Neue S3-Leitlinie zu perioperativen Schmerzen

Einen Akutschmerzdienst für jede Klinik mit OP, Bestätigung der Rolle von Nichtopioidanalgetika als wichtiger Baustein der perioperativen Schmerztherapie und etliche Anpassungen zur prozedurenspezifischen Analgesie: Das sind nur wenige Beispiele für die umfangreichen, differenzierten und dezidierten Empfehlungen in der neuen Leitlinie. Seit September steht sie als Konsultationsfassung im Netz, die längst überfällige Neufassung der S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen“ [Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. AWMF-Leitlinie 001–025KF, S3, Konsultationsfassung vom 10.9.2021]. Die Vorversion basierte laut Leitlinienkoordinatorin Prof. Esther Pogatzki-Zahn, Anästhesie, Uniklinik Münster, auf Studien aus 2004 und noch früheren Jahren. Pogatzki-Zahn berichtete aus der Leitliniengruppe, diese sehe in Folgendem eine „Schlüsselempfehlung“: „Ein Akutschmerzdienst (oder eine entsprechende organisatorische Einheit) soll in jeder Klinik mit operativer Einheit zur Verbesserung der Akutschmerztherapie und Reduktion von Komplikationen vorgehalten werden“ (A). Starke Empfehlungen für Nichtopioidanalgetika Neu ist laut Pogatzki-Zahn unter anderem auch die auf dem höchsten Level of Evidence (LoE) 1a basierende starke Empfehlung (A) von Nichtopioidanalgetika (NOPA) „im Rahmen eines balancierten Analgesieregimes.“ NSAR – einschließlich COX-2-selektiver Substanzen – und Metamizol werden dabei als vergleichbar wirksam und dem Paracetamol überlegen eingeordnet (1a/A). Eine niedrig dosierte Kombination aus Ibuprofen (200 mg) und Paracetamol (500 mg) könne dabei als nebenwirkungsärmere Alternative zur jeweiligen höher dosierten Monotherapie erwogen werden (Ia/0). Opioide sollen auch bei starken und mittelstarken Schmerzen in Kombination mit NOPA verabreicht werden (Ia/A). Orale Opioide sind möglichst gegenüber anderen Applikationsformen vorzuziehen (Ib/A). Zur Tonsillektomie Dexamethason und Honig Prof. Winfried Meißner, Anästhesie, Uniklinik Jena, berichtete über Neuerungen im Kapitel zur prozedurenspezifischen Schmerztherapie. Diese beträfen beispielsweise die Tonsillektomie, den laut Meißner „schmerzhaftesten Eingriff in der HNO und einen der schmerzhaftesten chirurgischen Eingriffe insgesamt“. Dexamethason i.v. solle dabei intraoperativ gegeben werden (1/A). Bei Dosierungen über 4 mg habe die Substanz einen analgetischen Effekt. Gemäß Expertenkonsens könne man postoperativ zusätzlich zur medikamentösen Schmerztherapie Honig verabreichen. Es gäbe nämlich Hinweise auf schmerzreduzierende, wundheilungsfördernde und Nachblutungen reduzierende Effekte der klebrigen Leckerei. Eine weitere Neuerung trägt dem von Meißner konstatierten Missstand Rechnung, dass die Schmerztherapie nach Kaiserschnitt häufig unzureichend sei. „Systemische Opioide sollen postoperativ zur Anwendung kommen, wenn Regionalanästhesieverfahren nicht möglich sind und/oder die Basismedikation nicht ausreichend analgetisch wirksam ist,“ (3/A) heißt es nun in der Leitlinie, und dass TENS unterstützend angewandt werden soll (2/A). Kommunikation erhöht Behandlungszufriedenheit Meißner betonte, so wichtig die durch ein hohes LoE gestützten prozedurenspezifischen Empfehlungen seien: Die schmerztherapeutische Praxis dürfe sich nicht auf die Einhaltung dieser Empfehlungen beschränken. Das gelte besonders für nichtmedikamentöse und gesprächsbasierte Ansätze. Diese seien zwar oft unzureichend in Studien untersucht, könnten aber dennoch entscheidend zur Zufriedenheit der Betroffenen beitragen. So habe nun eine Studie gezeigt, dass eine adäquate Kommunikation mit den postoperativ schmerztherapeutisch Behandelten und deren aktive Beteiligung an der Therapieentscheidung das Risiko, dass sie sich schmerztherapeutisch unterversorgt fühlen, stärker reduziert als beispielsweise eine von ihnen selbst kontrollierbare Schmerzmittelpumpe [1]. Empfehlung der Redaktion Kongressdossier Highlights vom Schmerzkongress 2021 „Gleich und doch verschieden!" Unter diesem Motto referierten Expertinnen und Experten auf dem Schmerzkongress über individualisierte Schmerzdiagnostik und -therapie. Ein Schwerpunkt war den schmerzmedizinischen Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie gewidmet. Basierend auf: Symposium "Aktualisierung der S3 Leitlinie Akutschmerztherapie - von der Evidenz zur Empfehlung". Deutscher Schmerzkongress, 23.10.2021, Mannheim (hybrid)

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