Erschienen in:
01.08.2003 | 50 Jahre Manuelle Medizin
Reliabilität der manualmedizinischen Tests bei Low Back Pain (LBP) Patienten
Teil I: Problemstellung und Konsensfindung
verfasst von:
S. Conradi, U. C. Smolenski, P. Bak, H. Biskupek, M. Frey, A. Galeazzi, T. Klaas, K. Kluge, K. Müller, J. Nagel, M. Psczolla, N. Schröder, C. Sturm, W. Wagner, W. Wilde
Erschienen in:
Manuelle Medizin
|
Ausgabe 4/2003
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Zahlreiche manualmedizinische Untersuchungen sind in der Praxis weit verbreitet. Für eine allgemeine Akzeptanz in klinischen Studien müssen diese Untersuchungen allerdings bestimmten psychometrischen Normen entsprechen. Bisher mangelt es an Belegen für die Reliabilität manualmedizinischer Untersuchungsverfahren.
Der Zweck der vorliegenden Studie besteht in der Evaluation der Interrater-Reliabilität bei der Bewertung üblicher manualmedizinischer Verfahren zur körperlichen Untersuchung von Patienten mit Schmerzen im unteren Rückenabschnitt (LBP, "low back pain").
Jeder der 3 Schulen, die in Deutschland für Ärzte eine zertifizierte Ausbildung in manueller Medizin durchführen, wurden 2 Untersuchungszentren zugewiesen. Hinsichtlich der Auswahl von 11 verbreiteten manualmedizinischen Untersuchungsverfahren für die Studie herrschte unter den Experten Konsens; Ein- und Ausschlusskriterien wurden festgelegt. In jedem Studienzentrum ließen sich 40 LBP-Patienten von einem erfahrenen Arzt für manuelle Medizin körperlich untersuchen. Die Reihenfolge der Untersucher wurde für alle Patienten randomisiert. Zur Evaluation der Übereinstimmung zwischen den Befunden der Untersucher innerhalb der Schulen und zwischen den Schulen wurde der Kappa-Wert bestimmt.
Die Ergebnisse wiesen eine gute bis moderate Reliabilität der Verfahren zwischen allen Untersuchern auf. Die Übereinstimmung für Paare von Untersuchern innerhalb einer Schule war größer als für Paare aus unterschiedlichen Schulen, v. a. bei schulspezifischen Verfahren. In allen Schulen war die Reliabilität für Schmerzprovokationstests höher als für funktionelle Verfahren.
Allerdings gab es auch widersprüchliche Ergebnisse, sowohl mit außergewöhnlich hoher als auch mit sehr niedriger Reliabilität. Das Niveau der Ausbildung und die Anwendung schulspezifischer Fertigkeiten sind möglicherweise entscheidende Faktoren für die interpersonelle Übereinstimmung der durch manualmedizinische Diagnostik erhobenen Befunde. Auch erfahrene Untersucher könnten intensiv in der Planung und Durchführung von Reliabilitätsstudien ausgebildet werden. Eine Zusammenstellung der wesentlichen Verfahren, welche den psychometrischen Kriterien für den Einsatz in Forschung und Praxis entsprechen, ist jedoch erst möglich, wenn die erforderliche internationale Standardisierung der Definitionen von normalen und pathologischen Befunden entwickelt wird.