Rezeptursalben nützen nichts bei chronischem lokalem Schmerz

Individuell für Patienten hergestellte Salben sind bei lokalen chronischen Schmerzen offenbar wenig effektiv. In einer kontrollierten Studie gingen die Schmerzen damit nicht stärker zurück als unter Placebocremes. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Angesichts der Opioidkrise in den USA suchen immer mehr Ärzte und Patienten nach alternativen Methoden zur Schmerztherapie. Stark im Trend liegen dabei Rezeptursalben mit Schmerzmitteln, die etwa in der Apotheke speziell für die jeweiligen Patienten hergestellt werden. Sie enthalten neben NSAR oft auch Anästhetika wie Ketamin oder Mittel gegen neuropathische Schmerzen wie Gabapentin. Allerdings ist die individuelle Herstellung nicht ganz billig – in den USA kosteten solche Salben Patienten und Versicherer mehrere Milliarden Dollar im Jahr, berichten Ärzte und Pharmazeuten um Dr. Robert Brutcher vom nationalen Militärkrankenhaus in Bethesda. Da die Schmerzsalben nicht zentral wirksam sind, zählen Militärangehörige mit zu den Hauptabnehmern – sie versprechen sich davon weniger Nebenwirkungen, die ihre Einsatzfähigkeit schmälern. Inzwischen gibt das US-Verteidigungsministerium schon über zwei Milliarden Dollar im Jahr für solche Mittel aus – und damit rund zehnfach mehr als noch vor sechs Jahren. Nun wollen die Verantwortlichen wissen, ob die Salben überhaupt wirken. Das ist wohl eher nicht der Fall, zumindest nicht bei Patienten mit chronischen Schmerzen, lautet das ernüchternde Fazit von Brutcher und Mitarbeitern. Schmerzscore sinkt unter Placebo ähnlich stark Die Forscher hatten 399 Militärangehörige für ihre Untersuchung in die Klinik eingeladen. Ein Drittel litt vorwiegend an lokalen neuropathischen Schmerzen, ein weiteres Drittel an nicht neuropathischen Schmerzen; bei den übrigen hatten die Ärzte eine Mischform diagnostiziert. Rund die Hälfte der Teilnehmer waren Frauen, drei Viertel nannten eine konkrete Ursache für die Schmerzen, etwa einen Unfall oder eine Op., und ein Großteil hatte Schmerzen an den Extremitäten. Im Schnitt wurde ein Wert von rund 5 Punkten auf einer 10-Punkte-Analogskala angegeben. Patienten mit vorwiegend neuropathischen Schmerzen bekamen entweder Placebo oder eine Salbe mit 10% Ketamin, 6% Gabapentin, 2% Lidocain und 0,2% Clonidin. Für Teilnehmer mit primär nozizeptivem Schmerz sahen die Forscher in der Verumgruppe eine Salbe mit 10% Ketoprofen, 2% Baclofen, 2% Cyclobenzaprin und 2% Lidocain vor. Diejenigen mit einer Mischform erhielten eine Salbe mit 10% Ketamin, 6% Gabapentin, 3% Diclofenac, 2% Baclofen, 2% Cyclobenzaprin und 2% Lidocain. Die Forscher orientierten sich dabei an häufig beobachteten Formulierungen und Dosierungen. In jeder Gruppe bekam die Hälfte der Patienten eine wirkstofffreie Placebosalbe. Alle Teilnehmer sollten die schmerzenden Stellen mit der jeweiligen Salbe dreimal täglich über einen Monat hinweg eincremen und keine zusätzlichen Schmerzmittel gegen ihre chronischen Schmerzen verwenden. Nach einem Monat war der Schmerzscore (Durchschnitt der vergangenen sieben Tage) mit einer wirkstoffhaltigen Creme im Schnitt um 1,5 Punkte gesunken, mit Placebo um 1,2 Punkte. Die Differenz von 0,3 Punkten war weder klinisch noch statistisch signifikant. Schauten die Forscher in die einzelnen Schmerzgruppen, ergaben sich jeweils ähnliche Ergebnisse: Patienten mit einer wirkstoffhaltigen Salbe schnitten numerisch geringfügig, aber statistisch nicht signifikant besser ab als solche mit Placebo. Zentralwirksame Substanzen topisch verabreicht Analysierten die Forscher den Anteil der Patienten mit einer erfolgreichen Behandlung – darunter verstanden sie einen Rückgang beim Schmerzscore um mindestens zwei Punkte kombiniert mit einer Beurteilung von mindestens drei Punkten auf einer 5-Punkte-Zufriedenheitsskala –, dann konnten sie bei 36% in der Verum- und 28% in der Placebogruppe einen Erfolg verbuchen, doch auch hier war die Differenz statistisch nicht signifikant. Patienten mit einem positiven Effekt durften die Therapie über zwei weitere Monate fortführen. Sowohl in den Verum- als auch Placebogruppen verzeichneten die Forscher eine anhaltende Schmerzreduktion, sodass sich auch nach drei Monaten in diesen Subgruppen keine statistisch belastbaren Unterschiede zeigten. Nebenwirkungen traten im ersten Monat in den Verumgruppen etwas öfter auf (bei 7 versus 2%), am häufigsten wurden leichte Hautreizungen beobachtet. Die Forscher um Brutcher weisen darauf hin, dass eine Wirksamkeit topischer Schmerzmittel in kontrollierten Studien vor allem für Capsaicin, Lidocain und NSAR nachgewiesen wurde, und dies zumeist für Arthrosepatienten oder solche mit Post-Zoster-Neuralgie. Hier sei eine Wirksamkeit auch insofern plausibel, als die Wirkstoffe an periphere Rezeptoren binden, wohingegen viele andere in solchen Cremes enthaltenen Substanzen einen zentralen Wirkmechanismus hätten. Es sei aber wenig wahrscheinlich, dass solche Wirkstoffe topisch appliziert in nennenswerten Mengen ins Gehirn gelangten. Dass selbst Lidocain und NSAR in der Studie nicht gewirkt hatten, liege wohl daran, dass auch solche Wirkstoffe ohne Permeabilitätsverstärker kaum mehr als 5 mm in die Haut eindringen, schreiben Brutcher und Mitarbeiter. Das Wichtigste in Kürze Frage: Können Rezeptursalben chronische lokale Schmerzen lindern? Antwort: In einer kontrollierten Studie wirkten Rezeptursalben nicht besser als solche ohne Wirkstoffe. Bedeutung: Offenbar lassen sich die teilweise extrem hohen Kosten von Rezeptursalben gegen chronische Schmerzen nicht rechtfertigen. Einschränkung: Eine Wirksamkeit bei anderen Schmerzmittelkombinationen ist nicht auszuschließen.

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