Erschienen in:
19.09.2019 | Schizophrenie | Leitthema
Computationale Psychiatrie
Datengetriebene vs. mechanistische Ansätze
verfasst von:
Jakob Kaminski, M.D., Teresa Katthagen, PhD, Prof. Dr. Florian Schlagenhauf, M.D.
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 11/2019
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Zusammenfassung
Das relativ junge Forschungsfeld der sog. computationalen Psychiatrie versucht, durch Anwendung computationaler Methoden zu einem Verständnis komplexer psychiatrischer Phänomene beizutragen und eine Translation neurowissenschaftlicher Forschungsergebnisse in die klinische Praxis zu fördern. Wir stellen dieses Forschungsfeld anhand ausgewählter Beispiele vor und gehen dabei von der Unterscheidung zwischen datengetriebenen und theoriegetriebenen Ansätzen aus. Exemplarisch für einen datengetriebenen Ansatz stehen Studien zur Vorhersage klinischer Verläufe beispielsweise bei Personen mit psychotischem Risikosyndrom oder zum Ansprechen auf eine medikamentöse Depressionstherapie. Mithilfe theoriegetriebener Ansätze bemühen sich Forscher*Innen darum, die Mechanismen veränderter Informationsverarbeitung als Ursache psychiatrischer Symptome auf der Verhaltens- und der neuronalen Ebene zu beschreiben. In computationalen Modellen können mögliche Mechanismen beschrieben werden, welche die gemessenen Verhaltens- oder neuronalen Daten wahrscheinlich hervorgebracht haben. Beispielsweise wurde bei an Schizophrenie erkrankten Patienten das klinische Phänomen der aberranten Salienz als Lernen irrelevanter Information beschrieben oder kognitive Defizite mit Konnektivitätsveränderungen in frontoparietalen Netzwerken in Verbindung gebracht. Die computationale Psychiatrie kann wichtige Beiträge zur Prädiktion individueller klinischer Verläufe sowie zu einem mechanistischen Verständnis psychiatrischer Symptome machen. Die Weiterentwicklung verlässlicher und valider Methoden über verschiedene Disziplinen hinweg ist hierzu unabdingbar.