Hintergrund
Methoden
Ergebnisse
Heterogenität der getroffenen Maßnahmen
Gesundheitliche Information und Aufklärung
Herausforderung | Handlungsbedarf | |
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Aufklärung Bewohner*innen: Fülle an Information | Fülle an möglichen Informationsquellen und Herausforderung, geeignete Materialien auszuwählen „Es gibt dann auf einmal […] ein reichhaltiges Angebot, das wächst ja jeden Tag an Informationen. Und auch bei uns, die [Organisationen] untereinander, man tauscht sich aus. Jeder erfindet dann das Rad neu und man hat dann eine regelrechte Informationsflut. Und das führt dann meistens dazu, dass so eine Einrichtung schnell aussieht wie so eine Litfaßsäule, weil man 50 verschiedene Aushänge hat, die aber alle letztendlich das Gleiche meinen“ (35EA) | Bedarf an zentraler Bündelung settingspezifischer und wissenschaftlich begutachteter Informationsangebote für Geflüchtete „Also das RKI stellt dann Informationen bereit, aber halt auch nur die Informationen des RKI. Da wäre eine größere und stärkere Koordination und eine stärkere Recherche, die dann vielleicht nicht jedes Bundesland einzeln machen müsste oder nicht jede Gemeinde einzeln machen müsste oder noch stärker jede einzelne Ambulanz selber machen müsste, sondern dass man darauf zugreifen könnte und da sich relativ sicher sein könnte, dass da die validen Patienten und auch sonstigen Informationen sind“ (28EA) |
Aufklärung Bewohner*innen: Verständlichkeit | Informationsquellen verwenden schwierige Sprache, schriftliche Informationen deshalb schwer verständlich für Bewohner*innen mit niedrigem Bildungsgrad „[…] die meisten Informationsschreiben, die es da so gab auch von Landesseite, von den Gesundheitsämtern, die waren halt für Sie und mich gedacht, wir, die der deutschen Sprache komplett mächtig sind, und da haben wir halt bei manchen gemerkt: okay, die sind so einfach nicht verwendbar“ (12LK) „Also geschrieben hat man sehr viel bekommen, aber wir haben einfach gemerkt, dass das Geschriebene flächendeckend nicht überall wahrgenommen wird. Also auch mit Aushängen oder sonstiges, das funktioniert eben nicht ganz so gut“ (38SK) | Bereitstellen von Informationsmaterial in leichter und bildlicher Sprache „[…] wir machen das ohnehin so […], dass wir einfache Sprache benutzen und […] als Grundlage für die Übersetzung überhaupt nehmen und, wo es geht, auch mit Piktogrammen arbeiten“ (08SK) |
Stärkung der mündlichen Informierungsmöglichkeiten mit Sprachmittler*innen „[…] klar haben wir auch relativ hohe Analphabetenquote, dafür gibt es dann aber die Sozialberatung oder Leute mit Sprachmittlern, […] sodass man den Geflüchteten halt auch wirklich die Allgemeinverfügung erklären kann in ihrer Sprache, sodass sie es verstehen, das war uns auch ganz wichtig, dafür ansprechbar zu sein“ (44EA) | ||
Infektionsschutz: fehlende räumliche Kapazitäten | Bedarf an zusätzlichen räumlichen Kapazitäten zur Entzerrung der Belegung „Soziale Distanzierung, das ist brutal schwer, weil […] [es] sind pro Gebäude hundert Leute untergebracht. Das heißt, je Stockwerk 30 bis 40 Leute. […] Die benutzen die gleiche Duschanlage, und die benutzen die gleichen Waschräume. 