Erschienen in:
04.12.2017 | Vorhofflimmern
Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern in Deutschland
Eine Statusanalyse basierend auf retrospektiven Daten der Versorgungsrealität
verfasst von:
Ulrike Mergenthaler, Prof. Dr. rer. med. Karel Kostev, Prof. Dr. med. Sven Moosmang, Dr. Inga-Marion Thate-Waschke, Prof. Dr. med. Sylvia Haas
Erschienen in:
MMW - Fortschritte der Medizin
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Sonderheft 7/2017
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Zusammenfassung
Hintergrund
Eine leitliniengerechte, risikoadaptierte Antikoagulation reduziert das thromboemboliebedingte Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF).
Methode
In dieser Versorgungsforschungsstudie (Patientenaktenstudie) wurde die orale Antikoagulation von VHF-Patienten in Deutschland analysiert. Der Zugriff auf die anonymisierten Patientendaten erfolgte über die IMS® Disease Analyzer Datenbank (Stichprobe: 113.619 Patienten mit ICD-10-Code I48.-; Beobachtungszeitraum: 11/2010–10/2013). Die Stichprobenergebnisse wurden auf die Grundgesamtheit aller deutschen Hausarzt- und kardiologischen Praxen hochgerechnet.
Ergebnisse
2011 lag die hochgerechnete 12-Monats-Prävalenz von VHF bei 2,1 Millionen Patienten (Neudiagnosen: n = 537.548). 2012 stieg die Prävalenz auf 2,2 Millionen (VHF-Neudiagnosen: n = 514.836) und erhöhte sich auf 2,8 Millionen im Jahr 2013 (Neudiagnosen: n = 636.571). Vitamin-K-Antagonisten (VKA) waren die am häufigsten verordneten oralen Antikoagulanzien. Instabile INR-Einstellung, private Krankenversicherung, Krankenhauseinweisung, Herzinsuffizienz und Hypertonie erhöhten die Wahrscheinlichkeit einer Therapieumstellung von VKA auf nicht Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien (NOAK). 17,8–36,6% der Patienten mit einem CHA2DS2-VASc-Score ≥ 2 erhielten keinerlei Thromboembolieprophylaxe und 35,2% mit CHA2DS2-VASc-Score = 0 wurden unnötigerweise mit oralen Antikoagulanzien behandelt. Hochgerechnet für 2013 ergab sich in Hausarztpraxen ein Potenzial von 29.832, durch leitlinienkonforme Thromboembolieprophylaxe möglicherweise vermeidbaren, Schlaganfällen.
Schlussfolgerungen
Die Antikoagulation gemäß CHA2DS2-VASc-Score zeigte Optimierungsbedarf in der Routineversorgung des VHF (Stand 2013). Der leitlinienkonforme Einsatz oraler Antikoagulanzien würde Blutungsrisiken minimieren und ischämische Schlaganfälle reduzieren. Dies könnte Ressourcen für eine konsequentere Antikoagulation von VHF-Patienten freisetzen.