Frühes Screening auf Gestationsdiabetes mit zweifelhaftem Nutzen

Üblicherweise wird der orale Glukosetoleranztest bei Schwangeren zwischen Woche 24 und 28 durchgeführt. Ein internationales Team aus Forschenden ging nun der Frage nach, ob durch eine Vorverlegung bei Schwangeren mit Risikofaktoren für eine Hyperglykämie die Gesundheit von Mutter und Kind positiv beeinflusst wird. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Für ihre Erhebung untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, angeführt von David Simmons von der Western Sydney University in Australien, Schwangere, die vor der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) mit Gestationsdiabetes nach den Kriterien der WHO diagnostiziert worden waren. 802 dieser Frauen wurden im Verhältnis 1:1 entweder einer frühen (Interventionsgruppe) oder späten (Kontrollgruppe) Therapie zugeführt. Ob eine späte Therapie verordnet wurde, hing von den Ergebnissen des oralen Glukosetoleranztests (oGTT) zwischen SSW 24 und 28 ab. Die Behandlung umfasste Aufklärung, Ernährungsberatung und Anweisungen zur Überwachung des kapillaren Blutzuckerspiegels, in vielen Fällen aber auch eine medikamentöse Therapie. Die TOBOGM-Studie (Treatment of Booking Gestational Diabetes Mellitus) ist eine randomisierte, kontrollierte Studie, die an 17 Krankenhäusern in Australien, Österreich, Schweden und Indien durchgeführt wurde. In die Untersuchung aufgenommen wurden Frauen ab 18 Jahren mit einer Einlingsschwangerschaft zwischen SSW 4 und SSW 19 + 6 und mindestens einem Risikofaktor für Hyperglykämie (früherer Schwangerschaftsdiabetes, Body-Mass-Index über 30 kg/m2, Alter ≥ 40 Jahre, Verwandte ersten Grades mit Diabetes, frühere Makrosomie oder polyzystisches Ovarsyndrom). Die Studie umfasste drei primäre Endpunkte: ungünstige neonatale Ergebnisse (Geburt < 37 Wochen, Geburtstrauma, Geburtsgewicht von ≥ 4.500 g, Atemnotsyndrom, Phototherapie, Schulterdystokie, Totgeburt oder Tod des Neugeborenen), schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (Präeklampsie, Eklampsie oder Schwangerschaftshypertonie) und fettfreie Körpermasse der Neugeborenen. Der erste oGTT wurde im Durchschnitt in SSW 15,6 durchgeführt. Bei der Wiederholung des oGTT in SSW 24–28 wurde bei 67,0% der Frauen in der Kontrollgruppe erneut ein Gestationsdiabetes diagnostiziert. Bei den Schwangeren, die früh behandelt worden waren, war die Inzidenz unerwünschter neonataler Ereignisse wenn auch nur geringfügig, aber signifikant niedriger als bei denjenigen, die erst später oder gar keine Therapie erhalten hatten. Ein unerwünschtes neonatales Ereignis trat bei 94 von 378 Frauen (24,9%) in der Gruppe mit früher Behandlung und bei 113 von 370 Frauen (30,5%) in der Kontrollgruppe auf. Nach Adjustierung auf Störfaktoren war das Risiko für ein unerwünschtes neonatales Ereignis in der frühen Interventionsgruppe um 18% vermindert. Dieser Unterschied sei darauf zurückzuführen, dass der Prozentsatz der Säuglinge mit Atemnotsyndrom bei den Frauen in der Interventionsgruppe geringer war als bei denen in der Kontrollgruppe, so Simmons und sein Team. Kaum Unterschiede in den beiden Studienarmen Kein signifikanter Unterschied ergab sich bei den beiden anderen primären Endpunkten schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (10,6% vs. 9,9%) und fettfreie Körpermasse der Neugeborenen (2,86 kg vs. 2,91 kg). Das Forscherteam verglich noch weitere Werte als sekundäre Endpunkte, wie etwa Gewichtszunahme der Schwangeren, Rate an Kaiserschnittentbindungen oder Einleitung der Geburt. Sie waren in beiden Gruppen vergleichbar. Schwere Dammverletzungen traten bei 0,8% der Fälle in der Gruppe mit Sofortbehandlung und bei 3,6% in der Kontrollgruppe auf. Auch bei den Neugeborenen gab es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Das Geburtsgewicht etwa betrug 3.258 g vs. 3.348 g, Schulterdystokien lagen bei 2,9% vs. 3,0% der Fehlgeburten vor. Die durchschnittliche Anzahl der Bettentage auf der Neugeborenen-Intensivstation oder der Neugeborenenstation lag jeweils bei 2,0 Tagen. Die Inzidenz von Totgeburten oder Todesfällen bei Neugeborenen war in beiden Studienarmen ähnlich gering. Wirkung nur in bestimmten Untergruppen Nach einer Subgruppenanalyse kamen Simmons et al. zu folgendem Schluss: Frauen mit höheren glykämischen Werten im oGTT könnten von einer frühen Behandlung in Bezug auf ungünstige neonatale Ereignisse profitieren, nicht jedoch Frauen im niedrigeren glykämischen Bereich sowie Schwangere, bei denen eine Hyperglykämie vor der 14. SSW festgestellt wird. Obwohl es sich um explorative Analysen handele, legten sie die Möglichkeit nahe, dass die Therapie von Schwangeren mit höheren Blutzuckerwerten beim frühen Screening eher nütze und Frauen mit niedrigeren Werten eher schade. Die Studienautorinnen und -autoren geben jedoch auch zu bedenken, dass für die Untersuchung gezielt Frauen mit Risikofaktoren für Hyperglykämie rekrutiert wurden. Daher seien die Ergebnisse möglicherweise nicht auf Frauen ohne erhöhtes Risiko übertragbar. „Diese gut durchgeführte Studie liefert dringend benötigte Informationen über Nutzen und Schaden des Screenings auf Gestationsdiabetes und dessen Behandlung in der Frühschwangerschaft“, äußert sich Michael F. Greene vom Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School in Boston in einem Editorial zur Studie. Der beobachtete geringe Nutzen – in Verbindung mit den negativen Ergebnissen der EGGO-Studie, die ebenfalls keinen Nutzen bezüglich der Morbidität ergab – stelle aktuelle Bestrebungen für ein frühzeitiges Screening mit Behandlung von Frauen mit hohem Risiko in Frage. Das Wichtigste in Kürze Frage: Hat die Behandlung von Gestationsdiabetes vor der 20. Schwangerschaftswoche bei Frauen mit einem Risikofaktor für Hyperglykämie Vorteile für die Gesundheit von Mutter und Kind? Antwort: Die frühe Therapie von Schwangerschaftsdiabetes führte zu einer geringfügig niedrigeren Inzidenz einiger negativer neonataler Folgen als eine spätere bzw. gar keine Behandlung. Bedeutung: Am derzeitigen Screening in SSW 24–28 sollte vorerst nichts geändert werden. Einschränkung: Es wurde ein nicht standardisierter Ansatz – eigentlich für das dritte Schwangerschaftstrimester entwickelt – eingesetzt, der nicht in der Frühschwangerschaft getestet worden war.

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