30, 40, manchmal 50 Leute. Und den Leuten dann zu sagen, ‚Ihr dürft euch auf dem Gelände nur zu zweit oder im Familienverband aufhalten‘, das ist sehr, sehr schwer zu vermitteln“ (31EA) | Bedarf eines langfristigen räumlichen Kapazitätsaufbaus mit stringenten Qualitätsstandards „Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, weil es gibt eine Vorgabe bei der Asylunterbringung von 7 Quadratmetern für jede Person und eine Auslastung von 80 % der Unterkünfte, […] und das zeigt sich in solchen Pandemien, dass […] der Schuss nach hinten losgeht in dem Moment, weil man nämlich keine Kapazitäten hat, darauf zu reagieren“ (4SK) „Ich hätte in meinen Gemeinschaftsunterkünften auf jeden Fall gerne mehr sanitäre Anlagen. Und es hat sich bei Corona halt gezeigt, dass es dringend erforderlich ist, das war es aber auch vorher schon. Die meisten eingerichteten Gemeinschaftsunterkünfte sind ja schon jahrelang in Betrieb oder in der Flüchtlingshochzeit relativ kurzfristig eingerichtet worden und bieten deshalb meiner Meinung nach nicht immer einen erforderlichen Sanitärstandard“ (46SK) |
Infektionsschutz: Verlegung | Für Kreise: Problematik durch Zuverlegung aus EAs, aber Weiterverlegung in Gemeinden nur bedingt möglich „Umgekehrt hat die Politik natürlich auch gesagt ‚Zweifellos finden die Zuweisungen weiterhin statt‘ also eher mehr als weniger […] Das bedeutet für uns klar wenn wir sagen ‚Wir wollen ein bisschen vorsichtig sein‘, dann brauchen wir aber umso schneller wieder eine zweite und eine dritte Unterkunft“ (06LK) | |
Gesundheitliche Versorgung: Koordination | Herausforderung, mit geänderten Abläufen, aber auch Ängsten externer Gesundheitsdienstleister umzugehen „Ja natürlich, also es war schwieriger für unsere Bewohner, zum Arzt zu kommen, weil die Ärzte natürlich auch ihre Abläufe geändert hatten, weil es schwieriger war, einen Termin zu bekommen […] dann auch noch die Sprachbarriere dazu, und was bei uns ein großes Problem war, da weiß ich bis heute noch nicht wo es her kam – die Landesaufnahmestelle wurde als Hotspot des Coronavirus betitelt […] – das war nicht der Fall und da hatten viele Ärzte einfach Angst, sich zurückgezogen und haben die Behandlung teilweise wirklich verweigert“ (32EA) | Ausweitung der Aufgaben des Einrichtungspersonals (z. B. Sozialarbeiter) um gesundheitliche Vermittlung und Koordination bzw. Einrichtung spezifischer koordinierender Stelle „Krankheitsfälle werden von den Sozialarbeitern auch engmaschig betreut, ähm mir fällt jetzt gerade ein Fall ein, in der Anschlussunterbringung hatten wir bestätigte Verdachtsfälle, da war eine Frau dabei, die krebskrank ist und die auch an ihre Medikamente hätte kommen müssen, die zusätzlich dann auch unter Quarantäne gesetzt war, da hat sich dann der Sozialarbeiter darum gekümmert, der war dann in der Uniklinik in [Stadt48] hat die Medikamente organisiert, ansonsten haben wir das immer auch abgefragt also die Termine konnten eigentlich auch wahrgenommen werden zu den Ärzten“ (17LK) „Also bisher war es immer so auch, dass die Sozialbetreuung immer eng involviert war, wenn der Flüchtling Symptome gezeigt hat, und in der Regel hat das die Sozialbetreuung auch mit dem Hausarzt geklärt. Und der Hausarzt ruft dann in der Regel auch wieder die Sozialbetreuung zurück und gibt denen die Information, äh das Testergebnis wird da mitgeteilt“ (05LK) |
Testung: Informationsweitergabe | Inkenntnissetzung der Einrichtungsleitung über positive Testergebnisse bei Bewohner*innen „Wenn natürlich jemand zum Gesundheitsamt geht, und sich dort testen lässt ohne das zu kommunizieren, wird es zweifellos schwieriger sein daran zu kommen, aber häufig ist es so, dass das dann auch das Umfeld dort irgendwie mitbekommt wenn es jemandem nicht gut geht oder die Menschen wenden sich direkt an unsere Mitarbeiter vor Ort und sagen ‚Husten, Halsweh – ich will mich testen lassen‘ – dann bekommen wir entsprechend Rückmeldung auch vom Gesundheitsamt“ (02SK) | |
