Hintergrund
Ein erheblicher Teil der Verläufe des Post-COVID-Syndroms (COVID „coronavirus disease“) erfüllt die Diagnosekriterien für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS). In den nächsten Jahren muss deshalb mit einer Verdopplung der Zahl der von ME/CFS Betroffenen gerechnet werden.
Ziel der Arbeit
Darstellung des aktuellen Wissensstands zu ME/CFS.
Material und Methoden
Unsystematisches Review der Literatur sowie eigener Arbeiten in Forschung und Patient*innenversorgung.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
Bei ME/CFS handelt es sich um eine zumeist infektinduzierte, in der Regel lebenslang persistierende neuroimmunologische Erkrankung mit mindestens 6 Monate anhaltender Fatigue und dem definierenden Kernmerkmal der Belastungsintoleranz („post-exertional malaise“ [PEM]). Darunter versteht man eine nach (auch leichter) Alltagsanstrengung auftretende Verschlechterung der Beschwerden, die meist erst nach mehreren Stunden oder am Folgetag einsetzt, mindestens 14 h nach Belastung noch spürbar ist und oft mehrere Tage (bis Wochen oder länger) anhält. Des Weiteren bestehen bei ME/CFS Schmerzen, Störungen von Schlaf, Denk- und Merkfähigkeit sowie Fehlregulationen von Kreislauf, Hormon- und Immunsystem. Als eigenständige klinische Entität ist ME/CFS von der chronischen Fatigue abzugrenzen, die als Symptom bei ganz unterschiedlichen Erkrankungen auftritt. Die Diagnose ME/CFS wird anhand etablierter internationaler Diagnosekriterien klinisch gestellt und erfordert zum Ausschluss anderer Diagnosen eine sorgfältige Stufendiagnostik. Eine kausale Therapie für ME/CFS ist nicht etabliert, im Vordergrund steht die Linderung der Beschwerden, die Behandlung der oft begleitenden orthostatischen Intoleranz sowie die Unterstützung beim vorausschauenden Energiemanagement („pacing“).