zwischen Laboratorien, die keine Eignungsprüfungen sind.“
Die „historische“ Empfehlung der Spurenkommission zur Teilnahme an zwei Ringversuchen pro Jahr hatte bis zum aktuellen Zeitpunkt unverändert Bestand. Sie wurde vom Akkreditierungsorgan im deutschsprachigen Raum, der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), in entsprechende Dokumente übernommen. Diese Dokumente wurden im Dezember 2023 zurückgezogen, z. B.: https://​www.​dakks.​de/​files/​Dokumentensuche/​Dateien/​71%20​SD%20​3%20​028_​Leitlinien%20​SK-For_​SK-KT_​71%20​SD%20​0%20​010_​EP_​20150105_​v1.​0_​zur%C3%BCckgezogen%20​am%20​20.​12.​2023.​pdf, https://​www.​dakks.​de/​files/​Dokumentensuche/​Dateien/​71%20​SD%20​3%20​010_​17025_​Umsetzung_​DNA_​20160318_​v1.​3_​zur%C3%BCckgezogen%20​am%20​20.​12.​2023.​pdf.
Von der Spurenkommission wurden in den letzten beiden Jahren Planung, Umfang und Auswertung von Ringversuchen bzw. Laborvergleichen umfassend diskutiert und eine Neubewertung vorgenommen.
Die Mitglieder halten es für angemessen und ausreichend, alle bzw. die für das jeweilige Labor relevanten Aspekte der Fallarbeit einmal jährlich in einem Ringversuch bzw. einem organisierten Laborvergleich extern überprüfen zu lassen.
Zu dieser Entscheidung hat unter anderem beigetragen, dass die Mitglieder der Spurenkommission in dem zeitgleichen Versand und der Bearbeitung zweier inhaltlich vergleichbarer Ringversuche keinen Mehrwert bzw. keine Verbesserung der Qualitätssicherung feststellen.
Die Mitglieder der Spurenkommission empfehlen in Anlehnung an DIN EN ISO/IEC 17025 die Teilnahme an Ringversuchen und Laborvergleichen, die die „Realität“, also alle Aspekte der Fallarbeit von der Spurensuche über die Analyse bis hin zur Interpretation, abdecken. Nur dadurch kann ein Labor vollumfänglich darlegen, dass es die spezifischen Anforderungen der Fallarbeit erfüllt.
Manche Aspekte (bzw. Schritte im Arbeitsablauf) eignen sich hierbei für einen Ringversuch, also die Analyse identischer Proben durch alle Teilnehmenden, wohingegen andere Aspekte sich eher für einen organisierten Laborvergleich eignen. Als Beispiele für ringversuchsgeeignete Aspekte wären die Analyse von Vergleichsmaterial von Personen oder von standardisierbaren (Misch‑)Spuren aus Körpersekreten zu nennen, auch eine binäre biostatistische Berechnung würde unter diese Kategorie fallen. Eher durch einen Laborvergleich abbildbar wäre beispielsweise die Analyse von nichtstandardisierbaren „Realspuren“ oder eine verbale Bewertung komplexer Sachverhalte.

Fazit

Die Spurenkommission empfiehlt die Teilnahme an mindestens einem Ringversuch bzw. organisierten Laborvergleich pro Jahr. Von zentraler Bedeutung ist hierbei, dass alle Aspekte von der Spurensuche über die forensisch-molekularbiologische Analyse hin zur Interpretation von Befunden innerhalb schriftlicher Gutachten abgedeckt werden.

Mitglieder der gemeinsamen Spurenkommission der rechtsmedizinischen und kriminaltechnischen Institute

Katja Anslinger; Cornelius Courts; Martin Eckert; Stefanie Grethe; Walther Parson; Petra Preikschat-Sachse; Harald Schneider; Marielle Vennemann; Rolf Fimmers (ständiger Gast)

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

K. Anslinger, C. Courts, M. Eckert, R. Fimmers, S. Grethe, W. Parson, P. Preikschat-Sachse, H. Schneider und M. Vennemann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Unsere Produktempfehlungen

Rechtsmedizin

Print-Titel

• Einzige deutschsprachige Zeitschrift für Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner

• Ausgewählte Übersichtsbeiträge zu aktuellen Themenschwerpunkten

e.Med Interdisziplinär

Kombi-Abonnement

Für Ihren Erfolg in Klinik und Praxis - Die beste Hilfe in Ihrem Arbeitsalltag

Mit e.Med Interdisziplinär erhalten Sie Zugang zu allen CME-Fortbildungen und Fachzeitschriften auf SpringerMedizin.de.

Metadaten
Titel
Stellungnahme der Spurenkommission zu Ringversuchen zum Zweck der Qualitätssicherung in forensisch-molekulargenetischen Laboratorien
verfasst von
Prof. Dr. Katja Anslinger
Cornelius Courts
Martin Eckert
Rolf Fimmers
Stefanie Grethe
Walther Parson
Petra Preikschat-Sachse
Harald Schneider
Marielle Vennemann
Gemeinsame Spurenkommission der rechtsmedizinischen und kriminaltechnischen Institute
Publikationsdatum
11.12.2024
Verlag
Springer Medizin
Schlagwort
Rechtsmedizin
Erschienen in
Rechtsmedizin / Ausgabe 1/2025
Print ISSN: 0937-9819
Elektronische ISSN: 1434-5196
DOI
https://doi.org/10.1007/s00194-024-00733-5

Aktuelle Kurse aus dieser Zeitschrift

Identifizierung von verschiedenen Körperflüssigkeiten anhand epigenetischer Methoden

CME: 3 Punkte

Forensische DNA-Analysen erfordern spezialisierte Techniken, um Spuren von Verbrechen im familiären Umfeld aufzudecken. Dieser CME-Kurs informiert Sie über die Sicherung von Spuren, Methoden zur Sekretanalyse und die Interpretation forensischer Ergebnisse.

Explosionsverletzungen – Tatortaufnahme, Dokumentation und Rekonstruktion

CME: 3 Punkte

Explosionsverletzungen spiegeln u. a. die große Variabilität von Menge und Brisanz des Sprengstoffs, Bauweise eines Sprengsatzes und Entfernung und Position zur Explosionsquelle wider und erschweren so eine genaue Rekonstruktion der Ereignisse und Klärung der Hintergründe. In diesem CME-Kurs lernen Sie mehr zu gezielter Abklärung und Dokumentation sogenannter Blast-Verletzungen.

Theoretische Grundlagen von Explosionen und Explosionsverletzungen

CME: 3 Punkte

In diesem CME-Kurs erhalten Sie einen Überblick über die chemischen und physikalischen Grundlagen der Phänomene, die bei einer Explosion auftreten und ursächlich für die verschiedenen Verletzungen sind. Außerdem informiert er Sie über die typischen Manifestationen sog. Blast-Verletzungen.