Intensives Metakognitives Training dämpft Wahnsymptome

Vier Doppelsitzungen mit Metakognitivem Training können die Wahnsymptome von Psychosekranken deutlich lindern. Auch die Krankheitseinsicht wird dadurch gefördert. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Metakognitives Training, also das Nachdenken über das Denken, soll bei psychisch Kranken ausgeprägte Denkverzerrungen aufspüren und abbauen. Dazu zählen etwa Fehlinterpretationen, welche vorhandene Wahnvorstellungen nähren. Therapeuten machen spielerisch anhand von Beispielen deutlich, wo Denkfallen lauern und wie diese aufzuspüren sind: Sie zeigen etwa das Bild eines mit geballter Faust aufschreienden Fußballtrainers. Viele wollen darin Wut und Bedrohung erkennen, dabei freut der sich nur über den Siegtreffer. Das Metakognitive Training (MCT) wurde mittlerweile bei diversen psychischen Krankheiten geprüft und meist als erfolgreich bewertet, doch schwächten sich die Effekte oft ab, sofern Forscher eine aktive Kontrollgruppe verwendeten. Inzwischen gibt es zudem unterschiedliche MCT-Varianten; so fließen in das MCT für Psychosekranke (MCT+) auch bewährte Strategien aus der kognitiven Verhaltenstherapie mit ein. „Dieser Hybridansatz ermöglicht es Therapeuten, diejenigen kognitiven Verzerrungen anzugehen, welche die Wahnvorstellungen antreiben, und gleichzeitig die therapeutischen Maßnahmen auf die Wahnvorstellungen zu richten“, schreiben Dr. Ryan Balzan und Mitarbeiter von der Universität Adelaide in Australien. Das MCT+ sei bislang noch nicht in einer unabhängigen Interventionsstudie mit aktiver Kontrollgruppe geprüft worden, also von Forschern, die an der Entwicklung des Verfahrens nicht beteiligt waren. Das haben die Psychiater um Balzan nun in einer kleinen Untersuchung bei 54 Patienten nachgeholt. Dabei setzten sie auf ein intensiviertes MCT+: Statt acht Sitzungen mit je einer Stunde Dauer gewährten sie ihren Patienten vier Doppelstunden innerhalb eines Monats. Die halbierte Zahl der Therapietage sollte die Compliance steigern. Wahnscore fast halbiert Alle Teilnehmer hatten eine aktuell bestehende Wahnvorstellung. Etwas mehr als die Hälfte war männlich, rund 70% trugen eine Schizophreniediagnose, die übrigen eine schizoaffektive Störung oder eine andere Psychoseform. Fast alle wurden mit Antipsychotika behandelt. Die Hälfte der Patienten bekam das MCT+, die übrigen ein spezielles Training, um neurokognitive Defizite zu mindern (Kontrollgruppe). Auch dieses erfolgte in vier Sitzungen à zwei Stunden. Als primären Endpunkt wählten die Psychiater um Balzan zum einen Veränderungen auf der Wahn-Subskala (P1) des PANSS, zum anderen die gesamte PANSS-Subskala für Positivsymptome. In der MCT+-Gruppe betrug der P1-Wert zu Beginn 4,3 Punkte, zum Therapieende war er auf 2,9 Punkte und ein halbes Jahr später auf 2,6 Punkte gesunken. Die Differenz zum Therapiestart betrug jeweils 1,4 und 1,9 Punkte; der P1-Wert hatte sich nach einem halben Jahr also fast halbiert. Ganz anders das Ergebnis in der Kontrollgruppe: Hier ermittelten die Forscher zu Beginn einen P1-Wert von 3,6 Punkten – die Wahnvorstellungen waren anfangs also etwas weniger stark ausgeprägt als in der Gruppe mit MCT+. Nach einem Monat hatte sich der Wert im Mittel jedoch nicht verändert, ein halbes Jahr später war er um 0,3 Punkte gesunken. Ein ähnliches Bild beim PANSS-Positiv-Score: Dieser erreichte in der MCT+-Gruppe zu Beginn 17,9 Punkte, zum Therapieende 14,0 und nach sechs Monaten 12,7 Punkte. In der Kontrollgruppe sank der Wert im Laufe der Therapie nur minimal von 16,5 auf 15,8 Punkte, nach sechs Monaten waren es noch 14,8 Punkte. Die Negativsymptomatik verbesserte sich in keiner der Gruppen. Dagegen gab es Fortschritte bei der Krankheitseinsicht in beiden Therapiearmen. Diese waren unter dem MCT+ jedoch deutlich stärker ausgeprägt. Insgesamt beurteilten die Forscher um Balzan die Effektstärke unter einem MCT+ für den Rückgang bei den Wahnsymptomen und den Positivsymptomen als groß, den Fortschritt bei der Krankheitseinsicht als moderat. Bemerkenswert sei, dass die Effekte im Vergleich zu einer aktiven Kontrollgruppe erzielt wurden und über sechs Monate hinweg anhielten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Kann ein spezielles Metakognitives Training (MCT+) Wahnsymptome von Psychosekranken lindern? Antwort: Wahnvorstellungen gehen mit einem solchen Training deutlich zurück. Bedeutung: Das MCT+ eignet sich offenbar gut zur Behandlung von Psychosepatienten mit ausgeprägten Denkverzerrungen. Einschränkung: Kleine Studie mit wenigen Patienten.

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Intensives Metakognitives Training dämpft Wahnsymptome

Weiterführende Themen

Neu in den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie

Antihypertensiva schützen auch alte Menschen noch vor Demenz

Fünf Dinge, die im Kindernotfall besser zu unterlassen sind

Delir kann Demenz begünstigen

Manche Gestagene können das Risiko für Meningeome erhöhen