Erfolg mit Zelltherapie bei Schädel-Hirn-Traumata

Eine Therapie mit speziellen mesenchymalen Stammzellen kann offenbar die motorischen Defizite bei Schädel-Hirn-Traumata lindern. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Persistierende motorische Probleme plagen viele Patienten nach schweren Schädel-Hirn-Traumata (SHT). Wie die Interimsresultate einer Phase-2-Studie nahelegen, lassen sich solche Beschwerden durch die Implantation modifizierter mesenchymaler Stammzellen deutlich lindern. Über die Hälfte der Behandelten verspürt eine klare Verbesserung, berichten Neurochirurgen um Dr. Masahito Kawabori von der Universität in Sapporo in Japan. Zellen produzieren neurotrophe Faktoren Für ihre randomisiert-kontrollierte Studie haben die Ärzte bestimmte zur Neurorestauration entwickelte allogene Knochenmarkstammzellen des Unternehmens SanBio verwendet. Eine Immunsuppression bei einer intrakraniellen Therapie ist mit diesen Zellen nicht nötig. Die als SB623 bezeichneten Zellen wurden zudem transient mit Kopien des Notch-1-Gens transfiziert. Sie produzieren dadurch mehr neurotrophe Faktoren sowie extrazelluläre Matrixproteine, welche beschädigte Zellen unterstützen. Präklinische Studien hätten kein besonderes tumorigenes Potenzial solcher Zellen ergeben, eine kleine Phase-1/2-Studie sprach für einen gewissen Nutzen bei Patienten nach einem Schlaganfall, berichten die Ärzte um Kawabori. Für ihre nun veröffentlichte Studie STEMTRA (Stem Cell Therapy for Traumatic Brain Injury) konnten sie 63 Patienten mit stabilen persistierenden motorischen Defiziten nach einem SHT gewinnen. Die Betroffenen waren im Schnitt 34 Jahre alt und zu drei Vierteln Männer, das SHT lag zwischen eineinhalb und 28 Jahren zurück. Etwa drei Viertel bekamen die modifizierten Stammzellen stereotaktisch implantiert. Dazu bohrten die Ärzte ein kleines Loch durch den Schädel und deponierten die Zellen in der Nähe lädierter kortikaler und motorischer Areale. Sie verwendeten drei unterschiedliche Dosierungen: 250.000, 500.000 und 1 Million Zellen. 15 Patienten wurden der Kontrollgruppe zugewiesen – hier bohrten die Ärzte den Schädel lediglich an. Empfehlung der Redaktion Schädel-Hirn-Trauma – Themenseite Milde Schädel-Hirn-Traumata werden selten richtig diagnostiziert und haben mitunter weitreichende Folgen für den Patienten. Lesen Sie hier die aktuellen Beiträge zum SHT. Für den primären Endpunkt wählten sie Veränderungen auf der Fugl-Meyer-Motor-Skala (FMMS) – sie umfasst 0 Punkte (schwerste motorische Defizite) bis 100 Punkte (keine Defizite). Zu Beginn erreichte der FMMS-Wert sowohl bei den Patienten mit Stammzelltherapie als auch in der Kontrollgruppe 52 Punkte. In der Zwischenanalyse nach sechs Monaten hatte sich der Wert über alle Patienten mit Stammzellen hinweg um 8,3 Punkte verbessert, in der Kontrollgruppe ging er um lediglich 2,3 Punkte zurück – eine Differenz von 6,0 Punkten. Eine klinisch bedeutsame Reduktion von mindestens 10 Punkten erzielten ebenfalls signifikant mehr Patienten mit Stammzellen (39% versus 7%). Beste Resultate mit mittlerer Dosis Die numerisch besten Resultate erreichten die Ärzte mit der mittleren Dosierung: Hier sank der FMMS-Wert im Schnitt um knapp 11 Punkte, und etwas mehr als die Hälfte (53%) schaffte eine Reduktion von mindestens 10 Punkten. Am geringsten waren die Effekte mit der niedrigsten Dosis – damit erreichten nur 20% eine 10-Punkte-Verbesserung, mit der höchsten Dosis waren es 44%. Auf anderen Funktions- und Behinderungsskalen deuteten sich ebenfalls Verbesserungen nach der Stammzelltherapie an, allerdings keine signifikanten. Eine klinisch bedeutsame Verbesserung fanden die untersuchenden Ärzte bei 33% mit und 14% ohne Stammzellen. Eine deutliche Verbesserung nach der Behandlung nannten 57% der Patienten mit und 27% ohne Stammzellen. Häufigste Nebenwirkung waren Kopfschmerzen: Diese traten bei jedem Zweiten mit Stammzellen und jedem Vierten mit der Scheinbehandlung auf – zumeist in den ersten drei Tagen nach dem Eingriff. Sechs Patienten mit Stammzellen entwickelten Fieberanfälle, 17 ein subdurales oder parenchymales Hämatom. Bei einem Patienten mit Stammzellen verschlechterte sich die Balance, keiner brach die Studie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Weshalb die mittlere Dosis am besten wirkte, bleibt unklar. Die Experten um Kawabori vermuten, dass bei höheren Dosierungen inflammatorische Reaktionen zunehmen und den Nutzen schwächen. Zunächst einmal müssen sie aber warten, wie die Endergebnisse der Studie nach einem Jahr aussehen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Können mesenchymale Stammzellen motorische Defizite nach einem Schädel-Hirn-Trauma lindern? Antwort: In einer Phase-2-Studie verbesserte sich die motorische Funktion von Patienten mit persistierenden motorischen Defiziten unter einer Stammzelltherapie signifikant im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Scheinimplantation. Bedeutung: Allogene Stammzellen können offenbar persistierende motorische Defizite lindern. Einschränkung: Interimsergebnisse, geringe Teilnehmerzahl.

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