Eingriffe in Lokalanästhesie: Sagen Sie niemals "Oops"!

Operieren am wachen Patienten stellt für den Chirurgen und sein Team eine besondere Herausforderung dar. US-Forscher haben 23 Operateure nach ihren Strategien für das Gespräch mit dem Patienten und die Kommunikation im Team befragt. Ein „Oops“ oder gar ein Kraftausdruck kommen in dieser Situation wohl eher schlecht an: Um herauszufinden, wie und worüber Chirurgen im OP kommunizieren, wenn der Patient nur unter Lokalanästhesie steht und mithört, hat ein Forscherteam von der University of Chicago 23 erfahrene Operateure aus neun chirurgischen Fachbereichen befragt, die mindestens 40 Operationen pro Jahr am wachen Patienten absolvierten. Ablenken oder fokussieren? Die meisten hatten sich in Ermangelung eines entsprechenden Curriculums ihre eigene Strategie für die Kommunikation während des Eingriffs zurechtgelegt. Die Ansichten, was einem Patienten zuträglich sei, gingen teilweise weit auseinander: Während die einen versuchten, vom Geschehen abzulenken („Haben Sie Kinder?“), richteten die anderen den Fokus gezielt auf den Eingriff („Ich frage immer wieder, wie es dem Patienten geht, ob ihm zu warm oder zu kalt ist, ob er fühlt, was ich mache“). Im Vorfeld waren die meisten Ärzte bemüht, Erwartungen vorherzusehen und damit umzugehen. Dazu gehörte vor allem, mit dem Patienten über das Timing und die Abläufe zu sprechen („Die Leute sind viel entspannter, wenn sie wissen, was auf sie zukommt“). Code-Wort "Das ist interessant" Während der Op. fanden es immerhin zehn Teilnehmer wichtig, den Patienten auf eine unmittelbar bevorstehende Veränderung im Empfinden hinzuweisen, zum Beispiel indem sie sagten: „Sie werden jetzt einen Druck am … fühlen“. Viele Operateure achteten kontinuierlich auf das körperliche und seelische Wohlbefinden des Patienten, vor allem darauf, dass er sich nicht ängstigte. Dazu gehöre, dass man sich nicht anmerken lasse, wenn etwas Unvorhergesehenes passiere: „Wir benutzen Code-Worte: Statt ‚Oops‘ sagen wir zum Beispiel: ‚Das ist interessant‘“, berichtete einer der Befragten. Manche fuhren gut mit der Taktik, den Patienten direkt nach seinen Wünschen zu fragen: „Möchten Sie wissen, wie der Eingriff genau abläuft, oder wollen Sie lieber Musik hören und uns ausblenden?“ fragte zum Beispiel einer. Patienten nicht beunruhigen Vor allem bei der Kommunikation im Team wurden, um den Patienten nicht zu verunsichern oder gar in Alarmzustand zu versetzen, die Worte mit Bedacht gewählt. So sagte man beispielsweise nur „15“, wenn man ein 15er-Skalpell benötigte, oder „Tupfer“, um eine unvorhergesehene Blutung anzuzeigen. Einige Chirurgen kommunizierten hauptsächlich nonverbal, deuteten eher auf ein benötigtes Instrument, als es zu benennen, oder sprachen allenfalls halblaut mit ihren Kollegen. Ein absolutes „No-Go“ waren Grimassen, erschrecktes Luftholen, oder gar ein „Was machen Sie denn da!“, wenn der Assistent einen Fehler beging. Dass der Patient zuhört, müsse man sich stets bewusst machen, so die überwiegende Meinung; daher sollten sich „Gespräche ausschließlich auf die Operation beziehen“. Um unnötige Geräusche zu unterbinden, die den Patienten beunruhigen könnten, wurde nach Angaben der Studienteilnehmer vor manchen OPs ein Schild „Wacher Patient“ angebracht. Dies solle bewirken, dass möglichst wenig „Verkehr“ zwischen drinnen und draußen stattfände und alle Beteiligten sich möglichst leise verhielten. Keine Verschleierungs-Taktik Schwierig wurde es insbesondere dann, wenn Fachärzte in der Ausbildung anwesend waren, die in die Op.-Technik eingewiesen werden mussten. Hier gab es die Strategie, dem Patienten vorzugaukeln, dass der erfahrene Arzt den Eingriff vornahm, obwohl tatsächlich der Anfänger am Werk war. Derartiges ist den Autoren um Claire Smith eher suspekt: „Die Verschleierung der Einbindung eines Trainees kann das Scheitern der Arzt-Patienten-Kommunikation anzeigen“, schreiben sie. Besser sei es wohl, den Patienten vorher darüber zu informieren und sein Einverständnis einzuholen. Die vorliegende Studie ist nur ein Anfang; nach Smith und Kollegen werden nun vor allem Interviews mit Patienten folgen müssen, um herauszufinden, wie diese die Eingriffe ohne Allgemeinanästhesie erleben, woran sie sich erinnern und was ihnen missfallen hat. Die Daten sollen dazu beitragen, validierte Kommunikationsstrategien für das Gespräch mit dem wachen Patienten zu entwickeln.

Springer Medizin

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