Die richtige Nachsorge hilft Kindern mit chronischem Schmerz

Nach einer interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie fallen viele Patienten wieder in alte Muster zurück. Um dies zu verhindern, wurde an der Universität Witten/Herdecke der Effekt eines Nachsorgeprogramms für chronifizierte pädiatrische Schmerzpatienten getestet. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei der intensiven interdisziplinären Schmerztherapie (IIPT) für Kinder und Jugendliche werden zugrundeliegende Schmerzmechanismen betrachtet, die Schmerzmedikation angepasst, spezifische Symptome behandelt und den Patientinnen und Patienten aktive Bewältigungsstrategien beigebracht. Die Behandlung wird von mindestens drei medizinischen Disziplinen, einschließlich medizinischer, psychologischer und physikalischer Therapie, angeboten. In Deutschland gibt es drei spezialisierte pädiatrische Schmerzzentren, die eine drei- bis vierwöchige stationäre Behandlung auf Basis dieses Ansatzes anbieten. Nach diesen intensiven Behandlungswochen haben viele Kinder und Jugendliche Schwierigkeiten, die individuell gesetzten Therapieziele und personalisierten Empfehlungen des Entlassungsplans selbstständig im Alltag weiterzuverfolgen. Zum Beispiel suchen Patienten mit psychischen Komorbiditäten nach der IIPT häufig keine Psychotherapeuten auf, obwohl ihnen dazu geraten wurde. In dieser kritischen Übergangsphase ist das Risiko für ein Therapieversagen am größten, wenn die Umsetzung der Empfehlungen und die Übertragung des Gelernten in den Alltag nicht gelingen. Kinderärztinnen und Kinderärzte um Meltem Dogan vom Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin an der Universität Witten/Herdecke untersuchten in einer randomisierten klinischen Studie deshalb, ob eine sozialmedizinische Nachsorge („personalized psychosocial aftercare“, PAC) nach einer IIPT dabei helfen könnte, die Schmerzen der Patienten langfristig besser in den Griff zu bekommen. Sie verglichen die PAC mit der bisher üblichen Nachsorge (TAU). Den Patienten aus der TAU-Gruppe wurden innerhalb eines Jahres nach Entlassung drei Wiedervorstellungstermine in den jeweiligen Schmerzzentren angeboten. Die Probanden aus der PAC-Gruppe und ihre Familien bekamen darüber hinaus zusätzlich eine persönliche Ansprechpartnerin zur Seite gestellt, die auf Basis eines Fallmanagers bei der Umsetzung der Therapieempfehlungen im Alltag unterstützte. Beide Behandlungsoptionen knüpften unmittelbar an die stationäre Therapie an. Aufgenommen wurden 222 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren, die das Programm zwischen September 2018 und Oktober 2019 durchliefen. Die Teilnehmer wurden vor der IIPT bei Aufnahme in die Klinik, bei der Entlassung sowie drei und sechs Monate nach der IIPT befragt. Wirkung auch auf psychische Symptome In beiden Behandlungsgruppen hatte sich die Schmerzstärke, gemessen mit dem Chronic Pain Grading (CPG), das zur Beurteilung von chronischem Schmerz (von Grad 0 bis 4) dient, sowohl nach drei als auch nach sechs Monaten signifikant im Vergleich zu dem Zeitpunkt vor der IIPT verbessert. Jedoch führte eine sozialmedizinische Nachsorge zu besseren Ergebnissen hinsichtlich der Schmerzstärke und psychischen Beeinträchtigung im Vergleich zur TAU. Dabei erreichten 86% der Patienten mit PAC nach sechs Monaten einen CPG von 2 oder niedriger. Nach drei und sechs Monaten waren außerdem weniger komorbide psychische Symptome wie Angst und Depression zu verzeichnen. In der TAU-Gruppe ohne zusätzlicher Betreuung fiel das Ausmaß an psychischen Störungen auf das Level vor der stationären Therapie zurück. Bei den Kindern und Jugendlichen, die eine PAC erhielten, war zusätzlich häufiger eine positive Einstellung gegenüber der Behandlung sowie Selbstwirksamkeit zu beobachten. Hatten die Patienten nur die übliche Betreuung erhalten, sanken diese im Laufe der Zeit ab. Laut den Studienautoren verbessert eine sozialmedizinische Nachsorge schmerzbezogene und psychische Parameter von schwer chronifizierten pädiatrischen Schmerzpatienten nach sechs Monaten. Nun müssten Langzeitdaten gewonnen werden, um auch deren anhaltenden Effekt zu belegen, lautet das abschließende Fazit der Autoren. Das Wichtigste in Kürze Frage: Verbessert eine sozialmedizinische Nachsorge die Ergebnisse von Kindern und Jugendlichen nach einer interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie? Antwort: Eine persönliche Betreuung im Sinne eines Fallmanagements kann Schmerzen und komorbide psychische Symptome verbessern. Bedeutung: Schwer chronifizierte pädiatrische Schmerzpatienten profitieren von einer zusätzlichen Betreuung. Einschränkung: Eine hohe Drop-out-Rate hat eventuell zu einem Bias geführt.

Springer Medizin

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