Schmerzchronifizierung nach Schleudertrauma rechtzeitig vorbeugen

Eine werteorientierte kognitive Verhaltenstherapie kann schmerzbedingte Einschränkungen von Patienten nach einem Schleudertrauma vermindern. Allerdings muss die Behandlung wohl früh beginnen. Laut Schätzungen erleiden jährlich 300 von 100.000 Personen ein Schleudertrauma. Für viele bedeutet das Schmerzen und Behinderung, verbunden mit psychischem Stress. Bis zu 50% der Patienten mit initialen Symptomen haben nach einem Jahr eine chronische Schleudertrauma-assoziierte Störung (Whiplash-associated Disorder, WAD), 13% sind ganz oder teilweise arbeitsunfähig. Chronische WAD sprechen oft nicht gut auf konservative Maßnahmen wie Physiotherapie an. Erholen sich die Patienten nicht in den ersten drei bis sechs Monaten nach dem Trauma, sind die Aussichten auf ein Verschwinden der Symptome nicht gut. Eine dänische Forschergruppe um Tonny Andersen hat nun untersucht, was sich mit werteorientierter kognitiver Verhaltenstherapie (W-KVT) gegen die Entwicklung einer chronischen WAD ausrichten lässt. Ziel dieser Therapieform ist es, den Patienten eine akzeptierende Haltung den eigenen inneren Erfahrungen gegenüber zu vermitteln. Ausgegangen wird dabei von jenen Werten mit Blick auf Familie, Freunde, Gesundheit und Arbeit, die aus Sicht der Patienten das Leben lebenswert machen. Die wichtigsten davon werden identifiziert und in spezifische wertorientierte Ziele und Handlungen transformiert. Dieser Ansatz soll es den Patienten ermöglichen, ihren Werten gemäß zu leben. Bestimmung des Pain Disability Index Andersen und seine Kolleginnen bezogen 70 Patientinnen und 21 Patienten, deren Schleudertraum weniger als sechs Monate zurücklag, in ihre Studie ein. Alle Probanden hatten Schmerzen, waren eingeschränkt und wiesen mindestens einen psychologischen Risikofaktor wie z. B. gesteigertes Schmerz-Katastrophisieren, Angst oder Depression auf. Für 47 begann eine Woche darauf eine Reihe von zehn wöchentlichen W-KVT-Sitzungen (Gruppe A). Die übrigen 44 kamen auf eine Warteliste, ihre W-KVT startete drei Monate später (Gruppe B). Primärer Endpunkt war der Grad der schmerzbezogenen Behinderung, gemessen mit dem Pain Disability Index (PDI). Der PDI erfasst verschiedene Bereiche des täglichen Lebens, von Familie über Arbeit und Erholung bis zu Sexualität und Selbstfürsorge. Der Wertebereich spannt sich von 0 bis 70 Punkten, wobei höhere Punktzahlen für stärkere Einschränkung stehen. PDI-Messungen erfolgten zu Beginn sowie drei, sechs, neun und zwölf Monate nach der Gruppenaufteilung. In Gruppe A war ein kontinuierlicher Abfall der PDI-Werte festzustellen, und zwar von ausgangs durchschnittlich 36,2 auf 21,3 Punkte nach zwölf Monaten. In Gruppe B lag der Ausgangswert im Mittel bei 37,8 Punkten. Nach Beginn der Therapie, also drei Monate später, gingen die PDI-Werte ebenfalls zurück, nach sechs Monaten lagen sie bei 26,6 Punkten. Danach stiegen sie aber wieder, und nach einem Jahr betrug der PDI 29,7 Punkte. Die frühe W-KVT habe sich als wirksam erwiesen und etwa schmerzbezogene Einschränkungen reduziert, resümieren Andersen et al. ihre Studienergebnisse. In dieser Gruppe habe der Effekt auch nach zwölf Monaten noch angehalten. Die frühe Intervention sei signifikant wirksamer gewesen als die später begonnene W-KVT. „Das zeigt, dass womöglich ein Zeitfenster für die frühe Prävention von Behinderungen nach einem Schleudertrauma existiert“, so die Forscher abschließend.

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