Zur Prophylaxe schwangerschaftsbedingter Thrombembolien genügt fix und niedrig dosiertes niedermolekulares Heparin (NMH). Eine mittlere und gewichtsabhängige Dosierung ist offenbar nicht nötig, denn damit lassen sich Thrombembolien nicht besser unterbinden.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Für Frauen mit einem erhöhten Risiko für venöse Thrombembolien (VTE) in der Schwangerschaft wird in der Regel eine Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) empfohlen, für solche mit einem moderaten oder sehr hohen Risiko auch in den Wochen nach der Geburt. Daran erinnern Ärztinnen und Ärzte um Dr. Ingrid Bistervels von der Universität in Amsterdam. Diskussionen gibt es aber immer wieder zur Dosierung: Genügt eine fixe Menge von niedrig dosiertem NMH oder sollte es doch eine höhere und gewichtsadaptierte Dosis sein? Diese Frage hat das Team um Bistervels nun in einer großen randomisiert-kontrollierten Studie weitgehend geklärt. Danach ist mit fix und niedrig dosiertem NMH ein ebenso guter Schutz zu erwarten wie mit einer höheren gewichtsabhängigen Dosis: Die Zahl der VTE in den beiden Studienarmen war recht ähnlich, mit der höheren Dosis traten solche Ereignisse bei rund 2%, mit der niedrigeren bei knapp 3% auf.
Studie mit 1110 Schwangeren
Für die Untersuchung mit der Bezeichnung „Highlow“ konnte das Team aus Amsterdam 1110 erwachsene Schwangere aus 70 Zentren in Europa und Nordamerika gewinnen. Alle hatten in der Vergangenheit schon einmal eine VTE erlitten, die sich nicht auf ein definiertes Ereignis wie eine Operation zurückführen ließ; keine der Schwangeren benötigte orale Antikoagulanzien und keine wies Kontraindikationen gegen NMH auf. Alle befanden sich noch vor der 14. Schwangerschaftswoche.
Im Schnitt waren die Frauen 32 Jahre alt, knapp die Hälfte stammte aus den Niederlanden, die letzte VTE lag im Mittel über fünf Jahre zurück, weniger als 10% hatten zwei oder mehr VTE dokumentiert. Bei den meisten stand die VTE im Zusammenhang mit einer hormonellen Kontrazeption.
Die Hälfte der Schwangeren wurde nach dem Zufallsprinzip der Gruppe mit fixer und niedriger Dosis, die übrigen der Gruppe mit moderater und gewichtsabhängiger Dosis zugewiesen. Die Studie war nicht verblindet – die Teilnehmerinnen mussten sich die NMH aus der Apotheke holen und täglich selbst subkutan injizieren.
Verwendet wurden Nadroparin, Enoxaparin, Dalteparin und Tinzaparin. In der Gruppe mit Gewichtsanpassung gab es vier Kategorien, so erhielten etwa Frauen mit über 100 kg Gewicht die doppelte bis dreifache Menge wie solche unter 50 kg. Für Tinzaparin waren das jeweils 4.500 und 12.000 IU in der untersten und obersten Gewichtskategorie, für Enoxaparin 6.000 und 12.000 IU. Aber auch für die Niedrigdosisgruppe war eine gewisse Gewichtsanpassung ab 100 kg vorgesehen. So erhielten Frauen über 100 kg rund 50% mehr NMH als solche mit geringerem Gewicht. Für Enoxaparin übersetzte sich dies in 6.000 und 4.000 IU, für Tinzaparin jeweils in 4.500 und 3.500 IU.
Die Schwangeren sollten die Therapie bis zum Beginn der Wehen fortführen, bei einem geplanten Eingriff bis zum Tag vor der Entbindung. Nach der Entbindung wurde die Behandlung für sechs weitere Wochen fortgeführt. Alle Teilnehmerinnen befragte man regelmäßig per Telefon, etwa nach Zeichen einer VTE, Blutungen oder zur Compliance. Die Studie fand zwischen 2013 und 2020 statt, 1017 Frauen (92%) brachten schließlich ein lebendes Kind zur Welt.
Nur sehr wenige Thrombembolien
Die Auswertung ergab, dass 11 Frauen in der Gruppe mit gewichtsadaptierter Therapie und 16 in der Gruppe mit fixer Dosis im Therapiezeitraum eine neue VTE entwickelten, dies entspricht jeweils 2,0% und 2,9%. Die Differenz war jedoch statistisch nicht signifikant. Je 5 Frauen in beiden Gruppen erlitten eine VTE noch vor der Geburt, je 6 und 11 danach. Lungenembolien fand das Team um Bistervels bei einer Frau mit der höheren und bei 9 mit der niedrigeren Dosis, diese traten fast alle nach der Geburt auf. Tiefe Beinvenenthrombosen sahen die Ärztinnen und Ärzte in beiden Gruppen bei etwa 1% der Patientinnen.
Keine großen Unterschiede gab es zudem bei der Zahl der ernsten Blutungen. Davon waren 23 Frauen mit moderater und 20 mit niedriger Dosis betroffen (je 4%), neun von zehn solcher Blutungen traten nach der Geburt auf, auch hier gab es kaum Unterschiede zwischen den Gruppen.
Das Fazit von Bistervels und Mitarbeitenden: Zur VTE-Prophylaxe scheint eine relative niedrige und fixe NMH-Dosis zu genügen. Ein Sicherheitssignal zeigte sich jedoch bei Lungenembolien – diese waren mit der niedrigen Dosis deutlich häufiger, auch oberflächliche Thrombophlebitiden wurden mit der niedrigen Dosis etwas öfter beobachtet, schließlich gab es einen Trend zu einer etwas höheren nachgeburtlichen VTE-Rate unter der niedrigen Dosis. Aufgrund der insgesamt niedrigen Ereignisrate müssten solche Resultate in weiteren Studien überprüft werden.
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Genügt zur Thromboseprophylaxe bei gefährdeten Schwangeren eine relativ niedrige und fixe Dosis von niedermolekularen Heparinen (NMH)? Antwort: In einer großen kontrollierten Studie gab es damit bei der Rate venöser Thrombembolien (VTE) und ernster Blutungen keine größeren Unterschiede zu einer Behandlung mit einer höheren und gewichtsadaptierten Dosis. Bedeutung: Eine relativ niedrige und fixe NMH-Dosis könnte zur VTE-Prophylaxe genügen. Einschränkung: Sehr geringe Ereignisrate erschwert die Interpretation. |