Hintergrund
Die endokrine Orbitopathie (EO) ist eine Autoimmunerkrankung, meist mit einer Schilddrüsenerkrankung assoziiert, die zu Entzündungen, Adipogenese und Fibrose führt. Die Schwere der EO kann zwischen Individuen stark variieren, was es schwierig macht, den natürlichen Verlauf der Erkrankung genau vorherzusagen. Dies ist jedoch wichtig, um die Behandlung individuell anpassen zu können. Ziel dieser Studie war es, die klinischen Merkmale, den Verlauf, die Behandlung und die Prognose von EO-Patienten unter 50 Jahren mit älteren Patienten zu vergleichen. Für dieses Sonderheft wurden dabei die Ergebnisse der Arbeit mit Schwerpunkt auf die Motilität reproduziert.
Patienten und Methoden
Analysiert wurden die Krankenakten einer zufällig ausgewählten Stichprobe von 1000 Patienten aus unserer EO-Datenbank in Essen (GODE), die 4260 Patienten umfasst. Die Patienten wurden in 2 Gruppen unterteilt: Gruppe 1 (≤ 50 Jahre) und Gruppe 2 (> 50 Jahre). Nur Patienten mit vollständigen Datensätzen wurden in die weitere statistische Analyse einbezogen.
Ergebnisse
Jüngere Patienten (n = 484) waren signifikant häufiger mit milder EO (53 % vs. 33 %, p < 0,0001) vorstellig, während ältere Patienten (n = 448) häufiger an moderaten bis schweren Formen litten (44 % vs. 64 %, p < 0,0001). Ältere Patienten zeigten schwerwiegendere Strabismus‑, Motilitäts- und klinische Aktivitätsscores (5,9 vs. 2,3 PD/310° vs. 330°, beide p < 0,0001, CAS: 2,1 vs. 1,7, p = 0,001). Proptosis und das Auftreten einer Optikuskompression zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (jeweils 3 %). Die multiple logistische Regression ergab, dass der Bedarf an einer zweiten Augenmuskeloperation am stärksten mit einer vorherigen Dekompression assoziiert war (OR = 0,12, 95 % CI: 0,1–0,2, p < 0,0001), gefolgt von orbitaler Bestrahlung und Alter.
Diskussion
Zusammenfassend präsentieren sich jüngere EO-Patienten mit milderen klinischen Merkmalen wie einer geringeren Rate an restriktiven Motilitätsstörungen und weniger ausgeprägten Entzündungszeichen. Ältere Patienten benötigen daher häufiger Steroide, Bestrahlung sowie Lid- und Augenmuskeloperationen. Das Risiko für eine Optikuskompression und die Notwendigkeit einer zweiten Augenmuskeloperation sind jedoch nicht bzw. nur geringfügig mit dem Alter assoziiert.