Quarantäne: Schutzausrüstung | Knappheit an Schutzausrüstung „Problem war am Anfang natürlich auch, Schutzmaterial […] Masken, Schutzanzüge, auch für die Hausverwalter zu bekommen, da sind uns auch Lieferungen zugesagt worden, die man dann wieder umgeleitet hat an die Krankenhäuser, was irgendwo auch verständlich ist“ (43LK) | Effektive behördliche Unterstützung und Führung; Einbindung von Geflüchteten in Gesamtstrategien der lokalen Behörden „Wir haben natürlich auch einen Landrat, der das volle Vertrauen in uns hat, und wenn wir was brauchen, […] er geht voran in der Corona-Krise, also muss ich wirklich sagen, haben wir ein sehr gutes Oberhaupt“ (18LK) |
Zusammenarbeit Gesundheitsamt: Ressourcenknappheit | Unzureichende Erreichbarkeit und Einbindung des Gesundheitsamtes in Strategien vor Ort „Ich sage es mal so: Wenn du eine Einrichtung hast, die unter Gesamtquarantäne ist, die dann auch in der [Presse] als Corona-Hotspot bezeichnet wird, […] [aber] das Gesundheitsamt war nie da bei uns und hat mit uns geredet über die Themen […], dann denke ich, es spricht für mich schon ein bisschen Bände, was die Zusammenarbeit angeht“ (anonym) „Die Einzigen, die mein vollstes Mitleid verdienen, sind die Gesundheitsämter, weil die teilweise wirklich dermaßen abgesoffen sind. So war unser Eindruck, dass der einzige Wunsch vielleicht gewesen wäre, […] weiterhin diesen engen Draht zu denen zu haben. Das war aber rein menschlich nicht möglich“ (35EA) | Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und engere Einbindung dessen gesundheitlicher Expertise „Also was ich mir grundsätzlich wünschen würde ist natürlich ein personell noch besser ausgestattetes Gesundheitsamt […] dass die ein bisschen mehr Ruhe hätten, um das zu machen, das wäre natürlich sehr schön, weil dann könnte man da auch mit einem ruhigeren Gewissen anrufen und das nochmal in Ruhe durchsprechen und so weiter, die nehmen sich schon die Zeit, alles gut, aber ich weiß auch, unter was für einem Druck die stehen“ (09LK) „Da nochmal eine individuelle Info wäre schön gewesen weil es kam wie gesagt diese Info […] wo auch drin steht was die in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen machen, ja das stimmt schon, aber, das ist so, ‚Hier hast du acht Seiten, lies das durch und guck was für dich wichtig ist‘ so eine, ein Ticken individuellere Info wäre schön gewesen“ (06LK) |
Empfehlungen: lokale Diversität | Unterschiedliche infrastrukturelle Bedingungen „Jeder Landkreis ist aufgrund seiner Infrastruktur anders, muss da selber überlegen, wie kann er vorbeugend tätig werden“ (25LK) | |
Quarantäne: Planbarkeit | Planbarkeit der Versorgung während der Quarantäne schwierig „Ein Problem wird immer sein, wenn Personen unter Quarantäne gestellt werden, die dann zu versorgen. Das kann man organisieren mit einem Lieferservice, mit einem Einkaufsdienst, häufig ist das Problem dann allerdings auch […] die finanzielle Seite, wie kommen sie dann an ihr Geld – […] das gestaltet immer das System ein wenig schwierig hier Menschen zu versorgen“ (4SK) „Bis heute haben wir da einfach keine verbindliche Aussage, weil das Gesundheitsamt auch sagt, das müssen sie im Einzelfall entscheiden und das müssen wir dann natürlich auch so hinnehmen“ (03SK) | Möglichkeit der Vorabplanung mit dem Gesundheitsamt „[…] in einigen Landkreisen hätte ich mir die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern noch enger und transparenter vorgestellt, […] die klassische Frage: ‚Gibt es einen Plan für unsere Unterkunft, wenn wir einen Fall haben?‘ die wurde dann oft damit beantwortet mit ‚naja dann machen wir einen Plan‘ – da hätte ich mir gewünscht, das man sich da auch einfach mal mit dem Gesundheitsamt vielleicht auch mal richtig zusammengesetzt hätte und einen Plan zusammen entwickelt hätte“ (45LK) |
