Op. im Bauchraum: Wie riskant ist sie für Schwangere?

In der Schwangerschaft stellen chirurgische Eingriffe im Bauchraum ein nicht unerhebliches Risiko dar. US-Forscher haben einen Score entwickelt, der dabei helfen soll, die damit verbundenen Gefahren für Mutter und Kind abzuschätzen. Appendektomie und Cholezystektomie gehören zu den häufigsten nicht geburtshilflichen chirurgischen Eingriffen in der Schwangerschaft. Um herauszufinden, wie riskant solche Operationen für die werdende Mutter und ihr Kind sind, haben Adam Sachs von der University of Connecticut und sein Team eine retrospektive Kohortenstudie durchgeführt, an der 19.926 schwangere Frauen beteiligt waren. Allen hatte man während der Schwangerschaft entweder den Blinddarm oder die Gallenblase entfernt. Im Anschluss daran kam es zu insgesamt 1018 unerwünschten Ereignissen im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt: Das häufigste war mit 35,4% die Frühgeburt (vor der 37. SSW), gefolgt von vorzeitigen Wehen (26,4%) und Fehlgeburt (vor der 22. SSW; 25,7%). Erhöhte Sterblichkeit Wie Sachs und Kollegen im Fachblatt JAMA Surgery vermelden, war nicht nur die Klinikverweildauer bei Frauen, die ein solches Ereignis erlebt hatten, deutlich länger (fünf gegenüber drei Tage); die Betroffenen hatten auch ein deutlich höheres Sterberisiko (0,31% gegenüber 0,02%). Die Forscher konnten insgesamt zehn Faktoren ausmachen, die mit einem widrigen Schwangerschaftsverlauf verbunden waren. Daraus entwickelten Sachs et al. einen Score, in dem für jeden Faktor risikoabhängig eine bestimmte Punktzahl vergeben wurde: Die höchste Punktzahl (16) erhielt die Zervixinsuffizienz, daran schlossen sich Vorwehen (15 Punkte) und Vaginitis oder Vulvovaginitis (8 Punkte) an. Jeweils 6 Punkte wurden für Mehrlingsschwangerschaften bzw. Vorliegen einer Sepsis vergeben. Für ein offenes Op.-Verfahren – im Gegensatz zur Laparoskopie – gab es 5 Punkte, ebenso für eine Peritonitis. Mit 3 und 2 Punkten bzw. 1 Punkt fielen Drogenmissbrauch und ethnische Herkunft bzw. Versichertenstatus (Medicare) vergleichsweise wenig ins Gewicht. Score mit drei Risikokategorien Der neu entwickelte Score wurde von Sachs und Kollegen zunächst in einem „Übungsdurchlauf“ eingesetzt; dabei wurden drei Risikokategorien abgeleitet: Maximal 4 Punkte entsprachen einem niedrigen Risiko für ein unerwünschtes Ereignis, zwischen 5 und 8 Punkten zeigten ein intermediäres Risiko an und 9 Punkte und darüber ein hohes Risiko. Die jeweilige Wahrscheinlichkeit einer Komplikation vor Entlassung aus der Klinik lag in diesen drei Kategorien bei 2,5%, 8,2% bzw. 21,8%. Im Anschluss daran wurde der Score an einer Subgruppe von 7971 Frauen validiert. Dabei fanden sich 73,9% der Teilnehmerinnen in der Gruppe mit niedrigem Risiko wieder, 21,1% hatten ein mittleres Risiko und 5,1% waren Hochrisikopatientinnen. Die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis lag in allen drei Gruppen innerhalb des 95%-Konfidenzintervalls der tatsächlich beobachteten Wahrscheinlichkeit. Dies spricht den Forschern zufolge für die gute Qualität des Scores. Risiken teilweise modifizierbar Während man laut Sachs und Kollegen auf die meisten der genannten Risikofaktoren keinen Einfluss nehmen könne, seien doch zumindest drei potenziell modifizierbar: die Art des operativen Zugangs, die (Vulvo-)Vaginitis und die Zervixinsuffizienz. So sei ein laparoskopisches Vorgehen der offenen Op. bei Schwangeren wenn möglich vorzuziehen. Was die Behandlung einer vaginalen Infektion im Vorfeld der Op. betreffe, sei die Datenlage derzeit jedoch noch unzureichend. Gleiches gelte für Maßnahmen wie Zerixzerklage oder Progesteron zur Behandlung der Zervixinsuffizienz. Für diese Fälle müssten Studien klären, inwieweit sich die Komplikationsrate durch entsprechende Maßnahmen senken lasse. Bei Appendizitis konservative Therapie erwägen Für die Risikostratifizierung immerhin kann der genannte Score im Einzelfall hilfreich sein. Dies ist insofern von hoher Relevanz, als frühere Studien gezeigt haben, dass eine Appendektomie oder Cholezystektomie in der Schwangerschaft in bis zu 23% aller Fälle zum ungewollten Abbruch führen. Für Roxanne L. Massoumi und Joe Hines von der University of California, die die Studie in JAMA Surgery kommentieren, ist das beträchtliche Risiko für Mutter und Kind ein Grund, anstelle des chirurgischen Eingriffs bei akuter, unkomplizierter Appendizitis in der Schwangerschaft eine konservative Therapie mit Antibiotika zu erwägen.

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