15.10.2018 | Pain Clinical Updates
Risikostratifizierung bezüglich der Entwicklung von chronischem postoperativem Schmerz
Erschienen in: Der Schmerz | Ausgabe 6/2018
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In den vergangenen 20 Jahren ist das Bewusstsein für die Belastung durch chronischen Schmerz nach operativen Eingriffen und anderweitigen Traumata gestiegen. Mittlerweile ist gut belegt, dass chronischer postoperativer Schmerz (CPSP) weitaus häufiger und schwerwiegender ist als bislang gedacht. Die Folgen für die Lebensqualität und Funktionsfähigkeit der Betroffenen sind weitreichend. Auch die Auswirkungen und Kosten für das Gesundheitssystem und die gesamte Gesellschaft sind erheblich [14]. Tab. 1 verdeutlicht dies anhand der Inzidenzen von chronischem Schmerz nach verschiedenen operativen Interventionen. Dargestellt sind auch der Anteil an Patienten mit starkem Schmerz und der Beitrag neuropathischer Schmerzen zum Gesamtbild. Die breite Streuung der Zahlenwerte lässt sich weitgehend durch methodische Unterschiede erklären, bedingt durch die Verwendung variabler Definitionen der Chronizität, insbesondere bezüglich des zeitlichen Rahmens der Messung (zwischen 2 und 12 Monaten). Weitere Einflussfaktoren sind differierende Studiendesigns (beispielsweise Querschnittstudien, Prävalenzerhebungen oder prospektive chirurgische Kohortenstudien) wie auch Unterschiede in der Bewertung von präoperativem chronischem Schmerz und in der Messung des postoperativen Schmerzes. Versuche einer standardisierten Definition stützen sich auf den anfänglichen Vorschlag von Macrae und Davies [17], der von Werner und Kongsgaard [27] modifiziert wurde. Das Resultat hat die IASP nun der WHO für die bevorstehende elfte Revision der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-11) vorgestellt [25]: „Chronischer postoperativer Schmerz ist ein Schmerz, der sich nach einem operativen Eingriff entwickelt und über den Heilungsprozess hinaus persistiert, das heißt mindestens 3 Monate nach Operation. Der Schmerz ist im Operationsbereich lokalisiert, wird in das Innervationsgebiet eines Nervs projiziert, der in diesem Bereich liegt, oder betrifft ein Dermatom (nach operativem Eingriff/Verletzung an tiefen somatischen oder viszeralen Geweben). Andere Ursachen des Schmerzes wie Infektion oder maligne Erkrankung müssen ebenso ausgeschlossen sein wie Schmerz, der ausgehend von einer vorbestehenden Schmerzproblematik anhält“.1
Art des operativen Eingriffs
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CPSP-Inzidenz gesamt (%)
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Inzidenz von schwerem CPSP (>5/10 von 10/10; %)
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Anteil des neuropathischen Schmerzes bei CPSP (%)
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---|---|---|---|
Amputation
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30–85
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5–10
|
80
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Kaiserschnitt
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6–55
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5–10
|
50
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Cholezystektomie
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3–50
|
Keine Angaben
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Keine Angaben
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Koronare Bypassoperation
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30–50
|
5–10
|
Keine Angaben
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Kraniotomie
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7–30
|
25
|
Keine Angaben
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Zahnchirurgie
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5–13
|
Keine Angaben
|
Keine Angaben
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Hüftendoprothetik
|
27
|
6
|
Keine Angaben
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Leistenherniotomie
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5–63
|
2–4
|
80
|
Knieendoprothetik
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13–44
|
15
|
6
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Melanomresektion
|
9
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Keine Angaben
|
Keine Angaben
|
Mastektomie
|
11–57
|
5–10
|
65
|
Sternotomie
|
7–17
|
Keine Angaben
|
Keine Angaben
|
Thorakotomie
|
5–65
|
10
|
45
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Vasektomie
|
0–37
|
Keine Angaben
|
Keine Angaben
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