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24.03.2025 | Rhinosinusitis | Nachrichten

Nur zwei Injektionen im Jahr

Langwirksamer Antikörper bremst chronische Rhinosinusitis

verfasst von: Thomas Müller

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Eine subkutane Injektion mit dem Antikörper Depemokimab alle sechs Monate kann die Beschwerden von Menschen mit ausgeprägter chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen deutlich lindern. Dafür sprechen die Resultate von zwei Phase-3-Studien.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Menschen mit chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen (CRSwNP) leiden unter einer chronischen Entzündung der Nasen- oder Nasennebenhöhlenschleimhaut, die in der Regel durch eine Typ-2-Immunantwort verursacht wird. Hierbei sind eine Reihe proinflammatorischer Zytokine, etwa Interleukin-4, -5 und -13 von Bedeutung. Mit Antikörpern wie Dupilumab, die sich gegen solche Zytokine richten und zusätzlich zur Kortikoid-Standardtherapie verabreicht werden, lassen sich die Beschwerden oft gut lindern und wiederholte chirurgische Eingriffe vermeiden. Sie müssen jedoch in der Regel alle zwei Wochen injiziert werden.

Eine Alternative könnte hier der langwirksame Antikörper Depemokimab sein. Die Arznei richtet sich gegen Interleukin-5 (IL-5) und wird nur jedes halbe Jahr verabreicht; sie hat sich bereits in Studien bei Menschen mit schwerem Asthma bewährt. Ein Team um Dr. Philippe Gevaert von der Universität Gent in Belgien berichtet nun über die Resultate zweier Phase-3-Studien bei CRSwNP. Danach kann der langwirksame IL-5-Hemmer auch in dieser Indikation die Beschwerden deutlich lindern. Die Effekte könnten jedoch etwas schwächer ausfallen als mit Dupilumab.

Deutliche Reduktion im Polypen-Score

An den internationalen placebokontrollierten Studien ANCHOR-1 und ANCHOR-2 nahmen zusammen 540 Erwachsene mit CRSwNP teil. Sie stammten aus 16 Ländern, unter anderem auch Deutschland, und litten an schweren, unzureichend kontrollierten Symptomen. Voraussetzung für die Teilnahme waren ein endoskopischer Nasenpolypen-Score (NPS) von mindestens 5 von 8 Punkten, eine dokumentierte Behandlung mit systemischen Kortikosteroiden oder eine vorangegangene Nasenpolypen-Operation sowie ausgeprägte Symptome wie nasale Obstruktion oder Geruchsverlust.

Die Teilnehmenden waren im Schnitt rund 52 Jahre alt und im Mittel seit zwölf Jahren erkrankt, der Männeranteil betrug 70%. Rund zwei Drittel der Teilnehmenden hatten mindestens eine Nasenpolypen-Operation hinter sich. Zudem wiesen über die Hälfte eine begleitende Asthmaerkrankung auf.

Primäre Endpunkte waren Veränderungen im NPS sowie im nasalen Obstruktionsscore (nasal obstruction verbal response scale score, 0–3 Punkte). Zu Beginn erreichte der NPS im Mittel rund 6 Punkte in allen Gruppen. Mit dem IL-5-Antikörper war der Wert nach einem Jahr im Schnitt um 0,6 Punkte zurückgegangen, mit Placebo hatte er leicht zugenommen. Insgesamt ergab sich eine signifikante Differenz von 0,7 Punkten.

Der Wert im nasalen Obstruktionsscore war mit Depemokimab um etwas mehr als 0,7 Punkte, mit Placebo um rund 0,5 Punkte gesunken, hier ergab sich über beide Studien hinweg eine signifikante Differenz von 0,24 Punkten.

Weniger Kortikosteroide

Zudem benötigten weniger Patienten systemische Kortikosteroide zur Symptomkontrolle. Die Gesamtzahl der Teilnehmer, die während des Studienzeitraums operiert wurden oder auf einer Warteliste für chirurgische Eingriffe standen, war in der Depemokimab-Gruppe um 27% geringer als in der Placebo-Gruppe, diese Differenz war allerdings nicht statistisch signifikant.

Die Analyse der Sicherheitsdaten ergab, dass das Nebenwirkungsprofil von Depemokimab vergleichbar mit dem von Placebo war. Schwere unerwünschte Ereignisse traten in beiden Gruppen in ähnlicher Häufigkeit auf (bei 6% unter Placebo und 4% unter Depemokimab).

In einem Kommentar zu den Studien verweisen die HNO-Experten Dr. Sathish Paramasivan und Dr. Peter-John Wormald von der Universität in Adelaide sowie der HNO-Klinik in Woodville South in Australien darauf hin, dass die Effekte im Vergleich zu Dupilumab eher moderat ausfielen. Hier waren in den SINUS-Studien Placebo-Verum-Unterschiede von etwa 2 Punkten im NPS und 0,8 Punkten im Obstruktionsscore zutage getreten. „Die heterogene Patientenkohorte der ANCHOR-Studien könnte zu diesem Ergebnis beigetragen haben, denn es gibt Hinweise darauf, dass bei Personen mit schwereren Krankheitsmerkmalen eine größere Wirkung beobachtet wurde“, schreiben sie.

Auch Gevaert und Mitarbeitende weisen in diese Richtung: „In ANCHOR-1 und ANCHOR-2 gab es im Vergleich zu anderen Studien einen geringeren Anteil an Teilnehmern mit Merkmalen einer Typ-2-Entzündung.“ So waren etwa die durchschnittlichen Eosinophilenzahlen und IgE-Werte im Blut der Teilnehmenden niedriger als in Studien mit anderen IL-Blockern, ebenso der Anteil an Personen mit Asthma. Ob es tatsächlich größere Unterschiede zwischen den IL-Blockern gibt, müssten nun aber direkte Vergleichsstudien klären.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Kann eine subkutane Injektion mit dem monoklonalen Antikörper Depemokimab die Symptome von Menschen mit chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen (CRSwNP) wirksam lindern?

Antwort: In zwei Phase-3-Studien reduzierte Depemokimab den Nasenpolypen-Score, verbesserte die nasale Obstruktion und verringerte den Bedarf an systemischen Kortikosteroiden.

Bedeutung: Die Therapie könnte eine neue Behandlungsoption für Patienten mit schwerer, unzureichend behandelbarer CRSwNP werden. Allerdings waren die Therapieeffekte in den Phase-3-Studien zum Teil schwächer als mit kurzwirksamen Interleukin-Blockern.

Einschränkung: Recht heterogene Patientenkohorte – dies könnte das Ergebnis verwässert haben.
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Literatur

Gevaert P et al. Efficacy and safety of twice per year depemokimab in chronic rhinosinusitis with nasal polyps (ANCHOR-1 and ANCHOR-2): phase 3, randomised, double-blind, parallel trials. Lancet 2025;405:911–926; https://doi.org/10.1016/S0140-6736(25)00197-7

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