In der Intention-to-treat-Analyse (ITT) betrug die mediane rezidivfreie Überlebenszeit nach alleiniger Op. 5 Jahre und im RT + Op.-Arm 4,5 Jahre (HR 1,01, 95 %-CI 0,71–1,44, p = 0,95). Entsprechend waren auch die „3-Jahres-Überlebensraten ohne abdominelles Rezidiv“ gleich (58,7 % vs. 60,4 %).
Nach Ausschluss von 19 Patienten (sog. „Post-hoc-Analyse“), die unter der Radiotherapie progredient waren (aber dennoch komplett operiert wurden) oder „unfit“ wurden, waren die 3‑Jahres-Überlebensraten mit 62,2 % vs. 71,3 % höher im Kombinationsarm (HR 0,78, 95 %-CI 0,53–1,16). In der Subgruppe der Liposarkome waren insgesamt 65 Rezidive zu verzeichnen (39 nach alleiniger Op. vs. 26 nach RT + Op.), was sich in einer verbesserten 3‑Jahres-Überlebensrate mit 65 % auf 76 % niederschlug (HR 0,62, 95 %-CI 0,38–1,02).
Kommentar
Retroperitoneale Sarkome sind eine seltene und zusätzlich noch relativ heterogene Tumorentität. Umso verdienstvoller ist es, qualitativ hochwertige Daten zur Evidenz verschiedener Behandlungsmodalitäten zu generieren, was der EORTC mit der hier vorgelegten STRASS-Studie gelungen ist. Zweifelsohne ist – rein formal gesehen – die Schlussfolgerung der Autoren, der zufolge der präoperativen Radiotherapie kein Stellenwert zuzumessen sei, als korrekt anzusehen. Aus radioonkologischer Sicht allerdings bedarf es einer kritischen Stellungnahme.
1.
Nachbeobachtungszeit zu knapp
Mit lediglich 3,6 Jahren ist die mediane Nachbeobachtungszeit zur wirklichen Beurteilung des Langzeitverlaufs eines retroperitonealen Sarkoms und damit zur Definition des Stellenwerts einer Radiotherapie zu knapp. Größere (wenn auch retrospektive) Studien [
2] zeigen, dass zwar die Rate an Fernmetastasen mit 21 % (95 %-CI 19,0–24,6) nach 5, 8 und 10 Jahren stabil blieb, jedoch die Lokalrezidivraten stetig anstiegen: Nach 5 Jahren betrug die kumulative Inzidenz 25,9 % (95 %-CI 23,1–29,1), nach 8 Jahren 31,3 % (95 %-CI 27,8–35,1) und nach 10 Jahren 35 % (95 %-CI 30,5–40,1). Dieser Sachverhalt deckt sich mit den klinischen Erfahrungen.
2.
Fehlende Stratifikation nach Histologie und Grading
Eine Subgruppenanalyse wird seitens der Autoren nicht angeboten, da offenbar keine Stratifikation nach histologischer Entität und Grading vorgesehen war. Es wurde zwar nach WHO-Performance-Status und Institution, jedoch nicht nach den genannten Kriterien stratifiziert. Dennoch bleibt das positive Signal in der Subgruppe der Patienten mit Liposarkom, welches eine Halbierung der Lokalrezidive nach der Kombinationsbehandlung aus RT und Op. im Vergleich zur alleinigen Op. zeigt.
3.
Zielvolumendefinition und Rezidivmuster
Das Studienprotokoll sah eine Festlegung des klinischen Zielvolumens (CTV) als „geografische Expansion“ des makroskopischen Tumorvolumens (GTV) um 5–6 mm vor, was fraglos für ein aggressives Sarkom als zu knapp angesehen werden muss. Zudem werden in der Publikation keine Daten zum etwaigen Rezidivmuster präsentiert, was in diesem Licht besonders von Interesse gewesen wäre und den geringen Effekt der RT erklären könnte.
4.
Erhöhte Toxizität
Die Autoren beschreiben relativ hohe Raten an akuter Toxizität vom CTC-Grad 3–4, so z. B. eine Lymphopenie bei 77 %, eine Anämie bei 12 % und eine Hypalbuminämie bei 12 % nach RT und Op. Diese waren nach alleiniger Op. deutlich geringer ausgeprägt. Eine wirkliche Per-protocol-Behandlung fand demnach bei 128/133 (96 %) im Op.-Arm, aber nur bei 119/133 (89 %) der Patienten im RT + Op.-Arm statt, was ggf. auch die ungünstigen Ergebnisse der ITT-Analyse erklärt. In jedem Fall sollte eine hinreichende supportive Therapie im Zusammenhang mit der abdominellen Radiotherapie der relativ großen retroperitonealen Volumina geboten sein, zumal andere Autoren [
3] von einer a priori bestehenden Malnutrition bei mindestens 50 % der Patienten berichten.
Fazit
Rein formal kann durchaus die präoperative RT in der Subgruppe der retroperitonealen Liposarkome auf der Basis der hier diskutierten Daten empfohlen werden. Im Übrigen bleibt die gesicherte Indikation [
4,
5] zur postoperativen RT (ggf. unter Einschluss der intraoperativen RT) davon unberührt.
Gerhard G. Grabenbauer, Coburg
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