Quarantäne: Informationsbedarf | Fehlende Information und Expertise für die Personen, welche die Quarantäne umsetzen „Was so Begriffe wie, Isolierung, Kohortenisolierung das sind alles Sachen, da wird man mit konfrontiert, dann denkt man ‚Kohortenisolierung: Was ist das? Wie mache ich das? Was muss ich beachten?‘, also in dieser Richtung, einfach […] Unterstützung, für den Verwaltungsmensch vor Ort“ (32EA) „Ich bin kein Mediziner, ich maße mir da kein Urteil an, uns hat das ein bisschen verwundert, weil wir dachten, es wäre sinnhafter, wenn drei Verdachtsfälle, in drei verschiedenen Unterkünften auftauchen, dass man die lieber dann zusammen rausnimmt, in eine Unterkunft nimmt“ (03SK) | Zentrale Empfehlungen für das Vorgehen im Setting der Flüchtlingsunterkünfte, eingebettet in eine Gesamtstrategie auf Bundesebene „Was ich mir gewünscht hätte, im Vorfeld, wären Pläne gewesen, der Bundesbehörden, wie man eigentlich in solchen Einrichtungen vorgehen muss. Dass ich mir nicht tausend Stunden Gedanken machen muss, und wirklich tausend Stunden, um das mir zu erarbeiten, sondern ich hätte mir aus dem Bundesgesundheitsministerium irgendwie einfach einen Katalog gewünscht, wo drinsteht, was mache ich bei der Pandemie [in einer Aufnahmeeinrichtung], und dann arbeite ich einfach das ab“ (39EA) „Du musst dir eigentlich alles selber aus dem Finger saugen und du hast wenig Vorgaben gehabt von Ministerien, von Gesundheitsverwaltung ähm. […] Das hätte uns schon geholfen, wenn wir Vorgaben gehabt hätten zu Beginn. Also wir haben ja uns frühzeitig drum gekümmert […]. Das hätte sehr geholfen, wenn wir da, Vorgaben gehabt hätten, wie verhalten wir uns, wie gehen wir mit Positiven, wie gehen wir mit Negativen um“ (31EA) |
Zusammenarbeit Gesundheitsamt: uneinheitliche Vorgehensweisen | Unterschiedliche Gesundheitsämter haben uneinheitliche Vorgaben und Vorgehensweisen „Da gab es einfach sehr unterschiedliche Vorgehensweisen. Manche wollten zum Beispiel die Kontaktpersonenermittlung unbedingt selbst machen, andere haben gesagt: ‚Das kommt überhaupt nicht in Frage […]‘. Dann wurde auch die Anordnung von Reihentestungen unterschiedlich gehandhabt. In manchen Unterkünften hatten wir’s, in anderen nicht, dann was auch unterschiedlich war, war eine abschließende Testung, nach Ablauf der Quarantäne, manche haben’s angeordnet, andere NICHT, das hat uns vor Herausforderungen gestellt“ (42EA) | |
Empfehlungen: Umsetzbarkeit | Allgemeine Empfehlungen lassen sich im Flüchtlingskontext nicht umsetzen „[…] dann hat sich gezeigt, dass das in den Unterkünften natürlich nicht möglich ist […] wir packen irgendwo unsere Hausmeister zusammen und wir packen irgendwo die Sozialarbeiterinnen zusammen und die gehen dann raus, wenn irgendwo, was weiß ich, gemeldet wird ‚da läuft jetzt Wasser aus der Steckdose‘ oder ‚da gibt es jetzt einen Tumult der Bewohner‘, das funktioniert nicht“ (02SK) |
Infektionsschutzmaßnahmen in SU
Anpassungen sozialer Unterstützungsangebote
Anpassung gesundheitlicher Versorgungsangebote
Testung auf SARS-CoV-2
Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen
Intersektorale Zusammenarbeit
Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern
Konzeptionelle Zusammenarbeit | Praktische Zusammenarbeit |
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– Beratung der Aufnahmebehörden durch Gesundheitsämter – Erstellung von Hygienekonzepten – Erstellung eines prospektiven Quarantänekonzepts – Beratung zu Lockerungsmaßnahmen | – Testungen auf SARS-CoV-2 unter Bewohner*innen und ggf. Personal (Anordnung, Organisation, Durchführung) – Kontaktpersonenermittlung bei Verdachts- und Positivfällen – Erlass von Quarantäneanordnungen/-verfügungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG; ggf. gemeinsam mit zuständiger Ordnungsbehörde) und Kommunikation an Betroffene – Präventions‑, Aufklärungsangebote der Gesundheitsämter für Bewohner*innen |